Business statt Freizeit: Ein 17-jähriger Dortmunder ist Unternehmensgründer

Als Marius Schönefeld seine erste Internetseite gestaltete, war er gerade einmal zwölf Jahre alt. Mit vierzehn kam ihm die Idee, eine eigene App zu entwerfen. Heute ist er Gründer eines Start-ups – und das mit gerade einmal 17 Jahren. Anfang nächsten Jahres soll „Svapp“ in den App-Store einziehen. Mit uns hat er über den schwierigen Weg dorthin, seine größten Niederlagen und sein Herzensprojekt gesprochen.

„Ich will die Welt verbessern“, sagt Marius Schönefeld. Ein gewagter Satz für einen 17-Jährigen, der gerade mitten im Abitur steckt. Doch der Schüler scheint genau zu wissen, wovon er spricht. Er ist Start-up-Gründer, und wenn er vom seinem Projekt erzählt, dann beginnen seine Augen zu leuchten. Er spricht dann mit einer Begeisterung, die nicht gespielt sein kann, und mit einem so breiten Grinsen, dass er es gar nicht künstlich aufsetzen könnte. Marius Schönefeld wirkt sehr selbstbewusst – und er weiß genau, wo er einmal hin will.

Schon mit zwölf Jahren wagte er die ersten vorsichtigen Gehversuche im Programmieren. „Damals habe ich angefangen, Webseiten zu bauen und habe Programme entwickelt“, erinnert er sich zurück. Das nötige Wissen dafür habe er sich einfach selbst angeeignet. Immer häufiger tauchte er in die Welt der Daten und HTML-Codes ab – ein Nerd ist Marius deshalb aber noch lange nicht. Viel zu gern redet er von seinem Leben abseits des Computers – und in dem geht es längst nicht nur um technisches Wissen.

Ehrgeiz und Wille: Marius will die Welt verändern

Im Alltag kommt er häufig in Situationen, in denen er gar nicht anders kann als etwas zu programmieren. Wenn ihn etwas ärgert, dann will er es verbessern. „Ich bin manchmal zur Schule gekommen und dann ist die erste Stunde ausgefallen. Da saß ich erstmal eine Stunde lang herum“, erzählt Marius mit ernstem Blick. Er hat daraufhin für seine Schule einen digitalen Stundenplan entwickelt, natürlich in Absprache mit seinem Schulleiter. Seitdem können alle Schüler die Stundenausfälle für den kommenden Tag bereits von zu Hause einsehen.

Doch Webseiten und Programme reichten dem Teenager schnell nicht mehr. Mit 14 kam Marius Schönefeld die Idee, eine eigene App zu entwickeln. „Ich hatte einfach Lust dazu“, sagt er heute. Schnell war ihm klar, in welche Richtung die App gehen sollte: „Ich wollte meinen Stundenplan weiter ausbauen, etwas zur Digitalisierung von Schulen beitragen und den Kommunikationsfluss verbessern.“ Wenn er das erzählt, wirkt die Entwicklung einer App wie eine Kleinigkeit. Der technische Teil war für ihn tatsächlich keine wirkliche Herausforderung – ein passendes Konzept zu seiner Idee zu erstellen dafür schon eher. Zum ersten Mal war er überfordert, gibt er offen zu. Doch er hatte Glück: Die Wirtschaftsförderung Dortmund wurde auf ihn aufmerksam. 

Er erhielt eine Einladung zu „Start 2 grow“, einem Angebot zur Unterstützung von jungen Start-ups. „Ich hatte null Ahnung, was das überhaupt ist“, sagt Marius. Unternehmensgründung lerne man schließlich nicht in der Schule. Neugierig, was hinter der Einladung stecken mochte, meldete er sich an. „Ich dachte da wären vielleicht noch mehr Jugendliche, aber falsch gedacht: Ich war der einzige. Die anderen waren alle schon Anfang zwanzig.“ Doch das störte ihn nicht. Im Gespräch mit Mentoren lernte er Fachleute kennen und entwickelte mit deren Unterstützung jene Geschäftsidee, an der es zuvor noch gehapert hatte. Und damit begann das bisher größte Kapitel in Marius‘ Leben: seine Unternehmensgründung.

Zusammen wollen Marius und sein Geschäftspartner Nils Freyberg nun durchstarten. (Foto: neext.de)

Zusammen wollen Marius und sein Geschäftspartner Nils Freyberg nun durchstarten. (Foto: neext.de)

Gründen – aber wie?

Plötzlich musste er Entscheidungen treffen, die normalerweise kein Jugendlicher treffen muss. „Erst einmal entscheidet man sich für eine Rechtsform. Bei uns geht es ja um das heikle Thema Datenschutz“, sagt er. Konkret hieß das: GmbH oder UG? Er entschied sich für eine Unternehmergesellschaft (UG), eine „Billig-GmbH“, wie er sagt. 

Weil es schnell gehen musste, wurde zunächst sein Vater Geschäftsführer. Die Firma war damit offiziell gegründet. Doch eigentlich wollte Marius selbst Geschäftsführer sein – für Minderjährige keine einfache Angelegenheit. Zuerst musste er einen Antrag stellen, um überhaupt geschäftsfähig zu werden. Vom Amtsgericht ging dieser zum Jugendamt, von dort aus zum zuständigen Richter. Man merkt ihm beim Erzählen an: Der Weg war lang und nervenaufreibend. Dennoch muss er jedes Mal schmunzeln, wenn er daran denkt: Die Leute beim Gericht seien froh gewesen, dass endlich mal jemand kam der nicht Model werden wollte – das sei sonst immer der Grund für diesen Antrag, lacht Marius.

