ExtraSchicht: Die RUB im Ausnahmezustand

Was haben kaputte Elektrogeräte im Baum, eine Stehlampe im Garten und Kerzen auf dem Fußweg gemeinsam? Sie alle waren Teil der ExtraSchicht an der Ruhr-Universität Bochum. Der botanische Garten der RUB wurde in der Nacht der Industriekultur zum Schauplatz von Illumination, Theater, Kunst und Musik.

Gitarrist Tommy Finke auf der Extraschicht in Bochum

Songwriter Tommy Finke mit Gitarre am Lagerfeuer. Fotos: Patricia Gabor.

„Jetzt ein Ein-Punkt-Klatschen bitte. So, als ob euch ein Kaktus hinter rennt, der euch piekst und der auch noch Spieler beim FC Bayern ist.“ Daraufhin klatscht das Publikum verhalten, einige buhen, einer ruft laut „Judas“ in die Menge.

„Nein, hier wird keiner ausgebuht und wir rufen auch nicht Judas“, ermahnt Tobias Glufke das Publikum lachend. Er ist der Moderator des Science Slam, eines der Highlights am 6. Juli 2013 im botanischen Garten der RUB. Die Regeln für Science Slam ähneln dem Poetry Slam, mit dem Unterschied, dass die Slammer in 10 Minuten ein naturwissenschaftliches Thema erklären müssen.
An diesem Abend sprechen die Slammer über Thermodynamik, Gasmoleküle und Kontrastmittel für MRT. Das Publikum soll per Klatschlautstärke über den Sieger entscheiden. Am Ende ist es der Diplomphysiker Reinhard Remford, der mit einem Zehn-Punkte-Klatschen zum Sieger gekürt wird.

Feuerjonglage und Schrottbaum

Taschenrechner an ungewöhnlichem Ort: Der Schrottbaum.

Taschenrechner an ungewöhnlichem Ort: Der Schrottbaum.

Der Science Slam bildet nicht den einzigen Höhepunkt an diesem Abend. Das Programm ist bunt gemischt. Musik schallt aus allen Ecken des 13 Hektar großen Gartens. Verschiedene Bands, aber auch Einzelkünstler präsentieren ihre Musik. Der Bochumer Songwriter und Sänger Tommy Finke sitzt mit seiner Gitarre am Lagerfeuer, um ihn herum die Zuhörer auf Baumstämmen.

An den Pavillions dürfen die Besucher am Bamboo-Dance teilnehmen, bei dem sie über Bambusstangen hüpfen. Nicht selten begegnet man einem Alien oder, wenn man Pech hat, Zombies, die versuchen, die Besucher zu erschrecken. Wer etwas Ruhiges sucht, kann sich die Lesung von Mechthild Gläser anhören, der Tai Chi Gruppe oder der Feuerjonglage zuschauen. Unabhängig vom Bühnenprogramm gibt es verschiedene Ausstellungen, wie zum Beispiel den Schrottbaum von Ralf d’Atri. Dieser Baum ist mit kaputten Telefonen, Taschenrechnern, Uhren, Tastaturen und Lampen behängt.

In der „fabulösgenialeexperimentalen“ Physik-Show präsentieren Studenten und Dozenten verschiedene Physikexperimente, die in eine Alltagsgeschichte eingebunden werden. So kommt zum Beispiel der Dozent mit einem nicht TÜV-geprüften Raketenauto zur Bühne gefahren. Nach Einbruch der Dunkelheit können die Besucher zudem die Illumination im Garten bewundern.

Botanischer Garten wird zum Märchenwald

Für romantische Atmosphäre sorgen die Kerzen am Wegrand.

Für romantische Atmosphäre sorgen die Kerzen am Wegrand.

Der botanische Garten der RUB besteht bereits seit 1971. Neben kleinen Bächen, Gewächshäusern und exotischen Pflanzen findet man auch Scheunen und Mauern, die den chinesischen Garten umzäunen. Für die ExtraSchicht wurden überall Bühnen und Stände mit Essen und Trinken entlang des Rundgangwegs aufgebaut. Zum Andenken können die Besucher Lampen und Vogelhäuschen in verschiedenen Formen erwerben, sich ausgefallene Musikinstrumente wie die Saxoflöte kaufen oder auch Chilipflanzen mit nach Hause nehmen.

Große Scheinwerfer bestrahlen die Baumkronen, Büsche und Pflanzen und färben sie blau, grün oder auch rot. Der gesamte Fußweg ist an beiden Rändern durch kleine Teelichter in weißen Papiertütchen beleuchtet. Zwischen den Bäumen gucken riesige rot leuchtende Pilze hervor, sogar Mülleimer werden mit Lichterketten ausgestattet. In kompletter Dunkelheit sorgt diese Beleuchtung für eine märchenhafte Stimmung.

Über 20 000 Besucher

„Wer wurde von seiner Freundin hierher gezwungen?“, fragt Tobias Glufke das Publikum. Erstaunlich viele Männer heben die Hand. Aber niemand scheint den Besuch des botanischen Gartens zu bereuen. Selbst diejenigen, die nicht gerade Kulturliebhaber sind, erfreuen sich an dem unterhaltsamen Programm, dem bunt beleuchteten Blattwerk und an den von Teelichtern erhellten Pfaden. Es ist ganz einfach, sich von der magischen Atmosphäre anstecken zu lassen. Dementsprechend erfreut sich diese Station der ExtraSchicht an einem Besucheransturm von über 20 000 Menschen.

Die Pfade und Schauplätze des Gartens sind von Besuchern so ausgefüllt, dass man nur langsam voran kommt. Daher ist es unmöglich, sich das gesamte Programm anzuschauen. Vor dem chinesischen Garten und an den verschiedenen Ständen bilden sich Schlangen, in denen die Leute bis zu einer halben Stunde anstehen. Aber das nimmt man gelassen in Kauf, so einen Märchenwald kann man sich schließlich nicht alle Tage ansehen.

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