Eurobonds – oder nicht?

Von Léonie Lauer

An der Uni Duisburg-Essen hieß es am Dienstagabend: Demokratie üben. Beim Diskussionsforum „Die Debatte“ hatten Studenten die Möglichkeit, zusammen mit zwei renommierten Finanzmarktexperten über den Nutzen von Eurobonds zu streiten. Vorher und nachher sollte das Publikum abstimmen, ob sie Eurobonds befürworten. Das Ziel: Miterleben, wie sich im Verlauf der Debatte Diskurse verändern und Meinungsbilder verschieben.

Im Streitgespräch diskutieren Otte und Horn über den Sinn von Eurobonds. Fotos: Léonie Lauer

Im Streitgespräch diskutieren Otte und Horn über den Sinn von Eurobonds. Fotos: Léonie Lauer

„In Griechenland haben wir die Anfänge von einem Bank Run“, so begann Konjunkturforscher Prof. Dr. Gustav Horn sein Plädoyer für die Einführung von Eurobonds. Was wir jetzt bräuchten, sei deshalb vor allem Vertrauen – Vertrauen darauf, dass die Krisenstaaten nicht demnächst aus der Eurozone fliegen. Nur so könne man verhindern, dass es zu einem massiven Bankensturm komme. Eurobonds seien deshalb sinnvoll, weil sie durch einen einheitlich niedrigen Zinssatz die Refinanzierung der Pleitestaaten ermöglichen.

Prof. Dr. Max Otte vom Institut für Vermögensentwicklung hielt dagegen: „Was unterschiedlich ist, muss auch unterschiedlich behandelt werden.“ Die Staaten in der Eurozone seien zu verschieden, als dass sie durch die gleichen Sparmaßnahmen aus der Krise finden könnten.

„Ehrliche Griechen – die gibt es nämlich auch“

Prof. Dr. Max Otte hat das Buch „Der Crash kommt“ geschrieben und argumentiert gegen Eurobonds.

Prof. Dr. Max Otte hat das Buch „Der Crash kommt“ geschrieben und argumentiert gegen Eurobonds.

Der jetzige Fiskalpakt sei eine Katastrophe, findet Otte, weil er die Krisenstaaten zu noch mehr Sparen zwinge. Das führe dazu, dass sich die griechische Gesellschaft spalte, was man am Aufschwung der rechts- und linksradikalen Parteien beobachten könne. Politisch seien weitere Sparmaßnahmen jetzt schon kaum noch durchsetzbar. Da stimmt auch Horn zu: Unter Spardruck könne man kein Vertrauen schaffen, was aber für die Handlungsfähigkeit der nationalen Regierungen elementar sei.

Genau deshalb befürwortet er Eurobonds – zumindest als Übergangslösung, bis ein europäischer Währungsfonds geschaffen sei. Den finden beide Ökonomen sinnvoll. Ein EU-Fonds nach Vorbild des IWF sei ein Schritt in Richtung „dringend nötige“ EU-Wirtschaftsregierung. „Der nationale Ansatz war nie Intention der europäischen Gründungsväter“, glaubt Horn. Otte fordert deshalb eine europäische Verfassung, die „ihren Namen auch verdient.“

Zeit kaufen

Prof. Dr. Gustav Horn berät das EU Parlament in fiskalpolitischen Fragen und plädiert für die Einführung von Eurobonds.

Prof. Dr. Gustav Horn berät das EU Parlament in fiskalpolitischen Fragen und plädiert für die Einführung von Eurobonds.

Bis zu einer Änderung der EU-Verträge werde es allerdings Jahre dauern und so lange können Griechenland, Spanien und Irland nicht warten. Mit Eurobonds könne man nur Zeit kaufen, warnt Otte – und vielleicht noch nicht einmal genug. Aber die Probleme der Staatsverschuldung würden so nicht gelöst, sondern nur aufgeschoben und würden später mit mehr Härte als vorher zurückkommen.

Horn widerspricht: Wir müssten genau das tun – Zeit kaufen. Denn Griechenland, Spanien und Co bräuchten diese Zeit, um Reformen durchzuführen und sich neu aufzustellen. „Die sozialen Kosten sind enorm hoch und solche einschneidenden Reformen greifen nun mal nicht über Nacht.“

Das Publikum stimmt ab: Eurobonds sollten eingeführt werden

Vor und nach der Debatte können die Teilnehmer mit „pro“ oder „contra“ über die Streitfrage abstimmen. Durch diesen interaktiven Umgang mit Politik soll Demokratie geübt werden.

Vor und nach der Debatte können die Teilnehmer mit „pro“ oder „contra“ über die Streitfrage abstimmen. Durch diesen interaktiven Umgang mit Politik soll Demokratie geübt werden.

Vor und nach der Debatte wurde das Publikum zu seiner Meinung über Eurobonds befragt. Beide Male waren sich die Anwesenden nicht einig und stimmten jeweils mit nur knapp mehr als der Hälfte für die Einführung. Ein Ziel der Debatte wurde damit nicht erreicht: Das Publikum durch Argumente klar auf eine Seite zu ziehen und so den Meinungsbildungsprozess zu beobachten.

Politikmanagementstudent Mathias Grudzinski hätte sich eine kontroversere Diskussion gewünscht: „In diesem Fall konnten die Redner das Publikum nicht so richtig überzeigen. Das war bei früheren Debatten anders, da gab es teilweise Wanderbewegungen von fast 40 Prozent.“ Er selbst könne sich auch nicht wirklich entscheiden. Aber „als Europäer, wie ich mich fühle“, findet er, dass Eurobonds der richtige Weg sind. Vielleicht nicht der Weg aus der Krise, aber wenigsten ein Weg, auf dem es erst einmal weitergeht.

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