Studienplatzklage: Wenn der NC nicht ausreicht

Kommentar: Studienplatzklagen sind die Folge eines Systemfehlers

Klar kann man sich darüber aufregen, wenn sich Kommilitonen ins Studium einklagen. Selbst musste man für den NC büffeln, bis einem der Abistoff zu den Ohren rauskam – und dann kommt einfach einer daher und schleust sich über die Abkürzung „Anwalt“ in die Uni ein.  Man kann es auch unfair finden, weil nicht jeder Schulabgänger Eltern hat, die ihm das bezahlen können. All diese Argumente gegen eine Studienplatzklage erscheinen auf den ersten Blick gerechtfertigt – das eigentliche Problem liebt aber ganz woanders.

In nahezu allen Fächern ist die einzige oder zumindest wichtigste Voraussetzung, einen bestimmten Notendurchschnitt mitzubringen. So wird also ein angehender Bauingenieur abgewiesen, weil er in Geschichte und Französisch nur ein „ausreichend“ auf dem Zeugnis stehen hat und das seinen Schnitt runterzieht. Dass er in Mathe und Physik durchgehend sehr gute Leistungen erbracht hat, interessiert da niemanden. 

Wo ist da der Sinn? Brauchen wir Ingenieure, die uns ihre Arbeit perfekt auf Französisch erklären und nebenbei die deutsche Geschichte vom Kaiserreich bis zur Wende aus dem Eff Eff aufsagen können? Dass das Unsinn ist, dürften selbst die Zulassungsstellen der Hochschulen einsehen. Es ist ein Fehler im System, der die Studienplatzklagen überhaupt erst in Gang gebracht hat.

„Softskills“ müssen wichtiger werden

Fachspezifische Fähigkeiten, wie beispielsweise besonders gute naturwissenschaftliche Kenntnisse oder ein gewisses Sprachniveau, müssen eine viel größere Rolle spielen. Auch soziale Kompetenzen oder ehrenamtliches Engagement, die sogenannten „Softskills“, sollten bei der Studienzulassung ein viel größeres Gewicht bekommen. Die lassen sich aber nicht an einer einzigen Kommazahl ablesen. Dafür brauchen die Hochschulen Personal, das Einzelgespräche führt oder zumindest zusätzlich zum Zeugnis einen Lebenslauf anfordert (und auch liest!).

Diese erweiterten Kriterien bei der Studienplatzvergabe könnten ein Gegengewicht zum NC schaffen. Dann würden auch solche Absurditäten vermieden werden, dass ein Abiturient mit einem Schnitt von 1,4 keine Chance auf ein Medizin-Studium hat. Gerade die „Softskills“ sind elementar für angehende Ärzte. Ein gutes Abiturzeugnis allein macht schließlich noch lange keinen guten Mediziner.

Bis sich bei dem Auswahlverfahren endlich etwas ändert, werden diejenigen, die es sich leisten können, munter weiter klagen. Auch, weil viele Masterplätze fehlen. Diese sind für viele Brufe aber unbedingt notwendig. Die einzigen, die derzeit von dem Fehler im System profitieren, sind die Anwälte – sie können sich vor Aufträgen kaum retten. 

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