Angetreten zum Durchzählen!

Ab Dienstag müssen alle Bewohner der Studentwohnheime mit Besuch rechnen. Der Grund: Sie werden für die Volkszählung erfasst. Andere Haushalte werden dagegen nur stichprobenartig gezählt.

Wenn es ab nächster Woche an der Haustüre klingelt könnte es ein Erhebungsbeauftragter sein. Quelle: www.zensus2011.de

Wenn es ab nächster Woche an der Haustüre klingelt könnte es ein Erhebungsbeauftragter sein. Foto: Zensus2011

Ab Dienstag (10. Mai) sind sie unterwegs: die Erhebungsbeauftragten der Stadt Dortmund, die den Zensus 2011 durchführen. Mit einem Fragebogen unterm Arm werden sie in Dortmund insgesamt 22.612 Einwohner und rund 11.500 Bewohner von Sonderanschriften befragen. Ernst-Otto Sommerer, Leiter des Fachbereichs Statistik der Stadt Dortmund und zuständig für die Durchführung des Zensus in Dortmund, erklärt, dass „auf jeden Fall Besitzer von Haus- und Wohneigentum und die Bewohner von sogenannten Gemeinschaftsunterkünften wie Studentenwohnheimen oder Altersheimen befragt werden“. Diese Gemeinschaftsunterkünfte sind die Sonderanschriften.

EU-weit wird gezählt

Doch warum gibt es den Zensus überhaupt? Eine EU-Verordnung schreibt den Zensus vor, das bedeutet, dass in allen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union die Bevölkerung befragt wird. Das Hauptziel dabei ist die Bevölkerungszahl zu ermitteln. Die Bevölkerungszahl ist wichtig, denn die Verteilung von Geld zwischen EU, Bund, Ländern und Kommunen hängt von der Einwohnerzahl ab. Daneben entscheidet die Anzahl der Einwohner über den Zuschnitt von Wahlkreisen oder über die Sitze Deutschlands im Europaparlament.

Volkszählung: Selbst Verwandte von Angestellten der Verwaltung befragen mit. Foto:pixelio/Gerd Altmann

Volkszählung: Selbst Verwandte von Angestellten der Verwaltung befragen mit. Foto:pixelio/Gerd Altmann

Am Montag (9. Mai) werden die Interviewer von der Stadt geschult, damit dann ab Dienstag die Befrager durch ihre Bezirke gehen können. Die Stadt Dortmund hat 200 Erhebungsbeauftragte rekrutiert. 80 Prozent der Interviewer, arbeiten bereits bei der Verwaltung. „Wir haben versucht weitgehend Leute mit der Aufgabe zu betreuen, die uns bekannt sind“, so Ernst-Otto Sommerer. Probleme hatte die NPD gemacht. Auf ihrer Internetseite rief sie Mitglieder der Partei auf, sich freiwillig für die Befragung zu melden. Befürchtet wurde, dass die NPD so auch die politische Gesinnung der Befragten hinterfragen könnten.

Jeder Befragte muss Auskunft geben

Wer bei der Haushaltebefragung mitmacht, wird per Zufallsverfahren ermittelt. Dabei werden nicht Personen ermittelt, sondern Adressen als Flächenstück. Das heißt, befragt werden alle Bürger, die unter einer bestimmten Adresse wohnen. „Die Befrager werden ab dem 10. Mai durch ihre Bezirke gehen und die ausgewählten Haushalte informieren, dass sie beim Zensus teilnehmen“, sagt Sommerer. Beim nächsten Mal bringen die Befrager dann den Fragebogen mit, der mit dem Interviewer gemeinsam oder alleine ausfüllt werden kann – entweder handschriftlich oder online. Die Befragung wird ungefähr 30 Minuten dauern.

Ist man ausgewählt worden, besteht eine Auskunftspflicht nach Paragraph 18 des Zensusgesetzes. Nur auf die Frage nach Religion, Glaubensrichtung oder Weltanschauung ist die Antwort freiwillig. Verweigert man trotzdem die Teilnahme wird man zuerst zweimal gemahnt, bevor eine Zwangsgeldandrohung in einer Höhe von ca. 150 Euro folgt, falls man nicht teilnimmt. Passiert dann immer noch nichts, kommt ein Vollzugsbeamter vorbei.

Ein Interview-Termin für die Volkszählung wird vorher mit dem Befrager abgestimmt. Quelle: www.zensus2011.de

Ein Interview-Termin für die Volkszählung wird vorher mit dem Befrager abgestimmt. Foto: Zensus2011

Falls man nicht zu Hause sein sollte, wenn der Interviewer vorbei kommt, ist das kein Problem. Der Interviewer hinterlässt eine Nachricht und kommt zu einem angekündigten Zeitpunkt wieder. Telefonisch kann man auch einen anderen Termin vereinbaren. Sollte der Erhebungsbeauftragte dann umsonst kommen, gibt es die erste Mahnung.

Wohnheime werden komplett erfasst

Im Gegensatz zum ersten Zensus 1987 wird diesmal nicht die gesamte Bevölkerung Deutschlands erfasst. Stichproben reichen aus. Anders sieht es aber bei Studentenwohnheimen oder Altersheimen aus. „Eine Stichprobe wäre einfach zu ungenau“, sagt Ernst-Otto Sommerer. Deshalb werden in den Studentenwohnheim alle Bewohner befragt. Hier werden aber weniger Fragen gestellt. Gefragt wird zum Beispiel nach dem Namen, dem Geburtsdatum, Geburtsort und Geschlecht. Informationen zur Bildung oder zur Erwerbstätigkeit werden nicht erhoben.

Alle Bewohner der Studentwohnheime müssen am Zensus teilnehmen. Archiv-Foto: Mareike Maack

Alle Bewohner der Studentwohnheime müssen am Zensus teilnehmen. Foto: Archiv/ Mareike Maack

Dass sie ab nächste Woche mit offiziellem Besuch rechnen müssen, wissen die wenigsten Bewohner der Wohnheimen rund um die TU Dortmund. Jan Meyer wohnt im Studentenwohnheim an der Ostenbergstraße 99 und wusste nichts über die Volkszählung. „Ich verstehe nicht, warum ich teilnehmen muss. Nur weil ich in einem Studentenwohnheim wohne? Ich finde das nicht korrekt.“ Ähnlich sieht das auch Anthoné N’Diaye. Er wohnt an der Emil-Figge-Straße 3 und hat Angst, dass seine Daten später in falsche Hände geraten könnten. „Wer garantiert mir, dass meine Daten nur für den Zensus benutzt werden?“ fragt er.

Datensicherheit

Die Sicherheit der Daten garantiert Ernst-Otto Sommerer: „Die Daten werden ausschließlich für die Erhebung benutzt. Wenn wir sie nicht mehr brauchen, dann werden sie gelöscht.“ Zudem gibt es keine Rückkopplung der Daten. Die Fragebögen werden in Dortmund nur gesammelt und dann zum Statistischen Landesamt Information und Technik in Düsseldorf geschickt.

Datenklau beim Zensus? Auch das Finanzamt soll keine Infos von den Volkszählern bekommen? Foto: pixelio/Dieter Schutz

Datenklau beim Zensus? Auch das Finanzamt soll keine Infos von den Volkszählern bekommen. Foto: pixelio/Dieter Schutz

Daten, die im Rahmen des Zensus gewonnen werden, dürfen nicht für die allgemeine Verwaltungsarbeit verwendet werden. Ernst-Otto Sommerer nennt als Beispiel die Zweitwohnsteuer. Die Einwohnermeldeämter der Städte erhalten keine Informationen darüber, dass jemand zwar in Dortmund wohnt, aber in einer anderen Stadt gemeldet ist und so Zweitwohnsteuer zahlen müsste. Diese Rückkopplung verbietet ein Urteil des Bundesverfassungsgericht von 1983.
Nicole Faßmüller, Bewohnerin der Emil-Figge-Straße 7, äußert dagegen keine Bedenken gegenüber des Zensus. „Im Internet gibt es wahrscheinlich sowieso schon so viele Daten über mich, da vertraue ich doch lieber einer offiziell durchgeführten Umfrage. Das ist dann eben eine Bürgerpflicht.“