Duell am Donnerstag: Facebook Instant-Articles

Kai Seinecke vs. Sebastian Hahn

Seit Kurzem ist bekannt, dass Facebook einen neuen Schritt in puncto Online-Artikel wagen wird: Instant-Articles. Nicht zu verwechseln mit den einfachen Tütensuppen, die vor allem Studenten durch einen Haushalt ohne Eltern helfen. Der Name ‚instant‘ kündigt es schon an: Artikel sollen schneller online verfügbar sein. Sprich: Ladezeiten sollen sich minimieren. In Kooperation mit etablierten Medienhäusern – darunter Spiegel, Bild und die New York Times – soll das Programm im nächsten Jahr an den Start gehen. Kai Steinecke und Sebastian Hahn nenn pro und contra.

„Zeit ist Geld, Geld ist knapp. Eine sinnvolle Innovation“,

findet Kai Steinecke.

In Zukunft sollen die Leser, die eigentlich über Facebook auf die Seiten der Medienhäuser kämen, nicht mehr auf diese weitergeleitet werden, sondern auf Facebook bleiben. Facebook lädt also den Inhalt der Verlage, Zeitungen, Magazine auf eine eigene Seite. Eine Lösung mit Potential. Mit der Möglichkeit Artikel schneller zu laden, würde sich die Kundenzufriedenheit automatisch nach oben schrauben. Auch die Bereitschaft Inhalte weiterzuempfehlen – die Währung des Onlinejournalismus – kann durch Instant-Articles gefördert werden. Ergo steigt die Reichweite eines ganzen Medienhauses.

Und die Marke?

Schon hört man sie, die Markenfetischisten: „Buhu, aber dann weiß ich gar nicht mehr, was ich da lese und von wem.“ Getrost kann man darauf sagen: „Keep calm and trust Facebook!“ Der Host der Seiten ist zwar das soziale Netzwerk, aber sämtliche Publisher haben die Möglichkeit, ihre Instant-Article-Seiten selbst zu gestalten. Layout, Schriftart, Logos – einfach alles. Also: keine Verwechslungsgefahr! Das Phänomen von Inhalten, die oft austauschbar wirken, ist nicht Facebook anzukreiden.

Die Sache mit dem Geld

Seit Ewigkeiten – so scheint es – wird an einer Lösung herumgeschraubt, um Geld mit Onlinejournalismus zu verdienen. Das Modell der Instant-Articles kann auch nicht helfen, sagen Skeptiker. Die Medien würden nur ihre gesamte Reichweite an Facebook verlieren, also auch die Werbeeinnahmen, warnen sie. Weit sei der Medienuntergang also nicht mehr entfernt.

Liebe Hysteriker, beruhigen Sie sich einen Moment und atmen Sie tief durch! In dem von Facebook vorgesehenen Modell teilen sich Medienhäuser und Facebook die Einnahmen aus der Werbung im Verhältnis 70 zu 30. Kein schlechter Deal, da die Verlage eigentlich für die Verbreitung ihrer Inhalte nichts weiter tun müssen.

Nicht nur die Verteilung der Werbeeinnahmen spricht für das „Modell Facebook“, sondern auch die Art der Werbung. Durch das jahrelange Sammeln von Daten ist Facebook in der Lage – wie kaum ein anderes Unternehmen – Anzeigen äußerst effektiv zu platzieren, wodurch Verlage ein dickes Performanceplus ihrer Werbung erwarten dürfen.

The Big Picture

Zurzeit befindet sich alles noch im Anfangsstadium. Hoch experimentell. Doch gerade das ist das Spannende. Für einen späteren Zeitpunkt dieses Experiments sind auch Bezahlschranken geplant. Was dahinter oder davor liegen wird, bleibt den Publishern überlassen. An sich eine riesige Chance für den Journalismus. Es ist nicht die Zeit, vor solchen Experimenten zurückzuschrecken, sondern sie zu wagen. Das ist der einzige Weg,  ein funktionierendes Bezahlsystem für Onlinejournalismus zu finden.

„Eine Gefahr für Journalisten – am Ende gewinnt wieder nur Facebook“,

findet Sebastian Hahn.

Facebook will mit seinen „Instant Articles“ den Zugriff auf die Reportagen, Artikeln und anderen Features verbessern, die Inhalte sollen schneller und besser abrufbar sein. Vorerst ist die aber nur auf iOS-Geräten möglich. Was für viele eine Revolution im journalistischen Bereich darstellt, birgt aber auch Risiken, die dem Journalismus eher schaden als helfen könnten. Eins ist dabei allerdings sicher: Profiteur ist mal wieder nur Facebook.

Denn das weltweit größte Social Network beansprucht 30 Prozent aller Werbeeinnahmen, die durch Instant Articles zustande kommen. Die Kooperationspartner, wie Spiegel, Süddeutsche und Co. müssen sich mit 70 Prozent begnügen. Natürlich verspricht das Konzept für die Medienhäuser zunächst einen Einnahmevorteil, die Frage bleibt, inwiefern die eigenen Seitenzugriffe nicht darunter leiden.

Warum nicht der „klassische Weg“?

Warum nur 70 Prozent vom Facebook-Kuchen nehmen, wenn man auch 100 Prozent vom eigenen haben kann? Denn natürlich kommen die Einnahmen via Instant Articles erst einmal obendrauf, allerdings dürften im Gegenzug auch die eigenen, direkten Seitenzugriffe darunter leiden. Auch wenn die auf einer riesigen Datenbank basierende Werbung im sozialen Netzwerk Facebook bessere und personalisierte Anzeigen für den Kunden verspricht, der größere Geldbatzen ließe sich immer noch über die eigene Seite verdienen.

Dachmarke „Facebook“ schlägt Medienhäuser 

Abgesehen von den finanziellen Faktoren werden die Instant Articles auch die Marken der Medienhäuser bedrohen. Eigenes Layout schön und gut, von mir aus noch eine entsprechende Weiterleitungsfunktion, aber wenn ich gefragt werden würde, wo ich Artikel X oder Y gerade gelesen habe, dann würde ich sagen: „bei Facebook“. Und nicht „einen Instant Article von SPIEGEL Online“. Der Identifikationsfaktor mit der Seite an sich tendiert also gegen Null.

Statt verschiedener Medienhäuser, die mit ihren eigenen Facebook-Seiten auch im Bereich Social Media die Diversität hochhalten, würde Facebook vielmehr zur generellen Dachmarke aller journalistischen Inhalte im eigenen Netzwerk werden. Dieser Schritt ist möglicherweise auch nicht aufzuhalten, verfügt man genau wie andere soziale Medien über die finanziellen Ressourcen, um irgendwann sogar ein komplett eigenes System mit journalistischen Inhalten auf die Beine zu stellen.

Die Idee der Instant Articles ist im Prinzip gut, auf Dauer könnten die Medienhäuser aber viel zu sehr darunter leiden. Der einzige Akteur, der in diesem System große Vorteil für sich selbst hat, ist Facebook. Und der hat haben wirklich schon genug Macht.

das-duell-feederFoto: stockxchng/bizior, S. Hofschlaeger/pixelio.de, Montage: Helena Brinkmann/Schweigmann 
Teaserfoto: flickr.com/Japanexperterna.se

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