Und plötzlich gab es sie zweimal auf Facebook. Gleicher Name, gleiche Fotos, sogar dieselben Freunde. Kulturwissenschafts-Studentin Fabienne Strohmer ist genau das passiert. Damit ist sie Teil einer betrügerischen Masche geworden, die gerade auf Facebook populär ist. Mit gefälschten Profilen real existierender Personen versuchen Kriminelle an Geld zu kommen – teilweise mit Erfolg.
Es war am Freitagmorgen vor zwei Wochen, als die 19-jährige Studentin der TU Dortmund am Frühstückstisch plötzlich mit Nachrichten auf Facebook und WhatsApp bombardiert wurde. „Hey, wieso hast du einen neuen Account bei Facebok, bist das wirklich du?“, „Ich glaube dein Profil wurde gehackt!“, „Wieso brauchst du meine Handynummer, du hast sie doch schon?“ Wie die meisten ihrer Freunde wusste auch Fabienne erstmal gar nicht, was passiert war. Mit ein bisschen Recherche war klar: Jemand hatte ihr Facebook-Profil kopiert und dafür ihre eigenen, für alle sichtbaren Profilbilder sowie ihr Titelbild genutzt. Dann folgten Freundschaftsanfragen an die Leute aus ihrer öffentlich sichtbaren Freundesliste – einige nahmen an. Wer aufgepasst hat, wurden aber gleich skeptisch: Der Betrüger hatte ihren Namen leicht geändert. Die Fake-Fabienne hieß mit Zweitnamen Ellaine mit einem L zu viel und Strohmerr mit Doppel-R.
Anfragen oft in schlechtem Deutsch formuliert
Schlechtes Deutsch ist typisch für Anfragen solcher Art, weiß Hauke Mormann von der Verbraucherzentrale NRW. Der Beratungsstelle ist die Problematik bekannt – vermehrt Anfragen habe sie in den vergangene Wochen aber nicht erhalten. In ihrem Jugend-Onlinemagazin Checked 4 You berät die Verbraucherzentrale ausführlich zu der Betrugsmasche und wie man sich davor schützen kann. Erster Tipp: Nie die Handynummer vorschnell rausgeben. Wer dem falschen Facebook-Freund dennoch seine Nummer gibt, müsse sich aber grundsätzlich keine Sorgen machen: „Ist das geschehen, bekommt man vielleicht Spam-SMS“, sagt Hauke Mormann von der Verbraucherzentrale NRW. Zur Geld-Abbuchung kommt es erst mit der Weitergabe des mit der SMS verschickten Pins.
Vorsicht: Zahlung erfolgt mit Sendung des Zahlencodes

Wer die Freundschaftsanfrage der „falschen Fabienne“ annahm, bekam direkt die Aufforderung, seine Handynummer weiterzugeben. (Screenshot: Privat)
Wer auf den Betrug reingefallen ist, hat schlechte Chancen, sein Geld zurückzubekommen, erklärt Juristin Miriam Rusch-Rodosthenous von der Verbraucherzentrale NRW. „Es stellt sich die Frage, ob das Opfer nicht hätte misstrauisch werden müssen.“ Wer aufpasst, sollte spätestens mit der Aufforderung, den Zahlencode weiterzugeben, merken, dass es sich um eine Täuschung handelt. Außerdem müsse die betroffene Person nachweisen, dass sie nicht selbst den Vertrag abgeschlossen hat. Da komme es auf die Kulanz des Onlineshops an, mit dem der Vertrag abgeschlossen wurde. „Wir raten aber, auf jeden Fall dem Vertragspartner den Betrug mitzuteilen und zu versuchen, die Zahlung rückgängig zu machen“, so die Juristin.
