Brasiliens bester Rohstoff: Fußballspieler

Das sagt die FIFA
Im Fußball wird zu viel moderne Sklaverei betrieben.Sepp Blatter über das Geschäft mit Fußballspielern

Internationale Transfers fallen unter den Verantwortungsbereich der FIFA. Sie bestimmt, was erlaubt ist und was nicht. Alle Vereine und Verbände müssen sich an das „Reglement bezüglich Status und Transfer von Spielern“ halten. Bei Regelverstößen kann die Disziplinarkommission der FIFA Sanktionen über den betroffenen Verband oder Verein verhängen.

Wenn man ein Kind oder seine Eltern dafür bezahlt, dass es einen Ozean überquert, es kulturell entwurzelt, es seiner wichtigen Bezugspersonen beraubt, dann nenne ich das Kinderhandel.Michel Platini

Grundsätzlich gilt bei der FIFA: Ein Spieler darf ab dem Alter von 16 Jahren einen Vertrag unterschreiben, aber erst mit 18 Jahren im Ausland. Das bedeutet also, dass ein Spieler nur dann ins Ausland wechseln kann, wenn er mindestens 18 Jahre alt ist. Wer dagegen verstößt, erhält keine Spielgenehmigung.

Ausnahmen

Natürlich gibt es auch für diese Regel Ausnahmen, sonst wären Erfolgsgeschichten wie die von Neymar wohl nie möglich gewesen.

1. Ausnahme: Die Eltern ziehen um
Wenn die Eltern des Spielers in ein neues Land ziehen, verlässt auch das Kind sein Heimatland und darf dementsprechend in einen Verein im Ausland wechseln. Allerdings darf der Grund für den Umzugs nichts mit dem Fußballsport zu tun haben.
2. Ausnahme: Transfer innerhalb der EU
Der Wechsel findet innerhalb der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) statt, und das Alter des Spielers liegt zwischen 16 und 18 Jahren. In diesem Fall darf der Spieler über internationale Grenzen hinaus den Verein wechseln. Allerdings muss der neue Verein einige Mindestverpflichtungen gewährleisten:
1. Mindestverpflichtung
Der Verein muss für eine angemessene fußballerische Ausbildung und/oder entsprechendes Training des Spielers gemäß den höchsten nationalen Standards sorgen.
2. Mindestverpflichtung
 Der neue Verein muss dafür sorgen, dass der Spieler zusätzlich zur fußballerischen Ausbildung eine akademische oder schulische Ausbildung oder eine berufliche Aus- oder Weiterbildung bekommt. In jedem Fall muss die Ausbildung dem Spieler ermöglichen, nach dem Ende seiner Profikarriere eine Tätigkeit abseits des Fußballs auszuüben.
3. Mindestverpflichtung
 Der Verein muss dafür sorgen, dass der Spieler bestmöglich betreut wird. Dazu gehören zum Beispiel eine gute Wohnsituation bei einer Gastfamilie oder in einer Unterkunft des Vereins und die Ernennung einer Ansprechperson im neuen Verein.
4. Mindestverpflichtung
 Der neue Verein muss bei der Registrierung des Spielers dem zuständigen Verband den Nachweis vorlegen, dass alle Bedingungen erfüllt sind.
3. Ausnahme: Transfer ins Nachbarland
Der Spieler wohnt höchstens 50 Kilometer von der Landesgrenze entfernt, in dem sein neuer Verein liegt und dieser Verein ist ebenfalls nur 50 Kilometer von der Grenze entfernt. Die Distanz zwischen dem Wohnort des Spielers und dem neuen Verein darf also nur 100 Kilometer betragen. Dann kann der Spieler weiterhin zu Hause wohnen und darf bei einem Verein im Ausland spielen. Mit diesem Vorgehen müssen beide beteiligten Verbände einverstanden sein.
Jeder dieser Transfers muss vorher bei der FIFA gemeldet werden. Ein Ausschuss entscheidet dann darüber, ob der Transfer regelkonform ist und stellt erst dann einen internationalen Freigabeschein aus. Natürlich lässt sich darüber streiten, ob diese Regeln ausreichen, um den illegalen Transfer von Minderjährigen zu verhindern. Gerade die erste Ausnahme scheint leicht ausnutzbar. Denn wenn ein europäischer Verein einen minderjährigen Spieler unbedingt haben möchte, lässt es sich bestimmt einrichten, einen Job für Vater oder Mutter zu organisieren.

