Twitter – das bessere Facebook

Facebook nervt. Und ich kann ihm immer weniger abgewinnen.

Klar wurde mir das zuletzt durch ein geändertes Profilbild, das stellvertretend für einen Narzismus steht, der bei Facebook langsam überhand nimmt. 79 Personen gefällt das. Mir nicht. Weder das Foto noch die Kommentare dazu: “Du bist so hübsch, meine Süße!” – “Topmodel!♥” – “Hübsches Ding!” – “Süüüüüüüß :)”.

Twitter als infromativere und interaktivere Alternative

In Zeiten, in denen sich manche scheinbar nur noch über die Selbstbestätigung in Form von “Likes” definieren – und vielleicht ein gesteigertes Selbstwertgefühl nur einen Klick weit entfernt ist – muss es doch eine Alternative geben.

Die gibt es: Twitter. Ich bin großer Twitter-Fan und verstehe ehrlich gesagt nicht ganz, warum sich Twitter im Vergleich zu Facebook noch verhaltener Beliebtheit erfreut. Wie, Du kennst Twitter nicht?

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Twitter ist gleichzeitig ein Online-Kurznachrichtendienst, ein soziales Netzwerk und eine Kommunikationsplattform. Es beschränkt sich auf simple 140 Zeichen und das Interesse des Nutzers. Wenn sich bei mir zum Beispiel alles um Fußball dreht, dann folge ich einfach meinem Lieblingsverein. Das macht die ganze Sache informativer und interaktiver. Und es bietet auch mehr Service. Hier ein Beispiel für das Champions League Spiel gegen Marseille vom vergangenen Dienstag:

Oder angenommen, ein politisch Interessierter möchte seine Meinung zu einem Talkshow-Auftritt eines Politikers kundtun, zum Beispiel während „Anne Will“ im Fernsehen läuft. Mit einer Raute vor dem Namen der Talkshow macht er ihn zu einem „Hashtag“, also einem Schlagwort:

„Konnte dich nie leiden, willste mein Facebook-Freund sein?

Das macht das Handling von Twitter viel angenehmer. Ein weiterer Pluspunkt: Die Nutzer folgen sich einfach gegenseitig und müssen nicht auf Freundschaftsanfragen und damit verbundene Unanehmlichkeiten zurückgreifen.“Du hast meine Freundschaftsanfrage noch immer nicht beantwortet!” Herrlich! Wer wurde noch nicht mit dieser Frage konfrontiert? Und weil alle alles mitbekommen und auf dem neusten Stand bleiben wollen, werden weiter kräfitg Freundschaftsanfragen versendet.

Dabei werden persönliche Sympathien schon mal hinten angestellt. „Konnte dich nie leiden, willste mein Facebook-Freund sein?“ Diesen latenten Druck unbeantworteter Freundschaftsanfragen gibt es bei Twitter nicht. Übrigens: Über die Bedeutung des Wortes Freund bzw. Freundschaft bei Facebook kann man sich trefflich streiten. Findet auch Serdar Somuncu.

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Auf Facebook tummeln sich viele Promis, Politiker, Fußballer und Musiker – vielleicht sogar mehr als bei Twitter. Leider gehen ihre Postings meistens wahlweise in einer regelrechten Flut aus Kommentaren à la “Like this page!” oder “Du bist scheiße!” unter. Zudem nimmt die (zumeist auf Userinteressen zugeschnittene) Werbung bei Facebook allmählich überhand. Blödsinn ist dafür manchmal noch untertrieben: “10 KG Muskelmasse bzw. Bikinifigur in nur 2 Tagen!“ Ehrlichjetzt, no fake!

Und apropos Blödsinn: Den gibt es bei Twitter auch. Ich kann nur darauf einwirken, wie viel mir davon aufgetischt bekommen will. Wer so etwas gerne mag, der muss einfach Boris Becker oder Oliver Pocher folgen. Das sollte genügen.

Angst, etwas zu verpassen

Warum bin ich eigentlich noch bei Facebook, obwohl mich dort so viele Sachen stören? Warum lösche ich meinen Account nicht? Warum diese Kontroverse? Dazu müsste ich wohl einen Psychologen befragen.

Meine pflichtlektuere.com-Kollegin Janina Semenova schrieb kürzlich in einem Artikel über den Facebook-Hype bei Kindern und Jugendlichen vom “Zwang, cool zu sein”. Vielleicht gilt das in abgeschwächter Form auch für junge Erwachsene. Vielleicht ist es hier auch eher die Angst, etwas zu verpassen, anstelle des Coolness-Zwangs. Oder bei mir die Angst, nichts mehr zu haben, worüber es sich aufzuregen lohnt.

Durch den Narzissmus, dem latenten Druck unbeantworteter Freundschaftsanfragen und die überbordende Werbung gehen die Vorteile von Facebook unter. Nirgendwo sonst kann man sich in Gruppen organisieren, zum Beispiel bei Fragen zur Uni oder beim Planen und Erstellen von Veranstaltungen. Ich habe allerdings einen Lösungsvorschlag: Wer wirklich der ganzen Welt zeigen muss, wie hübsch und toll er oder sie ist, der kann einfach Instagram nutzen. Da weiß man wenigstens direkt was einen erwartet – nämlich ein soziales Netzwerk, das nur auf (User-)Fotos basiert. Da bekommen bestimmt auch 79 Likes zusammen. Und ich werde mich nicht aufregen. Versprochen.

Teaserfoto: Slava Murava Kiss / flickr.com

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