Verzettelt bei der Prüfungsverwaltung: Zwischen BOSS-System und Leistungsscheinen

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Online für Prüfungen anmelden und auf einen Blick den Notenspiegel ansehen: Das versprechen elektronische Prüfungsverwaltungssysteme wie der Bologna Online Study Service der TU Dortmund, kurz BOSS. Statt für jedes Fach einen Notenschein ausfüllen zu müssen soll damit alles digital und ohne Verzögerungen ablaufen. Doch in der Realität vieler Studenten ist die Zettelwirtschaft immer noch an der Tagesordnung.

„Eigentlich weiß ich nie so ganz, woher ich meine Noten jetzt bekomme“, sagt die Studentin Julia Rohn. Die 22-Jährige studiert an der TU sozialwissenschaftliche Innovationsforschung im Master. Für ihren Studiengang sind gleich mehrere Fakultäten zuständig. Das macht die Frage nach der richtigen Ansprechperson für einige Angelegenheiten nicht gerade leichter. „Da macht jeder sein eigenes Ding, was die Prüfungsverwaltung angeht.“ Das BOSS-System können sie und ihre Kommilitonen nur selten nutzen, denn nur ein paar ihrer Leistungen werden dort wirklich eingetragen. „Bei anderen Fächern bekomme ich das über die Facebookgruppen mit, wenn die Noten da sind. Da schreiben dann beispielsweise die Wirtschaftswissenschaftler, dass die Leistungen ins BOSS eingetragen wurden. Bei denen funktioniert das ja. Dann weiß ich Bescheid und kann per Mail beim Prüfungsamt nach meiner Note fragen.“ Auch für Klausuren und Seminare muss sich die Masterstudentin mit Mails sowie vor Ort in Sekretariaten anmelden, während andere Kursteilnehmer das bequem mit einem Klick von zu Hause aus erledigen. „Das ist ziemlich nervig, weil die Abläufe immer unterschiedlich sind und die Kommunikation zwischen den verschiedenen Fakultäten nicht immer klar scheint.“

Leistungsschein oder Notenliste

Wie Julia Rohn geht es einigen Studenten – vor allem dann, wenn sie Nebenfächer an unterschiedlichen Instituten belegen. Mal werden die Noten ins BOSS eingetragen, mal hängen Listen aus, mal müssen Leistungsscheine abgegeben und persönlich wieder abgeholt werden. Klar, dass Studenten da manchmal den Überblick verlieren. Warum nutzen nicht einfach alle Fakultäten das BOSS-System?

„Im Grunde ist BOSS so etwas wie eine virtualisierte Prüfungsordnung“, erklärt Dr. Skoruppa. Der Dozent für Mathematik für Chemiestudierende betreut an seiner Fakultät auch Prüfungsangelegenheiten.image1-1 „Wir entwerfen eine Prüfungsordnung, in der alle Regelungen wie Fristen oder Wiederholungsmöglichkeiten von Leistungen festgeschrieben sind. Die geht dann durch mehrere Instanzen, damit juristisch alles stimmt. Am Ende senden wir das finale Dokument an das IT und Medienzentrum der TU.“

Dort beginnt die eigentliche Arbeit, denn jeder Paragraph der Ordnung muss ins BOSS-System eingepflegt werden. Hier kann es zu ersten Schwierigkeiten kommen. „Das Programm bietet eine gewisse Flexibilität, aber man stößt auch an Grenzen. Dann kommt die Nachricht zurück, dass eine Regelung so nicht implementiert werden kann.“ Natürlich wolle sich trotzdem keine Fakultät von einem Programm vorschreiben lassen, wie die Prüfungsordnung eines Studiengangs auszusehen hat. „Entweder findet sich eine Lösung für das Problem, oder man muss für eine bestimmte Veranstaltung doch wieder Scheine ausfüllen.“ Für die Studierenden der Fakultät Mathematik laufe normalerweise aber alles von der Anmeldung zur Klausur bis zum Notenbescheid – über das BOSS-System. 

Prüfen, ob die Studenten zur Klausur zugelassen sind

„Als Serviceleister für andere Fakultäten prüfen wir Studenten verschiedenster Studiengänge,“ sagt Skoruppa. Darunter können auch Studierende sein, deren Fakultäten BOSS gar nicht nutzen. „Im schlimmsten Fall haben wir dann Studenten in den Prüfungen sitzen, die sich gar nicht angemeldet hatten. Dann wird es für uns schwierig festzustellen, ob sie zur Klausur überhaupt zugelassen sind.“ Auch bei der Noteneintragung kann es zu Mehraufwand kommen. Wer sich über BOSS anmelden konnte, bekommt auch seine Note dort eingetragen. „Bei den anderen Studenten schicke ich die Anmeldeliste vom Prüfungsamt mit Zensur und Unterschrift wieder zurück und trage die unangemeldeten Teilnehmer nach.“ Zur Zettelwirtschaft möchte Skoruppa auf keinen Fall mehr zurück. „Wenn hunderte Studierende persönlich Leistungsscheine zur Unterschrift vorlegen würden, das ginge wirklich nicht.“ 

Immer mehr Studiengänge nutzen BOSS

Wolf-Dieter Hohmann ist der Abteilungsleiter der zentralen Prüfungsverwaltung. Dass es einige Studiengänge gebe, die noch nicht ganz oder sogar gar nicht mit BOSS arbeiten, könne gleich mehrere Gründe haben. „Vielleicht ist die Prüfungsordnung noch nicht vollständig in das System eingepflegt worden oder hat noch gar nicht den ganzen Weg durch die Hochschulgremien durchlaufen. Zusätzlich kann es immer vorkommen, dass sich Inhalte oder Vorgaben einer Ordnung ändern“ und auch diese Änderungen müssen dann wieder ins Verwaltungssystem implementiert werden. Insgesamt sei aber zu beobachten, dass immer mehr Studiengänge das digitale Verwaltungssystem für sich nutzen. „Eine ganzheitliche und sofortige Abbildung eines Studiengangs in BOSS wäre für alle Beteiligten natürlich das Beste und wird auch immer angestrebt. Aus organisations-technischen Gründen ist das leider nicht immer möglich“, gibt Hohmann zu.  Aber irgendwo müsse man mit der Umstellung anfangen, von dem einen auf den anderen Tag könnten nicht alle Prüfungsordnungen ins BOSS-Verzeichnis überführt werden. Das Ziel sei aber, bald alle Studiengänge über das System verwalten zu können.

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