Das ist wie auf einem Fleischmarkt.Clarence Seedorf über den Spielerhandel

Die Ausbildungsentschädigung

Um die Regeln der FIFA zu umgehen, zahlen einige Klubs statt der üblichen Ablösesumme eine "Ausbildungsentschädigung" für den neuen Spieler. Die Ausbildung eines Spielers findet laut der FIFA zwischen 12 und 23 Jahren statt. Die Ausbildungsentschädigung bekommen frühere Vereine, die einen Spieler ausgebildet haben, sobald der seinen ersten Profivertrag unterzeichnet und ab dann bei jedem Transfer bis er 23 Jahre alt wird. In manchen Fällen wird also die Ablösesumme, die bei Transfers von volljährigen Spielern gezahlt wird, als Ausbildungsentschädigung getarnt.
 
Ausnahmen
 
Auch für die Ausbildungsentschädigung gibt es Ausnahmen. Allerdings kann keine dieser Ausnahmen dazu ausgenutzt werden, einen eigentlich zu jungen Spieler zu "kaufen". Denn die Pflicht, eine Ausbildungsentschädigung zu zahlen entfällt nur,
  • wenn der ehemalige Verein den Vertrag mit dem Spieler ohne triftigen Grund aufgelöst hat,
  • wenn der Profi bei seinem Wechsel reamateurisiert wird, er also von da an wieder den Status eines Amateurs hat,
  • wenn der Spieler zu einem Verein der Kategorie 4 transferiert wird.
Kategorien für die Ausbildungsentschädigung
Jeder Fußballverband wird von der FIFA in eine Kategorie von I-IV eingeteilt. Verbände der Kategorie I müssen dabei die höchste Ausbildungsentschädigung (90.000 Euro) zahlen, da sie zu den reichsten Verbänden gehören. Unter Kategorie I fallen zum Beispiel die 1. Bundesliga, die Premier League und die brasilianische Série A. In der zweiten Kategorie werden 60.000 Euro, in der dritten 30.000 und in der vierten Kategorie 10.000 Euro fällig. Die Tabelle der FIFA mit den Einteilungen in die vier Kategorien gibt es hier.

Trotz dieser Regeln gehört der illegale Transfer von Talenten in Verbänden auf der ganzen Welt zur Tagesordnung. Nur selten geht die FIFA tatsächlich dagegen vor. Berühmtestes Beispiel ist der Fall Lionel Messi. Als Kind wurde bei ihm ein Hormonmangel festgestellt und die Eltern fanden keinen argentinischen Verein, der seine Behandlung bezahlen wollte. Also nahmen die Eltern ihn mit nach Spanien, um dort Geld für die Behandlung zu verdienen. Durch den Einsatz von Bekannten spielte Messi beim FC Barcelona vor. Barça wollte ihn sofort übernehmen. Also gab der FCB Messi einen Platz in ihrem Fußballinternat "La Masia" und übernahm seine Behandlungskosten. Der Rest ist Geschichte.

Nach Lionel Messis steilem Karrierestart gab es viele Diskussionen darüber, ob der Transfer so hätte stattfinden dürfen. Aber die FIFA sagte nichts. Erst in diesem Jahr entschied sie sich, ein Zeichen zu setzen. Anfang des Jahres verhängte die FIFA eine einjährige Transfersperre über den spanischen Klub. Begründung: Die Katalanen sollen zehn Minderjährigen-Transfers in den Jahren 2009 bis 2013 getätigt haben. Mittlerweile ist das Urteil zwar vorläufig aufgeschoben worden. Aber die Aktion hat die Debatte über den Talenthandel wieder angefacht.

Ein Kind zu bezahlen, damit es gegen einen Ball tritt, unterscheidet sich kaum davon, ein Kind zu bezahlen, am Fließband zu arbeiten. In beiden Fällen handelt es sich um die Ausbeutung von Minderjährigen.Michel Platini

Teaserfoto: cassimano/flickr.com

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