Gelassen beim Hochrisikospiel

BVB Stadion

Am Donnerstag pilgerten wieder einmal 55.000 Fans in den Signal Iduna Park um sich das anzuschauen, was sie lieben: Den Sport und ihren Verein.  Neben der Freude am Fußball haben viele Menschen noch die Anschläge von Paris im Hinterkopf, wenn sie das Stadion betreten. Beim diesem Europapokalabend handelte es sich zusätzlich um ein Hochrisikospiel. Der Paok-Fan Nikolaos Staurophristou und BVB-Dauerkartenbesitzer Thomas Lindner ließen sich den Spaß am Fußballerlebnis trotz der hohen Sicherheitsmaßnahmen nicht nehmen und erlebten als Fans ein für sie „normales“ Fußballspiel.

Etwa 1000 Beamte waren laut Aussage der Polizei Dortmund an dem gesamten zweitätigen Einsatz in und um das Stadion beteiligt. Wegen der  verschärften Sicherheitskontrollen bei der Anreise, am Bahnhof, in der Stadt und natürlich im Stadion ging diesmal alles ein wenig langsamer zu, dafür aber auch gründlicher. Gründlicher als ohnehin schon. Die Bilanz des Spiels sieht bis auf den sportlichen Verlust für Dortmund weitestgehend zufriedenstellend aus. Im Vorfeld der Partie hatte die Polizei bei der Kontrolle eines Busses mit Fans aus Griechenland unter anderem ein Messer, Pyrotechnik und Betäubungsmittel entdeckt.

Zumindest im und um das Stadion gab es keine unmittelbaren Ausschreitungen. Nach dem Spiel geriet eine Gruppe BVB-Ultras mit der Polizei aneinander.  Als etwa 250 Fans auf dem Nachhauseweg in eine U-Bahn steigen wollten,  kam es zu Auseinandersetzungen mit der Polizei. Wie eine Polizeisprecherin mitteilte, griffen die Ultras die Beamten an, als diese einschreiten wollten. Gregor Lange, Dortmunder Polizeipräsident, ist enttäuscht über ein solches Verhalten: Es hätte ein friedlicher Fußballabend werden können, zumal die Voraussetzung dafür seitens der griechischen Fans gegeben waren(..).

Die Geschichte hinter dem Hochrisikospiel
Einige BVB-Fangruppen haben eine langjährige Fanfreundschaft zu Paoks Stadtrivalen Aris Saloniki. Schon beim Gastspiel des BVB in Saloniki im Oktober kam es in Griechenland zu Ausschreitungen und einer Spielunterbrechung. In den Stadtderbys zwischen Paok und Aris Saloniki war es in der Vergangenheit regelmäßig zu Krawallen gekommen. Zu diesen brisanten Partien kommt es aktuell aber nicht mehr, weil Aris Salonik wegen einer Insolvenz in die dritte Liga zurückgestuft wurde. Für gewaltbereite Paok-Anhänger hatten die Partien gegen den BVB deshalb den Charakter eines „Ersatz-Derbys“.

Nicht die Rivalität ist das Problem

Feindseligkeiten seitens der deutschen Fans hat auch Nikolaos Staurophristou, Vorsitzender des Paok Thessaloniki Fanclubs Berlin, im Stadion erlebt, seitens der Ultras habe er viele Gesänge und Parolen nicht erwartet.  Trotz kleinerer Anfeindungen hält der Grieche die verschärften Maßnahmen für zu umfangreich und sieht sie als persönliche Beleidigung: „Die Griechen sind nicht anders als die deutschen Fans, sie sind nicht gekommen um Randale zu machen.“ Was Staurophristou hingegen versteht sind Kontrollen hinsichtlich des Terrorismus, dieser habe nirgends etwas zu suchen. Doch soll seiner Meinung nach nicht die Angst davor überhand gewinnen.

Fanforscher Professor Harald Lange von der Universität Würzburg beschäftigt sich seit vielen Jahren mit dem Verhalten von Fußballanhängern. Rivalisierende Vereine würden bei Stadionbesuchern keine Angst auslösen. Diese Konstellationen habe es ja schon immer gegeben. Was jedoch weiterhin ein Problem in Deutschlands Stadien sei, sind seiner Meinung nach rechts- und linksextreme Fans, die durch ihr Verhalten provozieren, so der Experte. Zum Thema Terrorangst in Stadien hat der Professor eine klare Meinung: „Das Länderspiel in Hannover war das erste, das abgesagt wurde, das gab es noch nie. Das hat Furcht in den Menschen ausgelöst.“

Nichts nimmt Fans den Stadion-Besuch

Auch BVB-Dauerkartenbestitzer Thomas Lindner, der Donnerstagabend wie viele andere auch bei dem Europapokalspiel war, geht trotz der Terroranschäge von Paris weiterhin gerne ins Stadion: „Ich bin jemand, der sehr sachlich und nicht hysterisch ist“, sagt er, auch wenn ihn die Anschläge beschäftigen. Im Stadion fühle er sich sowieso immer sehr sicher, nur bei großen Menschenansammlungen vor dem Stadion habe er manchmal ein etwas mulmiges Gefühl. 

Was überwiegt, das entscheidet jeder Fan für sich. Ob Angst, Verständnis für stärkere Kontrollen oder doch nur die Lust auf 90 Minuten mitfiebern – das Spiel am Donnerstagabend hat gezeigt, das aktuell bei vielen Stadionbesuchern von allem etwas dabei war, doch das wichtigste auch das stärkste bleibt: Die Liebe zum Sport.

Beitragsbild: Stefan Klaas/flickr

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