Wissenswert Fiskalpakt

Foto: flickr.com/Karen Roe, Rafael Robles L, Lars Kasper, NASA Goddard Photo and Video; Montage: Marc Patzwald, Teaserfoto: flickr.com/poniblog

Foto: flickr.com/Karen Roe, Rafael Robles L, Lars Kasper, NASA Goddard Photo and Video; Montage: Marc Patzwald, Teaserfoto: Ildiko Holderer

Fiskalpakt, Schuldenbremse, wirtschaftspolitische Steuerung- tagtäglich werden wir von Begriffen erschlagen, von denen jeder so ungefähr weiß, was sie bedeuten und nur die wenigsten wirklich Ahnung haben. Kein Wunder bei den Formulierungen der Politiker und Juristen, die sich mit dem Thema auskennen. Zeit für Klartext findet die pflichtlektüre und hat sich mal genau angeschaut, was in dem verabschiedeten Gesetzesentwurf zum Fiskalpakt eigentlich so drinsteht.

Angela Merkel hat es im Moment nicht gerade leicht. Als „eiserne Lady“ wird sie aufgrund ihres Sparkurses in FAZ, Stern, Spiegel und Co. bezeichnet. Und auch die Politiker der anderen G20-Staaten sind anscheinend nicht wirklich begeistert von den Plänen unserer Bundeskanzlerin. Und der Fiskalpakt? Gegen den gehen seit seinem Beschluss in Deutschland am 29. Juni zahlreiche Beschwerden beim Bundesverfassungsgericht ein. Zu den Staaten der Wirtschafts- und Währungsunion, die den Fiskalpakt eingehen sollen, gehören Belgien, Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Estland, Irland, Griechenland, Spanien, Frankreich, Italien, Zypern, Lettland, Litauen, Luxemburg, Ungarn, Malta, Niederlande, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Slowenien, Slowakei, Finnland und Schweden. Mindestens 12 der 17 Eurostaaten müssen dem Fiskalvertrag zustimmen, damit dieser 2013 in Kraft treten kann.

Aber was genau will der Vertrag eigentlich bezwecken und zu was verpflichtet er die Staaten der Wirtschafts- und Währungsunion? Ein paar Stellen aus dem Gesetzesentwurf der CDU/CSU und FDP im pflichtlektüre-Check:

„Eine nachhaltige Haushaltspolitik und gesunde Staatsfinanzen in den Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets, aber auch der übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, sind angesichts der umfassenden politischen und volkswirtschaftlichen Interdependenzen zwischen diesen Staaten unabdingbar.“

Im Klartext: Mitgehangen, mitgefangen- geht es einem Euro-Staat schlecht, trifft es auch die anderen. Wir hängen alle zusammen durch unsere politischen und wirtschaftlichen Verflechtungen. Ist beispielsweise der Euro weniger wert durch die Probleme eines Staates, gilt dasselbe für alle anderen Mitgliedstaaten der Währungsunion. Das betrifft natürlich nicht unmittelbar alle Mitglieder der Wirtschaftsunion, Ungarn zum Beispiel hat ja nicht den Euro als Währung. Aber trotzdem sitzen alle im selben Boot, da sich die Länder gegenseitig Produkte verkaufen oder Geld leihen.

Euro-Münzen auf dem Fiskalvertrag

Einen ausgeglichenen Haushalt fordert der Fiskalvertrag von den 25 EU-Staaten, die ihn unterzeichnen sollen. Fotos: Ildiko Holderer

„Im Verlauf der vergangenen Jahre hat sich gezeigt, dass die finanzielle Solidität der Euro-Mitgliedstaaten und das reibungslose Funktionieren der Wirtschafts- und Währungsunion durch die im Rahmen des Vertrags von Maastricht vereinbarten Regelungen nicht in ausreichendem Maße gewährleistet werden.“

Im Klartext: Anscheinend haben die Maastricht-Vereinbarungen nicht so geklappt, wie wir das eigentlich gerne hätten. Und jetzt hängen wir drin im Schlamassel.

„Aus diesem Grunde ist es erforderlich, die Wirtschafts- und Währungsunion durch neue vertragliche Regelungen zu verstärken, um die Haushaltsdisziplin zu verbessern, gesunde öffentliche Finanzen zu erreichen und eine verstärkte wirtschaftspolitische Koordinierung und Steuerung zu ermöglichen.“

Im Klartext: Weil die finanziellen Probleme der EU immer größer werden, müssen die Länder jetzt mal alle sparen, die Ziele einhalten, die sie sich für Einnahmen und Ausgaben setzen und endlich mal wieder Kohle in die Staatskassen reinholen. Dazu muss die Kontrolle durch die EU verstärkt werden.

„a) Der gesamtstaatliche Haushalt einer Vertragspartei ist ausgeglichen oder weist einen Überschuss auf.
b) Die Regel unter Buchstabe a gilt als eingehalten, wenn der jährliche strukturelle Saldo des Gesamtstaats dem länderspezifischen mittelfristigen Ziel im Sinne des geänderten Stabilitäts- und Wachstumspakts, mit einer Untergrenze von einem strukturellen Defizit von 0,5 % des Bruttoinlandsprodukts zu Marktpreisen, entspricht. Die Vertragsparteien stellen eine rasche Annäherung an ihr jeweiliges mittelfristiges Ziel sicher. (Vertrag über die Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion. Artikel 3, Absatz 1)

Im Klartext: Wir fordern von den Mitgliedstaaten, dass das an Geld, was jährlich übrig bleibt mit allen Einnahmen und Ausgaben, ausgeglichen ist oder einen Überschuss aufweist. Ausgeglichen heißt, dass die dauerhafte Verschuldung nur bis zu einem halben Prozent das übersteigen darf, was wir an Wert jährlich produzieren durch Waren und Dienstleistungen. Zur dauerhaften Verschuldung zählen aber nicht Schwankungen, die ganz „normal“ und größtenteils berechenbar sind in einer Volkswirtschaft- denn auch Angebot und Nachfrage sind immer abhängig voneinander und schwanken. Und auch wenn einmalig viel Geld ausgegeben wird für ein größeres Projekt zählt das nicht mit rein. Damit sich auch alle daran halten, verpflichten wir die Staaten, möglichst bald ihre Schulden in den Griff zu kriegen.

Deutschland will mit dem Fiskalvertrag also erreichen, dass die Schulden der Mitgliedsländer weniger werden. Durchsetzen sollen das dann die Instrumente der EU. Und wer sich langfristig nicht daran nicht hält, also „Gegenstand des Defizitverfahrens“ ist, muss mit Strukturreformen seitens der EU rechnen. Inklusive Ausgabenkürzungen sowie Wirtschaftsplänen- alles überwacht von Rat und Kommission der Europäischen Union.

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