Weihnachten 2015 sei schließlich die Erlaubnis gekommen, sagt Marius, aber richtig freuen habe er sich nicht können. Die Ernüchterung folgte schnell: Der Antrag wurde schlussendlich nicht durch den Notar bewilligt. „Ich hatte aber großes Glück“, gibt Marius zu und in seinem Gesicht zeigt sich das für ihn so typische Grinsen. Denn in der Zwischenzeit hatte er Nils Freyberg kennengelernt. Mit dem Marketingexperten als Geschäftspartner gründete Marius Schönefeld im vergangenen Sommer noch einmal neu. Die Firma „neext“ entstand.

Gemeinsam mit seinem Partner zog er in ein Coworking-Space, also ein modernes Gemeinschaftsbüro, mitten in Dortmund. Seitdem ist er so richtig im Unternehmeralltag angekommen: Sein erster Weg führt nach der Schule jeden Tag dorthin. Trifft man ihn auf einem der Flure, kommt er mit den anderen Gründern, die dort arbeiten, sofort in Gespräch. Reden kann er nun einmal.

Doch so ein Unternehmeralltag besteht nicht nur aus Reden: Bald kamen die ersten Rechnungen. „Ich musste eine Kontoführungsgebühr zahlen, plötzlich brauchte ich ein Buchführungsprogramm und dann wollte ständig irgendein Amt Geld von mir“, sagt Marius halb brüskiert, halb ironisch. Die bürokratischen Hürden scheinen ihn zu nerven, dabei muss gerade da alles stimmen. Beispielsweise bei der Finanzierung: Das Geld für sein Start-up kam bisher ausschließlich aus seinen eigenen Ersparnissen. „Meinen Führerschein kann ich jetzt erstmal nicht machen“,sagt Marius. Stören tut ihn das nicht – er hat derzeit andere Prioritäten. 

Das erste große Projekt: Svapp

Digitale Revolution: Der Schulalltag mit Svapp
Durch SVAPP soll das digitale Zeitalter endlich auch in die Schulen kommen. (© neext)

Durch SVAPP soll das digitale Zeitalter endlich auch in die Schulen kommen. (© neext)

Mit Svapp soll das digitale Zeitalter endlich auch in den Schulen ankommen. Weg mit der grünen Tafel und der weißen Kreide, her mit den digitalen Möglichkeiten zur Unterrichtsgestaltung, lautet der Claim. Stundenausfälle, Vertretungspläne, Klausurinhalte – all das soll künftig per App kommuniziert werden. Gleichzeitig können Schüler miteinander chatten oder ihre Lehrer kontaktieren. Diese können sich ebenfalls untereinander austauschen. Vertretungsstunden sollen so effizienter gestaltet werden. Zukünftig soll die App nicht nur von Schulen, sondern auch von Hochschulen und Universitäten genutzt werden. 

Die Umsetzung seiner App-Idee war schließlich das erste gemeinsame Projekt von Marius Schönefeld und Nils Freyberg. Um es zu finanzieren, starteten die beiden eine Crowdfunding-Kampagne. Fremdkapital lehnt Schönefeld vehement ab. „Einen festen Investor musst du immer von dem überzeugen, was du machst. Du kannst nicht einfach mal was ausprobieren und auf die Schnauze fallen.“ Es wird deutlich: Er will sich nichts vorschreiben lassen, sondern seinen eigenen Weg gehen.

Wie viele Vertretungsstunde es heute gibt? Das soll Svapp den Schülern miteilen. (© neext)

Wie viele Vertretungsstunde es heute gibt? Das soll Svapp den Schülern mitteilen. (© neext)

Mehrere Wochen lief die Kampagne im September, doch sie brachte nicht die angepeilte Summe ein – ein Tiefschlag. Marius Schönefeld blieb trotzdem optimistisch. „Wir konnten durch das Crowdfunding-Projekt auf uns aufmerksam machen und Kooperationspartner gewinnen“, resümiert er geschäftsmännisch. Mit denen soll es Svapp zu Beginn des kommenden Jahres nun endlich in den App-Store schaffen.

Und auch für danach hat der junge Gründer schon einiges geplant: „Wir wollen mit weiteren Projekten starten und auch unser Team um Fachkräfte aus dem Informatikbereich erweitern“, erklärt er. Natürlich müsse auch die App stets optimiert und weiterentwickelt werden. Dafür verlässt sich Marius jedoch nicht nur auf seine eigene Meinung und die seines Partners, sondern auf den Rat von Gleichgesinnten: Freunden und Mitschülern.

Schließlich ist Marius Schönefeld trotz der Businesswelt, in der er die Hälfte seiner Zeit verbringt, noch immer ein ganz normaler 17-Jähriger. Ein 17-Jähriger, der manchmal unsicher ist was unternehmerische Details angeht, manchmal vielleicht eine Nuance zu altklug. Übel nehmen kann ihm das jedoch wohl kaum jemand, denn dafür ist sein Weg einfach zu beeindruckend. In etwas weniger als zwei Jahren wird er sein Abitur machen, danach möchte er anfangen zu studieren, vielleicht Informatik – vielleicht aber auch nicht. „Wenn es mit neext gut läuft, kann ich mir auch vorstellen, erstmal intensiv im Unternehmen zu arbeiten“, sagt er. Aber vorher hat er noch einen anderen wichtigen Punkt auf seiner To-do-List: endlich den Führerschein machen.  

Beitragsbild: © Marius Schönefeld / neext 

Video: Viktor Mülleneisen und Jule Zentek

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