Gefeiert, gelobt und innig erwartet. Der Druck, der auf ihr lastet, ist enorm. Sie ist groß, schmal, elegant. Schick, gekleidet in schwarz. Und sie hat viele Gesichter. Jedes davon erzählt seine eigene Geschichte. Durch seinen Anblick. Und die passende Stimme zu jedem dieser Gesichter, das macht „sie“ nämlich aus.
Die Rede ist von einer neuen Erfindung, dem T-Book. Es wurde auf der diesjährigen World Press Photo Preisverleihung am 24. April in Amsterdam vorgestellt und enthält auf knapp 100 Seiten die Gewinnerfotos des Wettbewerbs. Bislang existiert es in achtfacher Ausführung, geplant sind rund 50 Ausgaben. Und bald viele mehr. Das Sprichwort „Ein Bild sagt mehr als tausend Worte“ bekommt dabei eine ganz neue Bedeutung, denn jedes Foto im T-Book bietet eine eigene Geräuschkulisse. Was nämlich aussieht und sich anfühlt wie normales Papier, steckt voller Technik.
Ein fünfköpfiges Team von der TU Chemnitz, darunter auch ein Student, entwickelte den gedruckten Lautsprecher, der zwischen zwei zusammenlaminierten Papierseiten aufgedruckt ist und sich über die ganze Seite erstreckt. In der Pressemitteilung der Uni ist von einem „piezoelektrischen Polymer“ die Rede.
Und auch wenn das „T“ im T-Book für Ton und nicht für „total toll“ steht, vermitteln die Entwickler und Sprecher der Uni Chemnitz doch genau das und bezeichnen es als „Revolution“, wie die Erfindung des Buchdrucks oder das E-Book. Das T-Book wird auch die Tür zu vielen weiteren Entwicklungen öffnen, da ist sich Prof. Dr. Arved Hübler, Leiter des Instituts für Printmedientechnik an der TU Chemnitz, sicher. Wie die jedoch aussehen werden und in welche Richtung sich die Forschung um den gedruckten Lautsprecher künftig begeben wird, ist aber noch unklar. Ebenso wie die genaue Funktion des T-Books.
Viele Entwicklungen finden ihre Anwendungsmöglichkeiten erst im Nachhinein.
Das Neue daran ist auch nicht die Lautsprecher-Technik. Auf die Idee, piezoelektrisches PVDF als Lautsprecher zu verwenden, ist vor knapp zehn Jahren auch ein koreanisches Unternehmen gekommen. Und sogar die TU Chemnitz selbst hat die „revolutionäre“ Technik des T-Books bereits vorgestellt: Vor drei Jahren präsentierten sie nämlich bereits auf Papier gedruckte Lautsprecher, die sich beim T-Book quasi nur zwischen zwei Buchseiten befinden.
Angenommen, die Forschungen vertiefen sich weiter. Hüblers Ziel, viele Bücher mit der Technik auszustatten, rückt in greifbare Nähe. Und es gelingt, selbst die Druckkosten im Rahmen eines üblichen Taschenbuches zu halten. Gäbe es denkbare Anwendungsmöglichkeiten?
Im Fotoband funktioniert das Prinzip vielleicht, auch in Kinderbüchern wäre es denkbar. Ein Kinderbuch mit Klängen, das wäre doch eine Revolution. Das hat bisher schließlich niemand umgesetzt, auch nicht Ravensburger mit seinen Tiptoi-Büchern. (Wobei diese praktischerweise erst „auf Anweisung“ Töne von sich geben, nämlich bei Kontakt mit einem speziellen Stift.) Die Entwickler selbst sehen auch eine Anwendung in der Werbebranche voraus. Ob es jemals zu sprechenden Plakatwänden und Co. kommen wird, bleibt abzuwarten. Aber bis dahin erfreuen wir uns doch an stummen Plakatwänden und Romanfiguren, die ihre Stimmen der Fantasie überlassen.