Kommentar: Dortmund nicht mehr gegen Rechts?

Wer an Dortmund denkt, denkt erstmal an den BVB. An über 100 Jahre Fankultur, das Westfalenstadion und Jürgen Klopp. Doch gleich auf dem zweiten Rang kommt vielen Menschen unweigerlich Dortmunds rechte Szene in den Sinn. Die Stadt gilt als die Neonazi-Hochburg des Westens. Besonders Dorstfeld beheimatet viele Rechtsextreme.

Foto: Initiative Echte Soziale Marktwirtschaft (IESM)  / pixelio.de

Foto: Initiative Echte Soziale Marktwirtschaft (IESM) / pixelio.de

In den vergangen zwei Jahren begann das Dortmunder Rathaus mit Oberbürgermeister Ullrich Sierau an der Spitze, endlich stärker gegen neonazistische Organisationen, Zusammenschlüsse und Aktionen vorzugehen. Zuvor waren linke Gruppierungen ziemlich auf sich allein gestellt: Sie waren es unter anderem auch, die sich mit den Demonstrationen von Neonazis auseinandersetzten und ihnen die Stirn boten.

Warum Dortmund zur Neonazi-Hochburg wurde, hat mehrere Gründe. Zum einen versammelten sich Gleichgesinnte um bereits ansässige Mitglieder der Szene. Doch auch Arbeitslosigkeit, Stadtschulden und damit verbundene Zukunftsängste bilden einen Nährboden für nationalsozialistisches Gedankengut.

Klare Zeichen gegen Rechts sind gerade unter diesen Umständen unerlässlich. Die braucht aber nicht nur Dortmund – die ganze Bundesrepublik muss hinter dem Kampf gegen Neonazis und Rassismus stehen. Nicht so einfach, wie das Beispiel des angestrebten NPD-Verbots aktuell zeigt. Was ist der richtige Weg, um die Gefahr wirksam einzudämmen? Richtig ist jedenfalls nicht, die finanziellen Mittel für Projekte gegen Neonazis zu streichen. Doch genau das droht bei jetziger Regierungskoalition für das Jahr 2014.

Eine wichtige Unterschrift fehlt bisher

Der Lokale Aktionsplan für Dortmund (LAP) wurde vom Bund bisher finanziell gefördert. Für die Jahre 2011 bis 2013 wurden insgesamt 200.000 Euro exklusiv für die Prävention in Dortmund vergeben. Geplant war außerdem eine jährliche Anschlussfinanzierung von 20.000 Euro, um die Nachhaltigkeit der begonnenen Projekte zu garantieren. Für diese Finanzspritze hätte jedoch bereits eine Verpflichtungsermächtigung unterzeichnet werden müssen, was bisher nicht geschehen ist.

2012 war zunächst sicher kein gutes Jahr für die Dortmunder Neonazis: Großrazzien, der Verbot der Demonstration am 1. September und der Rauswurf aus dem Haus in der Rheinischen Straße, in dem nun ein Jugendtreff entstehen soll, schwächten die Szene. Doch was passiert, wenn der Bund diese Bemühungen nun nicht weiter finanziert? Projekte gegen Nazi-Gruppierungen müssen kontinuierlich weitergeführt werden. Hört man auf, gegen sie vorzugehen, gesteht man ihnen gleichzeitig einen Lebensraum zu.

Gefährliche Kürzung

Diesen Lebensraum in einer parteilichen Organisation wie der NPD gesetzlich zu verbieten und gleichzeitig jegliche Förderung für antinazistische Aktionen zu streichen ist nicht nur lächerlich, sondern auch extrem gefährlich. Die Angst vor dem Agieren Rechtsextremer im Untergrund sollte eher noch zu einer Aufstockung der Fördermittel führen, als zu einer derart fahrlässigen Streichung.

Bewilligt wurden die Mittel gegen Rechts 2011 nach der Mordserie des NSU, in der auch Dortmund eine unrühmliche Rolle spielte. In der seit dem vergangenen, enorm kurzen Zeit kann keine Kommune Rechtsextrimismus eliminieren. Sie reicht noch nicht einmal zur Einschüchterung. Es muss ein langfristiges Bewusststein unter den Bürgern geschaffen werden, das nationalsozialistisches Gedankengut gar nicht erst zulässt. Dazu entstanden bereits sogenannte mobile Beratungsstellen im Land, die die Zivilgesellschaft stärken und beraten. Es geht darum, die Menschen zu schulen, damit sie sich gegen Rechtsextremmismus wehren können.

Für Dortmund ist das die mobile Beratungsstelle im Regierungsbezirk Arnsberg. Die berät Kommunen und Bündnisse vor Ort – immer, wenn Bedarf besteht. Fragen zu Gesetzeslagen, sinnvollen Aktionen und Veranstaltungen sowie zu genereller Information kommen da an. Dieter Frohloff vom Amt für Jugendarbeit in Schwerte kommt zum Beispiel an die TU und berät Professoren und Professorinnen, aber auch den AstA, zum Umgang mit rechtsextremen Studenten. Frohloff besetzt eine halbe Stelle. Zumindest wird eine halbe Stelle für den Bezirk Arnsberg bezahlt. Eigentlich arbeitet er aber jetzt schon viel mehr, bräuchte darum die Mittel für eine ganze Stelle. Nun muss er damit rechnen, dass die komplette Bezuschussung für seine mobile Beratung ins Wasser fällt.

Wer berät dann die oftmals eingeschüchterte Zivilgesellschaft?

Woher nehmen ängstliche Bürger dann die Informationen, wie sie sich gegen Neonazis wehren sollen?

Nur ein bundesweiter Plan kann Erfolg haben

Der Dortmunder Aktionsplan wird jährlich zwar zusätzlich mit 200.000 Euro von der kommunalen Koordinierungsstelle gefördert. Doch diese werden mehr oder weniger im Sande verlaufen, wenn in und um Dortmund ab 2014 die Mittel vom Bund fehlen. Dann können die engagierten Kräfte in der Stadt noch so viel Geld in Aktionen gegen Rechts stecken – der Druck von außen wird trotzdem stetig wachsen. Schon jetzt ist die Vernetzung mit Neonazis aus dem umliegenden Ruhrgebiet sowie aus dem Sauerland mit Dortmund als Hot-Spot groß. Die Gefahr der Ausbreitung rechtsextremen Gedankenguts ist noch größer. Sie darf nicht aus den Augen gelassen, und schon gar nicht den klammen Kommunen überlassen werden.

Rechtsextremismus ist ein bundesweites Problem, das auch bundesweit und unter der Schirmherrschaft der Bundesregierung angegangen werden sollte. Als Zeichen dafür, dass Neonazis in unserer Gesellschaft nichts zu suchen haben. Jegliche Form von Ausbreitung muss national unterdrückt werden. Dies erfordert aber auch eine nationale Förderung, die unbedingt zum Wahlkampfthema werden muss. Die Bundestagswahl im kommenden Jahr ist Deutschlands große Chance gegen den Rassismus. Sie kann und muss es zumindest sein.

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