Leguan Leo auf Männchenfang

Ob aus Spaß an der Sache oder zur Stärkung der Gruppe – homosexuelles Verhalten gibt es auch im Tierreich. Die Bonobos schaffen Frieden durch Sex, schwule Pinguin-Pärchen adoptieren Nachwuchs, männliche Löwen vergnügen sich mit ihren Konkurrenten, um sich ihrer Loyalität zu versichern. Und dann ist da noch Leguan Leo, auch ‚Gayluan‘ genannt, der einfach nur auf Männchen steht.

Er ist ein wirklich hübsches Kerlchen, eine grünlich schimmernde Augenweide mit nur einer Besonderheit – Leguan Leo ist schwul. Statt die reizenden Leguandamen in seiner Umgebung zu beglücken, vergnügt er sich lieber mit seinen gleichgeschlechtlichen Artgenossen. Sichtet er ein attraktives Männchen, plustert er sich auf, nickt mit dem Kopf und beißt seiner Liebschaft zärtlich in den Nacken – ein Verhalten, das er eigentlich nur bei Weibchen zeigen sollte.

Leguan Leo ist gerade ganz einsam - sein Partner Jack ist erkältet und bleibt daheim. Foto: Lisa Weitemeier

Leguan Leo ist gerade etwas einsam - sein Partner Jack ist erkältet und bleibt daheim. Foto: Lisa Weitemeier

Eine Weile lang hat Adel Hein, Geschäftsführer der Reptilienausstellung „Welt der Reptilien“ Leos Treiben etwas verwundert beobachtet. „Warum macht er das eigentlich nur beim Männchen?“, fragte er sich und schloss daraus, Leo habe wohl eher einen Hang zu männlichen Geschlechtspartnern: „Und so kam ich dann irgendwann auf die Idee: Leo ist kein Leguan, sondern ein Gayluan.“

Kein treues Kerlchen

Weibchen gegenüber verhält sich Leo äußerst aggressiv, hin und wieder attackiert er sie gar. Für Sex mit seinen weiblichen Artgenossen ist der Leguan ganz und gar nicht zu haben – er straft sie mit purer Gleichgültigkeit und Ignoranz. Ganz anders ist er bei Männchen – da wirbt er plötzlich, macht auf sich aufmerksam und versucht, sie zu begatten. Das stößt bei seinen potentiellen Liebhabern allerdings nicht immer auf Wohlwollen.

Abgesehen von seiner homosexuellen Neigung verhalte sich der „Gayluan“ aber nicht anders als die anderen Leguan-Männchen, erklärt Hein: „Er ist sehr lieb und sehr zugänglich. Manchmal hat er so seine Phasen, da ist er ein bisschen wild und will nur das, was er will.“

Zurzeit ist Leo übrigens vergeben an Leguan Jack. Der ist allerdings momentan erkältet und wird zu Hause mit warmen Bädern gesund gepflegt, während Leo mit „Welt der Reptilien“ durch die Republik reist. Jack sollte nur ein bisschen aufpassen – Leguan Leo widmet seine Liebe grundsätzlich all seinen männlichen Artgenossen.

Homosexualität bei fast allen Arten?

"Make love, not war" ist das Motto der Bonobos. Foto: Irene2005/flickr.com

"Make love, not war" ist das Motto der Bonobos. Foto: Irene2005/flickr.com

Neben dem „Gayluan“ vergnügen sich auch andere Tierarten hin und wieder mit gleichgeschlechtlichen Sexualpartnern. Wie viele Arten das genau sind, ist derzeit nicht genau bekannt. Laut Petter Bøckman, dem wissenschaftlichen Leiter der Ausstellung „Wider die Natur?“ im Naturkundemuseum von Oslo, die sich im Jahre 2007 der Homosexualität bei Tieren widmete, konnten bei 1.500 Tierarten solcherlei Neigungen beobachtet werden. Nur bei 500 Arten seien diese Beobachtungen allerdings gut dokumentiert. Evolutionsbiologen der UC Riverside definieren Homosexualität gar als nahezu universelles Phänomen, das bei fast allen Spezies üblich sei.

So hat auch der Löwe, der König der Tiere, hin und wieder einen Hang zu homosexuellen Kontakten. Vor allem mit seinen Brüdern vergnügt er sich des Öfteren, um die Bindung zu ihnen zu stärken und so gemeinsam das Rudel anzuführen.

Frieden durch Sex

Besonders weit verbreitet ist die gleichgeschlechtliche Liebe aber bei den Bonobos, den Zwergschimpansen. Die haben allerdings nicht nur zum Vergnügen miteinander Sex, erklärt die Biologin Sabine Haas, Sprecherin der Zoom Erlebniswelt in Gelsenkirchen:  „Da dient Sex der sozialen Kontaktpflege oder dem Abbau von Spannungen, die in der Gruppe aufgebaut sind.“ So habe eine Bonobo-Frau etwa mit einer anderen Bonobo-Frau Sex, um gut in der Hierarchie dazustehen, um irgendwelchen Streitereien vorzubeugen oder, wenn es schon zu spät ist: als Versöhnungssex danach.

Getreu dem Motto „Make love, not war“ treibt es bei den Bonobos also jeder mit jedem. Männchen mit Männchen, Weibchen mit Weibchen und Männchen mit Weibchen, ja sogar Kinder mischen mit. Regelrechte Sex-Orgien werden gefeiert – und das mitunter mehrmals täglich. Allerdings unterscheide sich der Sex bei den Bonobos deutlich von dem beim Menschen, erklärt Haas: „Sex ist da eher so wie Händeschütteln bei uns Menschen. Nach dem Streit schütteln wir uns die Hand, und die machen halt Sex.“

<br /><br /> Traute Zweisamkeit genießen auch die schwulen Pinguine und suchen sich einen festen Partner fürs Leben. Foto: Danielle Pereira/ flickr.com

Traute Zweisamkeit genießen auch die schwulen Pinguine und suchen sich einen festen Partner fürs Leben. Foto: Danielle Pereira/ flickr.com

Sowohl bei hetero- als auch bei homosexuellen Pinguinen ist das allerdings anders. Die gehen nämlich Einehen ein und suchen sich einen festen Partner fürs Leben. Im Bremerhavener Zoo hat ein schwules Pinguin-Pärchen vor zwei Jahren sogar Nachwuchs bekommen. Die beiden Männchen haben ein elternloses Ei „adoptiert“, es abwechselnd ausgebrütet und das Kleine dann gemeinsam großgezogen.

Auch Delfine wagen hin und wieder homoerotische Abenteuer. Bei Flipper und seinen Freunden gibt es nämlich das sogenannte „Tandemschwimmen“. Da steckt die eine Delfin-Dame ihre Rückenflosse in den Genitalschlitz der anderen. Das männliche Pendant: Der eine Delfin penetriert das Atemloch seines Partners mit seinem Geschlechtsteil.

Nur in Zoos?

Bleibt aber noch die Frage, wie weit verbreitet Homosexualität in der Tierwelt wirklich ist – ob es tatsächlich ein Phänomen ist, das auch in freier Wildbahn auftritt oder ob es sich eher auf die in Zoos lebenden Tiere beschränkt. Das Problem: Bei frei lebenden Tieren gibt es hierzu meist nur anekdotische Beobachtungen.

Die Biologin Sabine Haas führt homosexuelles Verhalten eher auf den Mangel an adäquaten Geschlechtspartnern zurück: „Ich denke, dass Homosexualität bei Tieren in der Natur eher nicht so häufig vorkommt und dass es eher ein Phänomen ist, das in zoologischen Gärten, in Menschenhand vorkommt, wenn der „richtige“ Sexualpartner fehlt.“

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