Grüner Strom für ganz NRW

Steigende Strompreise, Netzausbau und die Förderung der erneuerbaren Energien: Die Energiewende wird heiß diskutiert. Laut Bundesumweltministerium soll bis 2020 gut ein Drittel unseres Stroms aus erneuerbaren Energien stammen. Das Projektentwicklungsunternehmen juwi strebt die 100-Prozent-Versorgung aus regenerativen Energien an – auch im bevölkerungsreichen NRW. Wie das funktionieren kann und wie die bestehenden Regelungen den Wechsel bremsen, erklärte juwi-Mitarbeiter Björn Klusmann beim Vortrag an der TU Dortmund.

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Den Weg zur grünen Energieversorgung hat Björn Klusmann klar vor Augen.

Den Weg zur grünen Energieversorgung hat Björn Klusmann klar vor Augen. Foto: Anna Behrend, Teaserbild: juwi

Ein Blick in die aktuelle Medienlandschaft lässt vermuten: Der Netzausbau ist das zentrale Problem bei der Energiewende. Björn Klusmann sieht das etwas anders: „Entscheidend ist der Netzausbau schon“, sagt er, „ich halte ihn nur für in seiner Dimension überschätzt.“ Der Anteil an den Kosten der Energiewende sei marginal. Pro Jahr, so Klusmann, werde zehnmal mehr Geld in neue Anlagen zur Energieerzeugung gesteckt, als in den geplanten Netzausbau insgesamt. Außerdem gebe es eine einfache Option, wie man den Ausbaubedarf reduzieren kann: „Wir müssen und können gerade hier im Binnenland Windenergie entwickeln,“ erklärt der Politikwissenschaftler. Für ihn seien Offshore-Parks in der Nord- und Ostsee nicht von zentraler Bedeutung. Seines Erachtens investieren die großen Stromversorger vor allem in solche Projekte, da sie als einzige das nötige Kapital dafür haben und deshalb in diesem Bereich außer Konkurrenz arbeiten können.

Für Klusmann und seine Kollegen ist der dezentrale Ausbau der erneuerbaren Energien der Schlüssel zur Energiewende. Dass dies auch im bevölkerungsreichen Nordrheinwestfalen möglich ist, davon ist der Detmolder überzeugt. In Zukunft sollen in der Nähe von Autobahnen und Bahnlinien verstärkt Solaranlagen gebaut werden. Außerdem, so der Niederlassungsleiter NRW, sei juwi gezielt auf der Suche nach Firmengebäuden, die sich durch ihre große Oberfläche zur Installation von Photovoltaik-Anlagen eignen. Die NRW-Landesregierung plant, zukünftig auch Windräder im Wald aufzustellen. Nach dem aktuellen Kenntnisstand, so Klusmann, seien etwa 10 Prozent der Waldfläche in NRW potentiell für den Bau von Windenergieanlagen geeignet.

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Bioenergie soll die Schwankungen von Wind und Sonne ausgleichen. Foto: juwi

Bioenergie soll die Schwankungen von Wind und Sonne ausgleichen. Foto: juwi

„Das Energieangebot der Erneuerbaren ist groß genug und wir haben die Technologie um das zu nutzen“, sagt Klusmann. „Das große Stromvolumen, egal ob hier in NRW oder anderswo, wird von der Windenergie kommen, zunehmend gefolgt von der Solarenergie“, prognostiziert er. Doch  auch die Bioenergie sei für den Umstieg auf erneuerbare Energien unverzichtbar. Zwar liefere sie weniger Energie, sei aber dafür regelbar. „Zum richtigen Zeitpunkt die richtige Leistung am Netz zu haben ist das Entscheidende“, erläutert der juwi-Mitarbeiter. Die Bioenergie sei also entscheidend, um die Stabilität des Gesamtsystems zu garantieren.

Entwicklungsbedarf sieht Klusmann bei den Speichermöglichkeiten. Diese Frage sei zwar technisch lösbar, aber nicht von heute auf morgen. Zwar gebe es bereits Pump- und Wärmespeicher, wie  man aber Energie über Tage und Monate speichern könne, sei noch nicht abschließend gelöst. Technisch sei es bereits möglich, Energiespitzen aus der Windenergie im Wärmesektor einzusetzen, dafür gebe es bisher aber keine wirtschaftlichen Anreize.

Die Abschaltung der AKWs, so Klusmann, sei bei der Umstellung auf erneuerbare Energien nicht das Problem. Das habe sich bereits während des AKW-Moratoriums im vergangenen Jahr gezeigt. Die Kohlekraftwerke zu ersetzen sei da schon schwieriger, da sie einfach den viel größeren Anteil an der Stromversorgung haben. Der Import von Strom habe sich seit der AKW-Abschaltung zwar verändert, die Importabhängigkeit insgesamt sei aber nicht gewachsen. In der Bilanz ist Deutschland nach wie vor Stromexporteur.

