Duell: „Wetten dass“ ohne Gottschalk?

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Am Samstagabend nahm Thomas Gottschalk Abschied von „Wetten, dass…?“. Nun fehlt der Wettshow, dem ZDF-Quoten-Zugpferd, ein kompetenter Moderator, der sowohl die Show und die Gäste als auch die Wetten und sein Publikum im Griff hat. Noch ist nicht bekannt, wer Gottschalk-Nachfolger wird. Soll das ZDF „Wetten, dass…?“ ohne den Langzeitmoderator überhaupt weiter führen?

PRO CONTRA
Achtstellige Zuschauerzahlen, Traumquoten zwischen 30 und 50 Prozent – „Wetten, dass…?“ist die Unterhaltungssendung im deutschen Fernsehen. Auch wenn die Quotenkurve zuletzt stetig nach unten zeigte und jetzt auch noch Thomas Gottschalk abtritt – unabhängig vom Nachfolger darf das Flaggschiff des deutschen Fernsehens nicht untergehen.

Die M-Frage

Denn „Wetten, dass…?“ stand schon einmal auf der Kippe. Als der als unverzichtbar geltende Showmaster Frank Elstner im Jahr 1987 seine Abschiedsvorstellung als Moderator gab, war die Sendung mindestens so angezählt wie heute. Doch der bis dahin noch nicht allzu etablierte Thomas Gottschalk machte das Format zum erfolgreichsten der deutschen Fernsehgeschichte. Heute ist die Situation ähnlich: Ohne Gottschalk geht nichts, denken die meisten. Ohne den Blondschopf kann sich die Sendung kaum einer vorstellen. Dabei gibt es in Deutschland eine Fülle junger und ambitionierter Moderatoren, die die Sendung übernehmen könnten.

Phönix aus der Asche

Gottschalks Fußstapfen sind zwar groß, doch sein Erfolg beruht alleine auf der Tatsache, dass das Sendekonzept komplett auf ihn ausgerichtet war. Bei einem entsprechenden Umbau des Formats sollte es für die Macher des ZDF kein Problem sein, einen oder zwei Moderatoren zu finden, die „Wetten, dass…?“ neues Leben einhauchen.

Gottschalks Abschied ist auch eine Chance:Seit fast 25 Jahren führt immer derselbe Moderator durch die Sendung, da kommt Langeweile auf. Logischerweise entwickelten sich die Zuschauerzahlen in den letzten fünf Jahren konstant nach unten. Jetzt hat das ZDF die Möglichkeit, die Sendung komplett zu reformieren und die Marke trotzdem zu retten und zu altem Glanz zurückbringen.

Bastion gegen das Trash-TV

Man muss auch das Potenzial bedenken, das das Format mit sich trägt: Gottschalks Abschiedssendung sahen 40 Prozent der deutschen Fernsehzuschauer. Alleine der Name „Wetten, dass…?“ steht seit inzwischen 30 Jahren für Qualität im deutschen Fernsehen – und das auch noch im Zeitalter von Castingshows und Scripted Reality. Mit der Wett-Show ist das ZDF der letzte Sender, der Dieter Bohlens samstäglichem Verblödungsprogramm noch ernsthaft die Stirn bieten kann. Wir zahlen immerhin Gebühren dafür, dass der Fremdschäm-Titan nicht die Alleinherrschaft über unser Fernsehprogramm an sich reißt.

Wenn das ZDF die Sendung absetzt, sage ich: Gute Nacht, deutsches Fernsehen. Ich glaube, die Sendung funktioniert auch ohne Gottschalk. Wetten, dass…!?

Nein, auf keinen Fall. Irgendwann muss auch einmal Schluss sein. 30 Jahre „Wetten, dass….?“, davon alleine 24 Jahre mit Thomas Gottschalk – das reicht. Die letzte „Wetten, dass…?“-Show am Samstag sollte ein würdiger Schlusspunkt hinter diesem Stück Fernsehgeschichte sein. Denn die hat „Wetten, dass…?“ zweifelsohne geschrieben. Doch das auf Gottschalk zugeschnittene Format hat sich überlebt.

Ohne Gottschalk? – Ohne Quote!

Eine „Wetten, dass…?“-Show ohne Thomas Gottschalk ist unvorstellbar. Zu fest ist sein blonder Lockenschopf mit der Show verbunden. Zu fest auch die Bindung des Publikums an fast ein Vierteljahrhundert gute Samstagabendunterhaltung mit ihrem Tommy. Reißt das ZDF diese Verbindung mit Zwang und setzt dem „Wetten, dass..?“-Publikum einen neuen Moderator vor, ist das Ergebnis vorhersehbar. Die meisten werden sich noch an die kläglichen Moderations-Versuche von Wolfgang Lippert Anfang der 1990er erinnern. Damals wollte Gottschalk schon einmal aufhören, Lippert sprang ein. Nach neun Shows holte das ZDF Gottschalk wieder auf die Moderationscouch.

Radikalkur als Lösung?

Manche fordern einen Umbau der Show: Austausch der Kulissen, der Gäste, des Publikums – am Ende wohl noch der Verzicht auf die Wetten. Was wäre „Wetten, dass…?“ nach einem solchen Relaunch noch? Nicht viel mehr als eine schleichende Anpassung der Öffentlich-Rechtlichen an „Schlag den Raab“. Die Holzhammer-Methode wird das Konzept der Sendung nicht retten.

Daher muss es dann wohl der neue Moderator richten. Wer kann eine Show dieses Formats moderieren? Die Frage muss wohl eher lauten: Wer hat dem ZDF noch nicht abgesagt? Die Liste derer ist lang, die als Favoriten gehandelt wurden und sich doch klug gegen einen „Wetten, dass…?“-Vertrag entschieden haben: Kerkeling, Lanz, Pilawa und am Sonntag dann auch Günter Jauch. Sie alle wissen, warum sie abgelehnt haben: Jeder, der Gottschalk nachfolgt, wird an ihm gemessen werden. Den Vergleich werden die Herren aber nicht bestehen können. Die Alternative: Eine Frau oder ein Moderationsgespann. „Wetten, dass…?“ wäre dennoch nicht mehr das, was wir als Publikum kennen und lieben gelernt haben.

Wenn es am schönsten ist, soll man aufhören

Besser kann es auf keinen Fall werden. Ob das ZDF sein Flagschiff ohne Gottschalk absetzen wird, liegt leider nicht in Publikumshand. Bis zu einer endgültigen Entscheidung werden wir uns an viele wunderbare, familientaugliche Samstagabende erinnern, zu denen uns Thomas Gottschalk im Fernsehen eingeladen hat. Nach ihm die Sintflut. Top, die Wette gilt!

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Foto: stockxchng/bizior, Montage: Steinborn/Patzwald, Teaserfoto: pixelio.de/Gerd Altmann/Carlsberg 1988

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