Schweigen ist Silber, Reden ist Gold

Foto: Hadock/FlickrJeder kennt sie: die peinliche Stille. Der Retter in der Not heißt Smalltalk. Aussagen wie „Draußen ist es aber kalt“ oder „Die Bahn hat ja mal wieder Verspätung“  sind da ein beliebter Einstieg. Welche Themen eignen sich am besten, welche sind tabu und wie fängt man am besten ein Gespräch an? Wir haben einen Smalltalk mit Experten geführt.

Smalltalk – Was ist das eigentlich? Alltagsgespräch, Geplauder, leichte Unterhaltung – eine wirklich treffende Übersetzung gibt es dafür nicht. Dahinter verbirgt sich vielmehr eine meist oberflächliche Unterhaltung über belanglose Themen, die man in der Regel mit Personen führt, die man nicht so gut kennt. Diese banale Gesprächsführung scheint zunächst nicht der Rede wert zu sein – tatsächlich kann ein gelungener Smalltalk aber für einen guten ersten Eindruck und soziale Anerkennung sorgen.

„Sehr reflektierte Leute haben beim Smalltalk häufig eine Blockade, da sie etwas Intelligentes sagen wollen“, erklärt Kommunikationstrainerin Annette Kessler. Was man genau sagt, spielt dabei aber keine große Rolle. Viel wichtiger ist es, eine lockere Beziehung zu seinem Gegenüber aufzubauen. Psychologe Dieter Zittlau betont die „Angst vor Blamage“ – vor allem bei Leuten, die beruflich nicht so viel mit Sprache zu tun haben.

Aber warum ist Smalltalk bei vielen so verpönt, wenn er doch eigentlich als Türöffner fungiert?
Das liege an dem „oberflächlichen Geschwätz“, das viele mit Smalltalk verbinden. Doch mittlerweile ist die leichte Unterhaltung auch auf der Business-Ebene angekommen. Sie gehört zum Warming-Up bei Geschäftsreisen und beruflichen Gesprächen, sagt Annette Kessler.

Grundregeln für den Smalltalk

Positiv und mit einer guten Einstellung klappt der Einstieg viel leichter. Offene Körpersprache und Blickkontakt zählt Annette Kessler zu den Grundregeln eines erfolgreichen Smalltalks. Interesse zeigen, Nachfragen stellen und nicht zu schüchtern auftreten – dann stehe einem „amüsanten Ping-Pong-Spiel“ nichts mehr im Wege.

Den Chef im Café treffen - oh weh oh weh! Foto: eye2eye/Flickr

Den Chef im Café treffen – oh weh oh weh! Foto: eye2eye/Flickr

Bestimmte Themen sind von vornherein absolutes No-Go für einen Smalltalk. Knigge-Expertin Bettina von Oertzen rät, kritische Themen wie religiöse und politische Einstellungen zu meiden. Auch mit Krankheiten und Geld solle man nicht anfangen. Sogar das allseits beliebte Thema Fußball könne zu Unstimmigkeiten und Antipathien führen: Als Schalker sollte man zurzeit also nicht unbedingt mit der guten Tabellenposition prahlen oder als Bayern-Fan von der Herbstmeisterschaft schwärmen, wenn man bei Dortmundern einen guten ersten Eindruck hinterlassen möchte.

Wesentlich unverfänglicher sind dagegen das Universalthema Wetter oder bevorstehende Veranstaltungen wie der Karneval, erklärt Bettina von Oertzen. „Wie war deine Anreise?“ oder „Woher kennst du den Gastgeber?“ eignen sich auch für den Einstieg in ein lockeres und unverfängliches Gespräch. „Da kann nichts passieren.“

Damit die Stimmung nicht kippt, ist ein positiver Start ins Gespräch besonders wichtig. Notorische Nörgler haben es also schwer. Rauszuhören, wie der andere tickt, um so das Interesse seines Gegenübers zu wecken, ist Ziel eines gelungenen Kurzgesprächs.

Alles Übungssache

Generell gilt: Achtung bei der Themenwahl – vor allem in bestimmten Situationen:

Die Eltern des neuen Partners kennenlernen
Der heiße Flirt auf dem Ballermann, die persönliche Karriere als Poledancerin oder der Alltag als Aktfotograf – das sind mit Sicherheit nicht die Themen, die beim ersten Besuch bei den Schwiegereltern in spe angesprochen werden sollten. Ein allzu forsches Auftreten und intime Details preiszugeben, hinterlässt laut Bettina von Oertzen nicht den besten Eindruck. Von sich zu erzählen, sei natürlich angebracht, solange man dabei bei Themen wie Uni oder Arbeit bleibe. Auch nach der Kindheit des neuen Schatzes nachzufragen, kommt gut an: Wann verlor er oder sie den ersten Milchzahn oder lernte Fahrradfahren? Solche Themen lockern nicht nur die angespannte Atmosphäre, sondern bauen sogar ein Verhältnis zu den Eltern auf. Und man erfährt vielleicht sogar noch ein paar spannende Insider-Infos.
Den Chef in der Kneipe treffen
Wichtig hier: die Hierarchie. Ein kurzes Nicken, ruhig und diskret zu erkennen geben, dass man den Vorgesetzten wahrgenommen hat, und dann auf die Reaktion des Chefs warten, empfiehlt Bettina von Oertzen. Sollte sich der Vorgesetzte auf einen Smalltalk einlassen, sei die Themenwahl nicht ganz einfach. „Der letzte Geschäftsbericht war aber nicht so positiv“ und darauf folgt ein verhaltenes Zucken des Chefs – dann war das mit Sicherheit nicht das richtige Thema. Aber auch „Wie viele Bier hatten Sie denn schon?“ zeugt nicht von besonders viel Diskretion. Berufliches oder Privates? Ein gesunder Mittelweg aus beidem ist angesagt. Schließlich sieht man sich ja in der nächsten Woche im Büro wieder und sollte ein unangenehmes Aufeinandertreffen dort möglichst vermeiden.
Als Unbekannter auf einer Party, auf der sich alle anderen kennen
Diskussionen über den verwirrten Professor oder die letzte Geburtstagsparty eines ehemaligen Klassenkameraden – alle auf der Party kennen die angesprochenen Personen. Nur du sitzt daneben und verstehst nur Bahnhof? „Eine unangenehme Situation“, findet die Knigge-Expertin. Aber dann kommt dein Moment, und zwar, wenn alle anderen Luft holen. Gemeinsamkeiten aus dem angeregten Gespräch der anderen herauszuhören, sei dafür Grundvoraussetzung. Da kann schon ein gemeinsamer Urlaubsort der Anstoß für einen Smalltalk bieten: „Im Park Güell in Barcelona war ich auch letzten Sommer. Da kann man sich richtig schön sonnen.“ Mit ein bisschen Interesse und Feingefühl schafft man es, den richtigen Moment zu nutzen und sich auch einmal in das Gespräch einzubringen.

 „Üben, üben, üben“ – Smalltalk kann jeder lernen, sind sich Annette Kessler und Dieter Zittlau einig. Schon an der Wursttheke beim nächsten Supermarktbesuch kann die Verkäuferin das nächste Trainingsobjekt sein. Und das lohnt sich auch, im Privaten und Beruflichen: Bei Geschäftsreisen ist ein gesunder Smalltalk nämlich oft wichtig, um Kontakte zu knüpfen. Was zählt, ist die innere Einstellung – „Ich interessiere mich für dich!“

Teaserfoto: hadock/Flickr

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