Tschüss Bargeld, hallo Smartphone!

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TU-Studenten kennen sie: die langen Schlangen vor den Sparkassen-Automaten, den Aufladestationen für die UniCard und die noch längeren Schlangen an der Mensakasse um 12 Uhr. In Frankfurt und Siegen sind im Wintersemester 2016/2017 Pilotprojekte  gestartet, die das kontaktlose Bezahlen mit dem Smartphone ermöglichen. Die dafür notwendige App „Blue Code“ funktioniert aber nur an den Uni-Kassen. „Es ginge wesentlich praktischer“, meint Maik Klotz, Unternehmensberater und Autor aus Siegen, der sich mit Bezahlmethoden und „Mobile Payment“ beschäftigt. 

Mobile Payment – das mobile Bezahlen – können Studenten in Frankfurt und Siegen nun ausprobieren. Die App ist kostenlos. Sie speichert die Daten des Bankkontos, auf das bei einer Zahlung zugegriffen werden soll. Wenn ein Student sein Mittagessen in der Mensa bezahlen möchte, reicht es aus, die App aufzurufen, einen Pin-Code einzugeben und dem Kassierer das Smartphone hinzuhalten. Auf dem Display erscheint ein Strichcode, den das Mensapersonal scannen kann. Ist der Scan erfolgreich, wird der Geldbetrag vom angegebenen Konto abgebucht. 

Vertrieben wird die App von der Sparkassen-Tochter Girosolution AG, genutzt werden kann sie aber auch mit Konten anderer Banken. Die hessischen Hochschulen, wie die Goethe-Universität in Frankfurt, gehören zu den ersten Unis in Deutschland, die das Bezahlen mit dem Smartphone möglich machen. Das liegt unter anderem daran, dass sie „Giro Go“, das Bezahlen mit dem Studierendenausweis, nicht eingeführt haben. Giro Go nutzt beispielsweise die TU Dortmund. In vielen Universitäten ist dieses System etabliert. Doch kann sich Blue Code wohl künftig an den Unis durchsetzen?

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Maik Klotz hat sich einen NFC-Chip in den Handrücken implantieren lassen. Theoretisch auch eine Möglichkeit, bargeldlos zu zahlen.  Foto: Privat

Maik Klotz meint nein. „Wenn die Universität Blue Code verwendet, muss sie alle Kassen auf das System umrüsten. Die Studenten können die App außerhalb des Campus außerdem nicht benutzen. Bevor sie also eine weitere Zahlungsmethode annehmen, bleiben sie doch oft lieber beim Bargeld. Damit kann schließlich nicht nur an der Uni bezahlt werden.“ Somit stehen die Blue-Code-Nutzer vor dem gleichen Problem wie die Studenten, die ihre Uni-Card als Bezahlmittel nutzen: Entweder sie stellen sich in die lange Schlange der Leute, die mit Bargeld bezahlen, oder nutzen ein Bezahlmittel, das außerhalb der Campus-Grenzen so gut wie gar nicht benutzt werden kann. Einziger Vorteil der App gegenüber der Uni-Card: Sie muss sie nicht aufgeladen werden. Laut dem Studierendenwerk der TU Dortmund ist es noch unklar, ob die Universität in eine Technologie wie Blue Code investieren wird. 

App ohne Mehrwert

Klotz sieht für Blue Code keine Zukunft. Die App stelle nur eine weitere Bezahlmöglichkeit dar, biete aber keinen Mehrwert. Der einzige Anbieter, der das Bezahlen mit dem Smartphone bis jetzt auf dem deutschen Markt durchsetzen konnte, sei Payback.  „Die Payback-App funktioniert nach dem gleichen System wie Blue Code. Die meisten Läden, in denen man beim Einkauf Payback-Punkte erhält, haben Kassen, die so ausgestattet sind, dass man mit der Payback-App bezahlen kann. Das sind natürlich viel mehr als die Kassen in der Universität.“ Einige Versuche, Apps wie Blue Code auf den Markt zu bringen, seien allesamt gescheitert. Das Problem: „Sie boten dem Nutzer keinen Mehrwert. Doch bei Payback kann man das Punktesammeln mit dem Bezahlvorgang direkt kombinieren. Wer sein Handy herausholt, um Payback-Gutscheine zu aktivieren, kann auch gleich damit bezahlen. Das ist praktisch“, sagt Klotz.

NFC-Chips als Lösung?

Universitäten, die Zeit sparen und Schlangen verkürzen wollen, könnten sich Kartenlesegeräte mit integriertem NFC-Chip anschaffen. NFC steht für „Near Field Communication“ und beschreibt eine bestimmte Art, Daten auszutauschen. Beim Bezahlen mit NFC kann einfach die Bankkarte an das Kartenlesegerät gehalten werden. Bei Einkäufen bis zu 30 Euro muss auch keinen Pin-Code eingeben werden, vorausgesetzt die Bankkarte unterstützt die NFC-Übertragung. Dieses System gibt es schon bei zehn Prozent der deutschen Kartenterminals, beispielsweise bei Aral, Aldi und Lidl. 

Ab 2017: Smartphone statt Portemonnaie

Noch nutzerfreundlicher finden es viele, wenn man nicht die Karte, sondern das Smartphone in fast jedem Laden an den Kartenterminal halten könnte. Das haben die meisten Deutschen sowieso immer dabei. Noch ist dies nicht möglich, außer bei Payback. Doch im nächsten Jahr kommen „Google Pay“ und „Android Pay“ nach Deutschland. Moderne Android-und Apple-Smartphones haben einen integrierten NFC-Chip. Wenn die genannten Apps auf dem deutschen Markt eingeführt werden, haben die Smartphone-Nutzer die Möglichkeit, ihre Kreditkarte in der App als Foto zu speichern. Dann können sie mit dem Smartphone an Kartenterminals mit NFC-Chip bezahlen. 

Das kann die NFC-Technologie sonst noch
 Aber NFC kann nicht nur zum Datenaustausch zwischen Smartphone und (Bezahl-)Terminal genutzt werden, sondern auch zum Datenaustausch von Smartphone zu Smartphone. Hält man zum Beispiel zwei Android-Geräte mit NFC-Chip nebeneinander, werden auf Wunsch Links und Kontakte übertragen. Auch an manchen Fahrscheinautomaten kann schon mit dem Smartphone mit Hilfe der Chip zu Chip-Übertragung bezahlt werden.

Würden Universitäten also die gleichen Schritte gehen wie Aldi, Aral und Co., wäre auch dort das Bezahlen mit modernen Smartphones, sowie das kontaktlose Bezahlen mit der normalen Bankkarte möglich. 

Beitragsbild: Wenke Wensing

 

 

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