Duell am Donnerstag: Südafrika

Vuvuzelas und mäßig gefüllte Stadien

Von Sebastian Schaal

Manche lieben sie, manche nicht: Die Vuvuzela. Foto: flickr.com/South Africa Tourism

Manche lieben sie, manche nicht: Die Vuvuzela. Foto: flickr.com/South Africa Tourism

Was werde ich von dieser WM lange in Erinnerung behalten? Vielleicht wird es Thomas Müller sein, der ein überragendes Turnier gespielt hat. Vielleicht aber auch den blamablen Auftritt, äh ich meine Abgang der französischen Elf. Ich weiß es nicht. Aber eines weiß ich jetzt schon, was ich lange nicht vergessen werde: TRÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖT!!!

Den nervtötenden Klang zehntausender Vuvuzelas. Ja, es stört mich, dieses andauernd konstante Hintergrundgeräusch aus den Lautsprechern. Nein, bei mir kommt keine südafrikanische Begeisterung für das Spiel auf. Dieses Getröte nimmt genau diese Begeisterung. Den Aufschrei der Fans, wenn Klose den Ball frei aus elf Metern über die Latte hämmert. Die anpeitschenden Rufe, wenn der Stürmer beim Konter alleine auf den gegnerischen Torwart zurennt. Den Jubel von den Rängen, wenn der Ball im Netz zappelt. Das alles wird von den bunten Plastiktröten schon im Keim erstickt.

Natürlich habe auch ich außerhalb des Stadions die Begeisterung der Afrikaner gesehen. Tanzende Fans auf den Tribünen, singende Spieler im Kabinengang. So etwas gibt es in Europa nicht. Ja, wir haben in Südafrika auch ein großes Fest gesehen. Entgegen den Befürchtungen sind auch alle Stadien und die dazugehörige Infrastruktur rechtzeitig fertig geworden.

Allein die Renovierung von SoccerCity hat 300 Millionen Euro gekostet. Foto: flickr.com/babasteve

Allein die Renovierung von SoccerCity hat 300 Millionen Euro gekostet. Foto: flickr.com/babasteve

Für die Stadien wurde viel Geld ausgegeben – sehr viel Geld

Doch wenn ich jetzt bei der WM die neuen Stadien gesehen habe, frage ich mich, was nach dem 11. Juli damit passiert. Fünf der zehn Stadien wurden neu gebaut, die anderen fünf umfangreich renoviert. Das Moses-Madhiba-Stadion in Durban hat ungefähr 180 Millionen Euro gekostet, das Cape-Town-Stadion in Kapstadt 280 Millionen, das Nelson-Mandela-Bay-Station in Port Elizabeth läppische 100 Millionen, das Peter Mokaba-Station in Polokwane und das Mbombela-Stadtion in Nelspruit jeweils genau so viel. Macht 760 Millionen Euro für neue Stadien. Die Renovierung der größten Arena der WM, die Soccer City in Johannesburg, hat den Staat noch einmal 300 Millionen Euro gekostet. In Durban wurde erst Anfang Mai der nagelneue King-Shaka-Flughafen eröffnet, dass Prominenz und Spieler aller Länder nicht nur über Kapstadt und Johannesburg anreisen müssen. Nochmals Kosten in Höhe von 690 Millionen Euro.

Die Weltmeisterschaft hat nicht nur den Sport nach Südafrika gebracht, sondern auch das Interesse an der Bevölkerung und den Problemen in dem Land. Millionen Menschen leben  in selbst zusammengeschusterten Blechhütten in den Townships, teilweise ohne fließendes Wasser oder Strom. Nach offiziellen Angaben sind 23,5 Prozent der Menschen ohne Arbeit. Stellt sich die Frage, ob man einen Teil dieser gigantischen Ausgaben nicht besser an einer anderen Stelle getätigt hätte.

Der Gastgeber ist zu früh ausgeschieden

Soweto ist eines der bekanntesten Townships. Foto: flickr.com/eugene

Soweto ist eines der bekanntesten Townships. Foto: flickr.com/eugene

Ich will hier nicht grundsätzlich das Rotationsprinzip der FIFA in Frage stellen, welches vorsieht, dass jede Weltmeisterschaft auf einem anderen Kontinent stattfinden wird. Ein solches Turnier in Afrika ist ja nicht grundsätzlich schlecht. Vielleicht sollte darauf geachtet werden, dass die Nationalmannschaft des Landes auch reelle Chancen hat, die Vorrunde zu überstehen. Bei den drei Spielen von „Bafana Bafana“ haben die Stadien gebebt, jeder Mensch auch außerhalb der Stadien hat mitgefiebert. So ist es wohl nur der Mentalität der Südafrikaner zu verdanken, dass sie nach dem Ausscheiden ihrer Elf kurzerhand „Baghana Baghana“ erfunden haben. So etwas wäre in Europa nur schwer denkbar. Es ist ja auch nicht verwerflich, dass investiert wird, was ohne das Turnier sicher nicht geschehen wäre. Es ist nur die Verhältnismäßigkeit, mit der dieses Geld ausgegeben wurde. Das alte Green-Point-Stadion in Kapstadt, das 2006 abgerissen wurde, um der neuen Arena Platz zu machen, hat 18.000 Zuschauer gefasst. In das Neue passen 68.000 Menschen. Städte wie Nelspruit und Polokwane haben 120.000 beziehungsweise 140.000 Einwohner. Durch die WM sind in beiden Städten Stadien mit jeweils 45.000 Plätzen entstanden. Alles Stadien, die nicht einmal bei einem internationalen Großereignis wie der WM bei allen Spielen vollständig gefüllt waren. Was dann wohl erst im grauen Liga-Alltag mit den Stadien passiert…

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