Brasiliens bester Rohstoff: Fußballspieler

Nachwuchsspieler: Ein lukratives Geschäft
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Neymar im Trikot des FC Barcelona – ein Vorbild für viele brasilianische Jugendliche. Foto: Marc Puig i Perez / flickr.com

Junge Talente finden, ausbilden und mit Gewinn verkaufen: Eine wirtschaftliche Strategie, die Profivereinen in Brasilien viel Geld einbringt. Sie behalten häufig noch Anteile an den Spielern und profitieren so von steigenden Ablösesummen aus späteren Verkäufen – oder lassen sich eben diese Anteile für viel Geld von europäischen Fußballvereinen abkaufen. So bezahlte der FC Bayern München für den Abwehrspieler Breno im Jahr 2007 rund 12 Millionen Euro. Seine Ausbildung bei São Paulo hatte laut Angaben des dortigen Jugendtrainers José Carlos Silva gerade einmal 80.000 Euro gekostet: „Von dem Gewinn könnten wir einige neue Rasenplätze bauen. Er refinanziert uns die Nachwuchsförderung.“

Ein profitables Geschäft, an dem auch Agenten und Berater gut verdienen. Und längst investieren nicht nur brasilianische Fußballvereine in zukünftige Stars. Im ganzen Land gibt es spezielle Fußballschulen, in denen Jugendliche trainieren und sich entfalten können. Solch eine betreibt der ehemalige brasilianische Nationalspieler Carlos Roberto. Sie heißt „CR Promocoes“, frei übersetzt: „Sonderangebote von Carlos Roberto“. In einer Phönix-Reportage sagte er: „Zuerst säen wir, dann ernten wir, und schließlich verkaufen wir unser Produkt auf dem Markt. Direkt auf den Tisch des Verbrauchers. Unser Hauptabsatzmarkt ist Europa.“
Die größte und professionellste Fußballschule Brasiliens, die Academia de Futebol Traffic, steht in Porto Feliz im brasilianischen Bundesstaat São Paulo.

Academia de Futebol Traffic
Deportivo BrasilBetreiber ist die Marketing- und Spielervermittlungsagentur Traffic. Wer es hierhin schafft, dem stehen sieben Fußballfelder, Fitnessräume, Englischunterricht, Ernährungsberatung, eine Bibliothek und ein Team aus Medizinern und Psychologen zur Verfügung. Zudem erhalten die 13- bis 18-jährigen Schüler bereits ein Gehalt. Zu der Schule gehört ebenfalls der firmeneigene Profiverein Desportivo Brasil, der in der vierten Liga des Bundesstaates São Paulo spielt. Die Nachwuchsspieler kommen dort zum Einsatz. Mit 16 Jahren können sie dann bereits ihre eigenen Verträge abschließen. Große Vereine locken häufig mit Handgeld oder Autos. „Das Klischee, dass der arme, kleine Junge von Kapitalisten ausgebeutet wird – das ist Schwachsinn“, sagte Jochen Lösch von Traffic gegenüber dem Portal Spox. Die Spieler seien sich bewusst, wie begehrt sie seien.

Von einer Karriere wie der Neymars träumen viele. Träume, die schnell an den „Peneiras“, portugiesisch für „Sieb“, platzen – den Aufnahmeverfahren für die Jugendmannschaften großer Clubs oder Fußballschulen. Hunderte junger Talente spielen dort vor, angenommen wird nur ein Bruchteil. Und auch unter ihnen blüht nur sehr wenigen eine Zukunft in europäischen Clubs. Zudem geht in Deutschland der Trend wieder zur Förderung heimischer Talente. Bayern München stellte im Jahr 2011 sogar sein Südamerika-Scouting komplett ein.

Viel Geld – viele Betrüger

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Besonders für Jugendliche aus den Favelas, Brasiliens Armenviertel, ist eine Fußballkarriere oft der größte Traum. Foto: Niklas Rudolph

Herbe Enttäuschungen, die hohe Wellen schlagen. Denn hinter den Jungs, die sich eine Profikarriere mit hohem Verdienst ausmalen, steckt häufig eine ganze Familie, die ihr Geld und ihre Hoffnung in die Ausbildung eines Sohnes stecken. Doch wo das Geld lockt, da gibt es immer auch Betrüger. Unseriöse Agenten versuchen, mit den Fußballträumen von junger Fußballer selber um jeden Preis Profit zu machen. Aufsehen erregte ein Vorfall im Jahr 2008, als sieben Brasilianer am Frankfurter Flughafen strandeten. 3000 Euro Monatsgehalt war ihnen versprochen worden. In Deutschland angekommen wartete niemand auf sie. Drei Wochen mussten sie im Terminal bleiben, weil sie kein Geld für den Rückflug hatten.

Ist der Absprung nach Europa, das vermeintliche Eldorado des Fußballs, einmal geschafft, so erfüllen sich häufig die versprochenen Erwartungen nicht, wie eine Reportage des Bayerischen Rundfunks zeigt: Im Glauben, in hochklassigen Clubs zu spielen, kommen junge Talente nach Deutschland, landen dann aber häufig nur in Vereinen der fünften oder sechsten Liga. Bezahlt werden sie oft nur unregelmäßig. Selbst Bezirksligavereine wie SG Leipziger Verkehrsbetriebe stehen auf der CBF-Transferliste.

Der FIFA ist der Handel mit jungen Fußballern schon länger ein Dorn im Auge. Richtlinien sollen zumindest den Transfer Minderjähriger verhindern.

 ⇒Seite 3: Das sagt die FIFA

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