Versammlung von Rechtsradikalen wirft Fragen auf

Nach der Versammlung von rund 50 Rechtsradikalen am Dienstag, 10. Januar, auf dem Campus der TU Dortmund und dem darauf folgenden Platzverweis stehen weiter ungeklärte Fragen im Raum. Aussagen über den Ablauf des Geschehens widersprechen sich, die Hochschule schweigt bisher. Weder ist klar, warum die Partei offenbar eine Konfrontation mit Interessenten der neuen Hochschulgruppe suchte, noch wie man in Zukunft mit solchen Fällen umgehen will.

Nach Informationen, die der Pflichtlektüre vorliegen, spielte sich der Vorfall am Dienstag offenbar wie folgt ab: Gegen 18 Uhr sollte die „Anarchistische Hochschulgruppe“ im Foyer der EF50 gegründet werden. Durch die große Plakatierung waren jedoch nicht nur Interessierte, sondern auch Mitglieder der Partei „die Rechte“ auf das Treffen aufmerksam geworden. Rund 50 Personen sammelten sich wegen des Aufrufs der rechten Partei bei Twitter vor der EF50 und fingen Interessierte unter dem Vorwand ab, dass sie selbst die Gründungsmitglieder der „anarchistischen Hochschulgruppe“ seien. Im Gebäudeteil des AStAs fand zeitgleich ein Neujahrsempfang statt, sodass die AStA-Mitglieder das Geschehen vor dem Gebäude verfolgen konnten. „Wir haben gesehen, dass die Rechten die Interessierten angesprochen haben“, sagt Hannah Rosenbaum, Vorsitzende des AStA, die Mitglieder des rechtsradikalen Sprektrums identifizieren konnte. „Wir haben die Interessierten darüber aufgeklärt, mit wem sie gerade reden.“ Das sei vor allem geschehen, um Konflikte zu vermeiden.

Mehrere Augenzeugen beschreiben die Stimmung als „bedrohlich“, was sie vor allem der großen Anzahl von offenbar Rechtsradikalen zuschrieben. Diese seien zwar für ihre Verhältnisse friedlich gewesen; niemand war sich jedoch sicher, ob dies so bleiben würde. Der AStA beschloss deswegen, die potenziellen Mitglieder der Hochschulgruppe in den eigenen Räumlichkeiten warten zu lassen, bis sich die Situation entspannt hatte.

Der Pförtner hatte zuvor bereits die Polizei alarmiert, die zunächst mit zwei Beamten anrückte. Nachdem diese die Situation eine Weile beobachtet hatten und zu einer ähnlichen Einschätzung wie die übrigen Anwesenden kam, forderten sie Verstärkung an. Diese erteilte dann Platzverweise und eskortierte die Gruppe Rechter zur S-Bahn.

Mangelhafte Kommunikation der Hochschule

Der Sprecher der Juso-Hochschulgruppe, Markus Jüttermann, kritisiert die Informationspolitik an der TU. Er fühlt sich „uninformiert“, da es bisher keine offiziellen Informationen zu dem Vorfall gibt. Er hat beim StuPa eine Anfrage nach der Position des AStA zu dem „Auflauf der Rechten“ und der „anarchistischen Hochschulgruppe“ gestellt, um die Vorkommnisse nachvollziehen zu können. Er möchte wissen, welche Konsequenzen der Vorfall haben soll. Außerdem wünscht er sich, dass geklärt wird, welche Maßnahmen in Zukunft eingeleitet werden sollen, wenn ein ähnlicher Fall eintritt: „Die Planung soll der AStA zusammen mit dem StuPa machen.“

Was die Mitglieder und Unterstützer der rechtsradikalen Partei auf dem Campus wirklich vorhatten, ist unklar, offenbar suchten sie jedoch die Provokation. „Die Rechten waren offenbar keine Studierenden der TU Dortmund“, sagt Hannah Rosenbaum vom AStA. Es sei möglich, dass wenige Studierende der RUB dabei waren, „aber der Großteil waren keine Studierenden.“ AStA-Mitglieder hatten bekannte Aktivisten der rechten Szene wiedererkannt, die nicht aus dem Umfeld der Hochschule stammen. Auch die Polizei erkannte die rund 50 Aktivisten als „eindeutig zu rechten Gruppierungen gehörend,“ bestätigt Nina Vogt von der Polizei Dortmund. Die Aussage der Rechten, wonach sie von einer Hundertschaft abgeführt worden wären, sei zudem falsch: „Es kann sein, dass Beamte in den Uniformen der Einsatzhundertschaft anwesend waren. Das liegt daran, dass diese Beamten auch im Alltag immer wieder eingesetzt wurden, und diejenigen zum Einsatz fahren, die gegenwärtig am nächsten am Einsatzort sind“, erklärt Vogt.

Was tun in solchen Situationen?

Der Umgang mit dieser angespannten Situation scheint für alle – mit Ausnahme der Polizeibeamten – eine Überforderung gewesen zu sein. An der TU scheinen keine Leitlinien für einen solchen Fall vorzuliegen, wenn gegeneinander gerichtete politische Gruppierungen die Konfrontation suchen. Aber hätte das Konfliktpotenzial nicht schon bei der Anmeldung zur Gründung der „anarchistischen Hochschulgruppe“ erkannt werden müssen, spätestens nach Erscheinen der rechten Aufrufe auf Twitter? Ob die TU sich im Vorfeld der Versammlung damit beschäftigt hat, hat die Pressestelle bisher, auch auf unsere Anfrage, nicht bekannt gegeben. Lediglich die studentischen Gremien scheinen sich zumindest mit der Problematik auseinander zu setzen, wenn auch hier konkrete Vorgehenspläne bislang fehlen.

Hauptsächlich ist das Rektorat für universitätsfremde politische Aktivitäten auf dem Campus zuständig. Damit fällt auch die Handhabung einer Versammlung von Mitgliedern und Unterstützern der Partei „Die Rechte“ offenbar in ihren Hoheitsbereich. Doch auch den Vorfall selbst und die entsprechende Handhabung lässt die Pressestelle bisher unkommentiert.

Die Kollegen von eldoradio* berichten am Montag, 16. Januar, im „Toaster“ zwischen 8 und 10 Uhr in einem Schwerpunkt über das Thema.

Beitragsbild: Jürgen Huhn, TU Dortmund

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