Das geplante Bundesteilhabegesetz: Ein Streitfall – auch an der Uni

Flickr.com: Erasmus Student Network International

Der Bundestag hat einen Gesetzesentwurf zum so genannten „Bundesteilhabegesetz“ auf den Weg gebracht. Laut dem Ministerium für Arbeit und Soziales soll dadurch die Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen gestärkt werden. Beim Deutschen Studentenwerk läuten bei diesem Gesetzesentwurf jedoch die Alarmglocken. Dabei geht es vor allem um diskriminierende Regelungen für behinderte Studierende.

Wer mit einer Behinderung für ein Studium zugelassen wird, kann sich laut dem Entwurf des Bundesteilhabegesetzes noch nicht entspannt zurücklehnen. Oftmals sind solche Studierende nämlich auf teure Hilfsmittel oder andere Unterstützungsleistungen angewiesen. Wird etwa eine Studienassistenz benötigt, fallen dafür monatlich Kosten von 300 Euro oder mehr an. Genau hier liegt das Problem. Zukünftig soll zusätzlich von einer weiteren Instanz geprüft werden, ob solche Studierende dazu fähig sind, zu studieren. Ist das nicht der Fall, erhalten behinderte Studierende auch keine „Eingliederungshilfen“, eben genannte Unterstützungen.

Mögliche Kosten für Hilfen im Studium müssen die Betroffenen dann selbst tragen. Ist das aufgrund einer schwierigen finanziellen Situation nicht möglich, würde das das Ende des Studiums bedeuten. Derzeit leiden rund zehn Prozent aller Studierenden an deutschen Universitäten an einer Behinderung oder chronischen Krankheit. Sie wären damit von diesen Veränderungen betroffen. Das Deutsche Studentenwerk sieht hier eine zusätzliche Eignungsprüfung für behinderte Studierende.

Studentenwerk spricht von Diskriminierung

Probleme bezüglich behinderungsbedingter Unterstützungen würde es auch für diejenigen geben, die nach einer Ausbildung etwas ganz anderes studieren wollen. So etwas ist laut dem neuen Gesetzesentwurf nicht vorgesehen. Ebenfalls darf nicht zu viel Zeit zwischen einer Ausbildung und einem Studium liegen.

Diese Einschränkungen diskriminieren Studierende mit Behinderungen gegenüber ihren nicht-beeinträchtigten Kommiliton_innen, für die diese Einschränkungen nicht gelten.

So heißt es in einer Stellungnahme des Studentenwerks. Weitere Einschränkungen bestehen bei einem Praktikum. Für Praktika, die nicht in der Studienordnung verankert sind, erhalten behinderte studierende keine Unterstützungen. Das gilt ebenso für Auslandsaufenthalte. Viele Arbeitgeber erwarten aber mittlerweile freiwillige Praktika im In- und Ausland als Zusatzqualifikationen. Hier würde ein weiterer Nachteil auf dem Arbeitsmarkt gegenüber nichtbehinderten entstehen.

In einer Stellungnahme vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales heißt es, dass das Bundesteilhabegesetz keine umfassenden Leistungen für Studierende mit Behinderungen vorsieht.

Für die Gewährleistung des Bildungszugangs für Studierende mit Behinderungen sind die Kultusministerien der Länder und Hochschulen die primär Verpflichteten.

Betont wird in der Stellungnahme des Bundesministeriums, dass zu keiner Zeit eine zusätzliche Eignungsprüfung für behinderte Studierende stattfinden soll.

Christiane Schindler vom Deutschen Studentenwerk in Berlin betont, dass der Entwurf zum Bundesteilhabegesetz nicht nur Nachteile mit sich bringt. „Wir begrüßen es, dass durch dieses Gesetz eine bundesweit einheitliche Regelung für Eingliederungshilfen im Studium mit Behinderung erhalten bleibt. Eine Verschiebung der Leistungen in die Hochschulen konnte verhindert werden.“

Entwurf bringt auch Verbesserungen

Schindler beschreibt außerdem zwei Verbesserungen, die der Entwurf des Bundestages gegenüber dem vorherigen Entwurf vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales berücksichtigt hat. „Im ersten Entwurf hieß es, dass man als Behinderter in fünf von neun Lebensbereichen eingeschränkt sein muss, um Hilfen für ein Studium zu erhalten. Welcher Studierende ist das schon? Jetzt gibt es eine Kann-Bestimmung für alle diejenigen, die diese Bedingung nicht erfüllen. Das heißt aber auch, dass die Gewährung der Hilfen im Ermessen der Kostenträger liegt.“ Außerdem wird im zweiten Entwurf auch ein Masterstudium unterstützt, dass nicht dem vorher erlangten Bachelorstudium ähnelt.

Weiter kämpfen

Dennoch gibt es noch vieles, das für ein behindertengerechtes Studium angepasst werden muss. Schindler und ihre Mitstreiter vom Deutschen Studentenwerk wollen weiter kämpfen.

Wir müssen jetzt hart und konsequent arbeiten. In Kürze nimmt der Bundestag die Beratungen zum Gesetzentwurf auf. Und da gilt es, gute Lobbyarbeit für die Belange der Studierenden mit Behinderungen zu machen.

Bis dahin will man auch an Abgeordnete und Ausschüsse herantreten und ihnen klar machen, dass noch einiges zu ändern ist. Schindler appelliert auch an die Studenten selbst, ihre Stimme zu erheben. „Jeder, den es betrifft, kann etwas tun. Man kann zum Beispiel auf die Bundestagsabgeordneten im Wahlkreis zugehen. Wenn man denen schildert, welche Auswirkungen das Gesetz auf das eigene Studium haben würde, kann einiges erreicht werden“. Am 1. Januar 2017 soll das neue Bundesteilhabegesetz in Kraft treten.

Beitragsbild: Erasmus Student Network International/flickr.com

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert