„Ja, diese Frau hat auch Sex“

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Das ZDF-Fomat „Dr. Klein“  ist eine beliebte Vorabendserie. Foto: ZDF/ Mathias Bothor

Dr. Klein ist erfolgreiche Kinderärztin und Mutter. Die Protagonistin der gleichnamigen ZDF-Serie führt ein normales Leben, mit alltäglichen Freuden und Problemen. Aber Dr. Klein ist kleinwüchsig. Kann die Serie deswegen helfen, Stigmatisierungen von Menschen mit Behinderung abzubauen? Eine TU-Forschungsgruppe möchte diese Frage beantworten.

„Stigmatisierungen sind ein großes Problem“, erklärt Alexander Röhm, einer der Forscher. Viele Leute würden zum Beispiel denken, dass Menschen mit Behinderungen weniger leistungsfähig seien. „Bezogen auf die Serie hieße das: Kann Dr. Klein als kleinwüchsige Ärztin genauso gut operieren wie normalgroße Ärzte?“, sagt Röhm. 

Wie wirkt die Serie auf die Zuschauer?

Die Vorabendserie „Dr. Klein“ läuft seit Oktober 2014 im ZDF. Mit einem Marktanteil von 15,5 Prozent ist sie durchaus beliebt. Trotzdem wird sie kontrovers diskutiert. Ihr wird vorgeworfen, Behinderungen beschönigend darzustellen. „Diese Kritiker haben eine Vorstellung davon, wie die Serie bei den Zuschauern ankommt, aber sie wissen es nicht genau“, sagt Ute Ritterfeld, die Studien-Leiterin.

Die Forschungsgruppe „Anti Stigma“ der Fakultät Rehabilitationswissenschaften um Ritterfeld, Röhm und Matthias Hastall untersucht die Wirkung der Serie auf die Zuschauer. In der Studie, die am Donnerstag vorgestellt wurde, sollen mehrere Hundert Personen nach ihren Einstellungen befragt werden. Ein Teil der Personen hat die Serie gesehen, der andere Teil nicht. So soll herausgefunden werden, ob und wie „Dr. Klein“ die Meinungen der Zuschauer verändert.

Eine Balance zwischen Wirklichkeit und Unterhaltung ist wichtig

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Die Forschungsgruppe „Anti Stigma“ der Fakultät Rehabilitationswissenschaften: Matthias Hastall, Ute Ritterfeld und Alexander Röhm (von links). Fotos (2): Stefanie Luthe

„Medien sind eine wichtige Informationsquelle, wenn man selbst keinen Kontakt mit Menschen mit Behinderungen hat“, erklärt Ritterfeld. Um mit TV-Serien Stigmatisierungen und Vorurteilen entgegenzuwirken, sei es wichtig, dass die Formate eine Balance zwischen der genauen Wirklichkeit und Unterhaltung finden. „Es soll zwar nichts Falsches gezeigt werden, aber die Zuschauer sollen auch nicht verschreckt werden“, sagt Ritterfeld. Sie sei davon überzeugt, dass so Stigmatisierungen, nicht nur gegenüber Behinderten, abgebaut werden könnten. 

In der Unterhaltungsbranche würden viele Verantwortliche davon ausgehen, dass Filme Stigmatisierungen enthalten müssten, um erfolgreich zu sein. So würde zum Beispiel der Film „A beautiful mind“ das Thema Schizophrenie völlig verzerrt darstellen. „Untersuchen haben aber gezeigt, dass der Erfolg eines Filmes nicht davon abhängt, ob er sich Stigmatisierungen bedient“, erklärt sie. 

Nicht vor dem Schlafzimmer oder Badezimmer halt machen

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Axel Laustroer (li.) und Torsten Lenkeit produzieren die Serie fürs ZDF.

„Es war natürlich unser Ziel, mit ‚Dr. Klein‘ Vorurteile abzubauen“, erzählt Axel Laustroer, der zuständige ZDF-Redakteur der Serie. „Deswegen ist es uns wichtig, nicht vor dem Schlafzimmer oder Badezimmer halt zu machen“, ergänzt Headautor Torsten Lenkeit, „es ist wichtig, dass auch Körperlichkeit stattfindet. Zum Beispiel zu zeigen: Ja, diese Frau hat auch Sex.“ Beide sind gespannt auf die Ergebnisse der Studie. „Wenn wir es wirklich schaffen, mit der Serie Vorurteile abzubauen, wäre das ein schöner Effekt“, sagt Laustroer. 

Die Onlinebefragung wird in den nächsten Wochen stattfinden. Die ersten Ergebnisse erwarten die drei Forscher, die von 16 Studierenden unterstützt werden, in ungefähr drei Monaten –  die vollständige Auswertung der Ergebnisse liegt aber erst im nächsten Jahr vor.

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