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Rein technisch gesehen, so Klusmann, sei das 100-Prozent-Ziel in den nächsten 30 Jahren zu schaffen. Wann genau es aber de facto erreicht sein wird, will er nicht sagen. Er geht davon aus, dass 2020 mindestens die Hälfte der in Deutschland benötigten Energie aus erneuerbaren Quellen bezogen werden könnte. Laut Bundesregierung, soll der Anteil an erneuerbaren Energien bis zur Mitte des Jahrhunderts auf 80 Prozent anwachsen. Heute beträgt er gerade man 20 Prozent.

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„Die Energiewende ist nicht umsonst zu haben“, sagte Bundesumweltminister Altmaier vergangene Woche im Spiegel-Interview. Durch die finanziellen Zusagen an die Betreiber von Solaranlagen, gebe es einen Kostendruck, der den Strompreis belaste, so der Politiker. Die Rede ist von der so genannten EEG-Umlage (EEG = Erneuerbare Energien Gesetz), mit der die Kosten der Energiewende auf die Verbraucher umgelegt werden sollen. Mit dieser Umlage gibt es jedoch ein Problem, meint Björn Klusmann: Sie berechnet sich aus der Vergütung, welche die Anlagenbetreiber für den Strom bekommen minus den Preis, den der Strom an der Strombörse momentan wert ist. Da Windräder keine Ressourcen, wie z.B. Brennelemente, verbrauchen, kostet mehr Strom nicht mehr.

Wird also viel produziert, kann günstig angeboten werden, mit dem Effekt, dass die zu zahlende Umlage steigt. Da der günstige Strompreis von den Anbietern meist nicht an den Verbraucher weitergegeben wird, zahlt dieser eigentlich zu viel. Je günstiger der Solarstrom, desto höher ist also die EEG-Umlage für die Verbraucher. Ein weiteres Problem sieht Klusmann darin, dass sich externe Kosten, wie z.B. Umweltverschmutzung in den Börsenpreisen des herkömmlichen Stroms nicht wiederspiegeln. „Da müsste man regulatorisch auch noch mal dran arbeiten“, sagt er. Das sei aber nicht trivial, da man dazu den ganzen Energiemarkt umstellen müsse.

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Um eine 100-Prozent-Versorgung zu ermöglichen, so Klusmann, sei es dringend nötig, den so genannten Regelleistungsmarkt für die erneuerbaren Energien zu öffnen. Auf diesem Markt kaufen die Netzbetreiber langfristig Kapazitäten von den Kraftwerksbetreibern ein. Der Betreiber erklärt sich bereit, in einem bestimmten Zeitfenster eine bestimmte Leistung für den Fall eines Engpasses bereitzuhalten. Dafür bekommt er Geld; egal, ob die Leistung wirklich gebraucht wird oder nicht.

Da auf diesem so genannten Regelleistungsmarkt nur große Leistungsblöcke lange im Voraus angeboten werden können, ist er für Betreiber regenerativer Anlagen nur schwer zugänglich. Dabei, so Klusmann, könne die Leistung eines Windrads für den kommenden Tag mit sehr hoher Genauigkeit vorhergesagt werden. Mit kleineren Leistungsblöcken und etwas kurzfristigerer Planung könnte dieser Markt also geöffnet werden. „Dafür müsste keiner mehr für bezahlen, im Gegenteil“, fügt der juwi-Mitarbeiter hinzu. Einen möglichen Grund für die schleppende Entwicklung in diesem Bereich sieht er bei der Interessenlage der alten energiewirtschaftlichen Protagonisten.

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Die neuen Stromtrassen sind vielen Menschen ein Dorn im Auge. Foto: Yummifruitbat

Die neuen Stromtrassen sind vielen Menschen ein Dorn im Auge. Foto: Yummifruitbat

Die neuen Stromtrassen sind vielen Menschen ein Dorn im Auge. Der Bundesumweltminister betonte im Spiegel-Interview, die Energiewende könne nur gelingen, wenn Stromleitungen auch dort gebaut würden, wo die Menschen davon unmittelbar keinen Nutzen haben. Björn Klusmann hält in manchen Fällen den unterirdischen Netzausbau für sinnvoll. Der sei zwar teurer, aber auch akzeptierter. Somit könne man den Ausbau wesentlich schneller vorantreiben. Das Projektentwicklungsunternehmen juwi setzt bei seinen Projekten stark auf die Beteiligung der Bürger und erhofft sich dadurch eine hohe Akzeptanz.  Unter anderem sollen die Menschen vor Ort durch verschiedene Anlage-Modelle am Gewinn beteiligt werden.

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