Duell: Muttertag – Blumen oder Boykott?

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Am Sonntag ist es wieder so weit: Muttertag steht vor der Tür. Bei allen, die mal wieder gar nicht daran gedacht haben, wird jetzt wohl hektische Panik ausbrechen. Auf die Schnelle müssen sie noch ein Geschenk besorgen. Für viele ist der Muttertag also eher lästig. Doch andere nutzen den Tag, um mal wieder einen Tag mit der lieben Mama zu verbringen, wenn sonst schon so wenig Zeit für Zweisamkeit bleibt. Wie steht es nun um den Muttertag? Ist er zum Abgewöhnen oder eine super Gelegenheit, die Mütter dieser Welt zu ehren?

pro contra
Jedes Jahr, etwa eine Woche vor dem Muttertag, geht es los: in den Medien rufen Unternehmen auf zum Konsum. „Nicht vergessen, bald ist Muttertag“, heißt es in der Douglas-Werbung. Kaufen, kaufen, kaufen: Auch dieser Feiertag wird gnadenlos ausgeschlachtet für den Kommerz. Trotzdem, sagen einige, stärkt der erhöhte Konsum anlässlich des Muttertags auch die deutsche Wirtschaft, die dies angesichts der Euro-Finanzkrise wirklich gut gebrauchen kann.

Ist Konsum an sich denn wirklich so schlecht? Er kurbelt die Wirtschaft an, sorgt dafür, dass ein größeres Angebot entsteht und ist schließlich auch Zeichen für einen funktionierenden Markt. Und, ganz ehrlich, was spricht dagegen, Mama mit einem kleinen Geschenk zu zeigen, wie wichtig sie einem ist?

Die ganze Familie vereinen

Abseits des Werbe-Trubels ist der Muttertag ein Anlass, mal wieder die gesamte Familie zu vereinen, zusammen essen zu gehen oder einen Tagesausflug zu unternehmen. Für die Mama bedeuten Feiertage wie Weihnachten oder Ostern ja meistens Stress: die Weihnachtsgans zubereiten, den festlichen Tisch decken, Ostereier verstecken, einen Großputz veranstalten, weil ja die lieben Verwandten kommen… Der Muttertag stellt da mal eine willkommene Ausnahme dar. Und es muss ja nicht immer ein Geschenk sein, das man der Mutter übergibt. Einfach mal ein bisschen mehr Aufmerksamkeit und Zeit schenken sorgt manchmal sogar für noch mehr Freude.

Ein bisschen mehr Anerkennung

Seinen Ursprung hat der Muttertag in der englischen und amerikanischen Frauenbewegung des 19. Jahrhunderts. Die kämpfte für die Rechte der Frauen und für eine Anerkennung der Arbeit, die Haushalt und Kinder machen. Natürlich könnte man heute argumentieren, dass in Zeiten der vorangeschrittenen Emanzipation so etwas gar nicht mehr nötig sei.

Klar, Frauen haben wesentlich mehr Rechte als zu Zeiten der Reifröcke und Korsetts und so mancher Mann räumt mal die Spülmaschine aus. Und trotzdem haben Traditionen wie der Muttertag auch etwas mit Wertschätzung und einem harmonischen Zusammenleben zu tun.

Anerkennung angebracht

Denn auch heute werden viele Dinge von uns einfach für selbstverständlich genommen. Waschen, Bügeln, Putzen, Kochen: Wer als Student das erste Mal allein wohnt, weiß, wie viel Arbeit diese ganz alltäglichen Aufgaben machen (wenn man sie denn mal macht). Als arbeitende, und eventuell sogar alleinerziehende Mutter gleichzeitig Job und Haushalt unter einen Hut zu bringen, ist alles andere als einfach. Ein bisschen Anerkennung für Mutti ist also mehr als angebracht – genau wie der Muttertag. Und an den Spülmaschinen ausräumenden Vati wird dann eben vier Tage später gedacht.

Muttertag? Wie? Ist der etwa bald schon wieder? Jedes Jahr dasselbe. Eigentlich sollte ich den Muttertag so langsam auf dem Schirm haben – und trotzdem erwischt er mich eiskalt jedes Jahr auf’s Neue. Als ob ich mir nicht sonst schon genug andere wichtige Dinge im Jahr merken müsste: den Geburtstag der besten Freundin, Weihnachten, Jahrestage, Arbeitszeiten, Klausurtermine… Und dann wäre da noch der unsägliche Valentinstag. Damit ich nicht falsch verstanden werde: Ich bin ein großer Freund von Liebe, von einigen schnulzigen Liebesfilmen auch – aber einmal im Jahr einen großen Aufriss machen, wenn ich sonst vielleicht herzlich wenig von Geschenken und Aufmerksamkeiten halte? Reichlich gezwungen und teilweise aufgesetzt ist das. Genau dasselbe gilt für mich, wenn es um den Muttertag geht.

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Zwanghafte Aufmerksamkeit

Gerade mit den Eltern haben wir oftmals die meisten Streitigkeiten. Selbst wenn wir schon längst ausgezogen sind. Und dann plötzlich, am 13. Mai, verstehen sich alle super und den ganzen Tag über herrscht nur gute Laune? Vielleicht habe nur ich die Erfahrung gemacht: Aber immer wenn ich viel Druck habe, weil der Tag etwas Besonderes werden soll, geht am meisten schief und der Streit ist womöglich programmiert. Dieses Phänomen tritt nicht selten besonders an Feiertagen auf. Alle sind gestresster und genervter, als dass sie den Tag genießen könnten.

Ich bin lieber für ungezwungene Stunden mit meiner Mutter. Wenn ich mich gerade super mit ihr verstehe – warum sollte ich dann nicht den 18. Mai oder den 23. Juni zu meinem persönlichen Muttertag erklären? Warum muss ich ausgerechnet am 13. Mai mit Geschenken oder Gesten der Zuneigung aufwarten? Wer sich auf einen bestimmten Tag im Jahr versteift, um einer Person, die er lieb hat, seine Zuneigung zu zeigen, macht eindeutig etwas falsch. Jeder sollte mindestens an ein paar Tagen im Jahr dazu fähig sein, einem besonderen Menschen eine besondere Aufmerksamkeit zukommen zulassen.

Blumenhändler nehmen mehr Geld am Muttertag als am Valentinstag ein!

Mal ganz davon abgesehen, dass der Muttertag für mich, ebenso wie der Valentinstag, nur wieder ein Tag ist, an dem besonders die Blumen- und Schokoladenhändler ordentlich Geld scheffeln können. Dann laufen meist nur die panischen „Auf-den-letzten-Drücker-Einkäufer“ durch die Geschäfte, um noch den letzten Plüschteddybären mit einem „Ich hab‘ dich lieb“-Schild zu kaufen.

Nein, ich verzichte am Sonntag auf den Muttertag. Auch wenn das zuweilen nicht ganz leicht ist, weil ich von empörten Freunden gefragt werde: „Wie, ist deine Mama dann gar nicht sauer oder traurig!?“. Ich denke nicht, dass meine Mama mich weniger lieb hat, nur weil ich ihr nichts zum Muttertag schenke. In diesem Sinne: Mama, sei mir nicht böse, aber ich hab dich jeden Tag (mal mehr, mal weniger) im Jahr lieb. Das ist ja wohl das schönste Geschenk!

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Foto: stockxchng/bizior, Montage: Steinborn/Schweigmann, Teaserfoto: Jörg Sabel/pixelio.de