Fabienne reagierte schnell – sie postete auf Facebook einen Screenshot mit dem kopierten Profil und warnte vor der Betrugsmasche. Dennoch nahmen mindestens sechs Leute die Freundschaftsanfrage an. Zwei davon haben die eigene Handynummer rausgegeben. Einer davon war ihr Arbeitskollege, der nicht so gut Deutsch spricht. „Da fällt man natürlich eher auf so eine Masche rein“, sagt Fabienne. Eine Aufforderung zur Zahlung bekam der junge Mann nicht, davor rette ihn seine Drittanbieter-Sperre, die er bei seinem Mobilfunk-Anbieter eingerichtet hat. Die kostenlose Sperre verhindert von vornherein, dass externe Dienste neben dem eigentlichen Mobilfunk-Vertrag weitere Kosten verursachen. Diese Sperre schützt zum Beispiel vor teuren Abofallen.
Die Unannehmlichkeiten, die ihre Freunde mit der Sache gehabt haben, tun Fabienne leid. „Ich habe mich irgendwie dafür verantwortlich gefühlt“, sagt sie – obwohl sie gar nichts dafür kann. Zumindest fast nichts. Denn sowohl ihre Profilbilder als auch ihre Freundesliste waren vor dem Vorfall öffentlich sichtbar. Um das zu ändern, muss sie für jedes Foto einzeln festlegen, wer es sehen darf.
Laut Polizei sind mehrere Dortmunder auf Betrugsmasche hereingefallen
Die Dortmunder Polizei ist alarmiert: Allein in den vergangenen zwei Wochen wurden sechs Fälle gemeldet, in denen Personen durch die Facebook-Masche tatsächlich Geld verloren haben. Laut Polizeihauptkommissar Gunnar Wortmann liege der Schaden jeweils im Bereich zwischen 20 und 300 Euro. Abgebucht werde das Geld beispielsweise für virtuelle Waren für Onlinespiele, das gehe aus der Mobilfunk-Rechnung hervor.
Was die Zahl der tatsächlich Betroffenen angeht, vermutet Gunnar Wortmann eine weitaus höhere Dunkelziffer aus, denn längst nicht jeder meldet den Vorfall der Polizei. Das zeigt auch die Resonanz auf eine Pressemitteilung der Polizei Dortmund zu dem Thema: Der Warnhinweis wurde bislang auf Facebook mehr als 10.000 Mal geteilt und wurde damit von rund 400.00 Menschen gelesen. In den Kommentaren geben viele Nutzer an, selbst Opfer der Betrugsmasche geworden zu sein.
Kaum Hoffnungen, die Täter zu kriegen
Denn es sei „sehr schwierig bis unmöglich“ die Betrüger dingfest zu machen. Strafbar machen sie sich mit der Kopie des Facebook-Accounts in mehrerer Hinsicht: Weil sie Bilder, die ihnen nicht gehörten, verwendeten und wegen (versuchten) Betrugs. „Es gibt Hinweise darauf, dass die Täter im Ausland sitzen“, sagt Gunnar Wortmann. Wahrscheinlich verschleiern sie ihre IP-Adresse und damit ihren tatsächlichen Wohnort. Dennoch appelliert er an jeden, der Opfer eines Betrügers geworden ist, den Vorfall bei der Polizei zu melden. Es gehe vor allem darum, das Thema publik zu machen, Aufmerksamkeit zu schaffen.

Ihr Facebook-Profil wurde kopiert: Kulturwissenschafts-Studentin Fabienne Strohmer. (Foto: Judith Wiesrecker)
Fabienne ist nicht zur Polizei gegangen. Erst hatte sie überlegt, Anzeige zu erstatten. Doch das Fake-Profil auf Facebook war nur wenige Stunden online. Als sie um 14 Uhr von der Uni heimkam, war es bereits gelöscht. Facebook hatte anscheinend auf die vielen Meldungen ihrer Freunde reagiert.
Kein Zusammenhang mit Uni-Netzwerk
Entwarnung gibt es für das Uni-W-Lan. Zwar sind viele Studenten betroffen. Mit dem Uni-Netzwerk hänge der Facebook-Betrug aber nicht zusammen, heißt es vom IT & Medien Centrum der TU Dortmund. Den Mitarbeitern seien in der Vergangenheit keine Beschwerden zu Ohren gekommen.
Teaserbild: Lea Auffarth
Titelbild: Judith Wiesrecker