Was ist eigentlich dieser „Schicksalstag“?

9. November. Ein Tag wie jeder andere? Absolut nicht. Am 9. November ist in den letzten 100 Jahren so einiges passiert. Das prominenteste Beispiel: Der Fall der Berliner Mauer. Doch auch in den Jahren des Kaiserreichs und der Weimarer Republik spielte der 9. November eine bedeutende Rolle.

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1918: Die Novemberrevolution – das Ende der Deutschen Monarchie

Gedenktafel zur Novemberrevolution in Kiel. Foto: flickr / Arne List

Gedenktafel zur Novemberrevolution in Kiel. Foto: flickr / Arne List

Für uns heute unvorstellbar – damals Realität: 1918 leben die Deutschen unter der Herrschaft von Kaiser Wilhelm II. Er ist der Kaiser, der Deutschland im ersten Weltkrieg führt. Doch während des Krieges verliert der Kaiser an Bedeutung. Er entscheidet sich für eine offensive Kriegsführung und nimmt 1917 nach zwei Jahren den eingestellten „uneingeschränkten U-Boot-Krieg“ wieder auf, woraufhin auch die USA sich gegen Deutschland stellen. Schließlich machen die Vereinigten Staaten die Abdankung des Deutschen Kaisers zur Bedingung für Friedensverhandlungen. Es ist eine Forderung, die auch viele Deutsche befürworten. Die Stimmung im Volk ist aufrührerisch, die Menschen wollen, dass Wilhelm abdankt. Am 9. November 1918 kommt es dann zum Aufstand: Tausende demonstrieren in den Straßen, legen ihre Arbeit nieder. Als Kaiser Wilhelm II. merkt, dass die Zahl seiner Unterstützer immer geringer wird, entscheidet er sich, dem Ruf des Volkes und auch der Regierung nachzukommen, und tritt als Kaiser ab. Die Folgen sind weitreichend – heute noch spüren wir die Konsequenzen. Am 9. November 1918 endet die Deutsche Monarchie – und ebnet den Weg für die Weimarer Republik, die erste parlamentarisch-demokratische Republik in Deutschland.

1923: Der Hitlerputsch – Vom Scheitern des späteren „Führers“

4838957678_aa0a9d8e0c_bAm Abend des 8. Novembers 1923 steigt Adolf Hitler in einer nationalistischen Versammlung in München auf einen Tisch, feuert mit einer Pistole in die Luft und verkündet, dass die „nationale Revolution“ ausgebrochen sei. Er sucht sich Verbündete bei den Nationalisten – darunter General Erich Ludendorff. Ihr Plan ist es, dem Italiener Mussolini nachzutun, in die Hauptstadt zu marschieren und die Macht an sich zu reißen. Doch sie sollen nicht weit kommen: Bei ihrem Marsch durch München werden die Putschisten, die Hitler und Ludendorff mittlerweile für sich gewinnen konnten, von der bayrischen Landespolizei gestoppt. Bei mehreren Schusswechseln um den Münchener Odeonsplatz sterben insgesamt 16 der aufmüpfigen Putschisten. Hitler flieht, wird später festgenommen. Seine Partei, die NSDAP wird daraufhin verboten. Ein Jahr später wird Adolf Hitler aus dem Gefängnis entlassen, zehn Jahre später schreibt er ein großes Stück der Deutschen Geschichte. Leider. 

1938: Die Reichsprogromnacht – ein dunkles Kapitel

Das Judendenkmal in Berlin. In der Reichsprogromnacht und den Tagen danach starben mehrere Hunderttausend Juden. Foto: fickr / Sean Vos

Das Judendenkmal in Berlin. In der Reichsprogromnacht und den Tagen danach starben mehrere Hunderttausend Juden. Foto: fickr / Sean Vos

„Die Jüdische Weltverschwörung“ – so benannte Reichspropagandaminister Joseph Goebbels am 9. November den Anlass zur Progromnacht. Zwei Tage zuvor hatte ein polnischer Jude in der Deutschen Botschaft (wo?) einen NS-Diplomaten erschossen. Als die Öffentlichkeit von dem Attentat erfährt, kommt es im ganzen Land zu Übergriffen auf Synagogen und jüdische Geschäfte. Etwa 1.400 Synagogen werden dabei niedergebrannt, Abertausende Geschäfte und Wohnungen werden in Schutt und Asche gelegt. Es ist eine Art anarchistischer Anschlag auf das Judentum, unterstützt von der damaligen NS-Regierung. In Folge der Reichsprogromnacht werden am 10. November rund 30.000 Juden inhaftiert und in Konzentrationslagern umgebracht. 

1989: Der Mauerfall – die Hoffnung stirbt zuletzt

Hier stand einmal die Berliner Mauer. Foto: flickr / Juan Tamargo

Hier stand einmal die Berliner Mauer. Foto: flickr / Juan Tamargo

Bis zum 9. November 1989 teilt Deutschland die Berliner Mauer. Sie hindert DDR-Bürger an der Einreise in die BRD, sie schottet Osten von Westen ab. In den Jahren seit Ausrufung der DDR ging es bergab mit dem sozialistischen System im Osten, die Lebensqualität sank, immer mehr Menschen wollten in den „reichen“ Westen. Am 7. November 1989 demonstrieren deswegen über eine Million DDR-Bürger friedlich auf dem Berliner Alexanderplatz. Zwei Tage später genehmigt die Regierung Privatreisen in die BRD. Tausende Menschen überqueren noch in der Nacht zum 10. November die Grenzen zum Westen, überfordern die Grenzsoldaten und stürmen Westberlin. Erst ein Jahr später feiert die Bundesrepublik die Wiedervereinigung mit der DDR – doch der Fall der Berliner Mauer war der erste Schritt hin zur Einigkeit.

2015: Ein ruhiger 9. November – wahrscheinlich ist es besser so

Der 9. November 2015 ist ein ruhiger Tag. Als dieser Artikel geschrieben wird, zeigt die Uhr etwa 15 Uhr mittags an. Gestern hat der BVB 3:2 im Revierderby gegen Schalke gewonnen – das war möglicherweise der größte Aufreger der letzten Tage. Und vielleicht ist es auch gut so. Denn heute, am 9. November 2015, fast 100 Jahre nach der Novemberrevolution, 92 Jahre nach dem Hitlerputsch, 77 Jahre nach der Progromnacht und 26 Jahre nach dem Mauerfall in Berlin, befinden wir uns inmitten einer Europäischen Union, die mit Millionen Kriegs- und Wirtschaftsflüchtlingen völlig überfordert ist. Die sich am heutigen Tag möglicherweise einmal die geschichtlichen Geschehnisse vom 9. November anschauen sollte, um zu erkennen, dass wir in unserer jetzigen Situation mehr Zusammenhalt bräuchten als jemals zuvor. 

 

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