Halbzeit Ramadan – wie wir das Fasten meistern

Jedes Jahr fasten Millionen Muslime weltweit, vier Wochen lang wird während des Fastenmonats Ramadan tagsüber weder gegessen noch getrunken. Warum fasten Muslime überhaupt und wie halten Studenten das während anstrengender Unitage aus? Die Pflichtlektüre-Autorinnen Riem und Feyza schreiben während des Fastenmonats über ihre persönlichen Erfahrungen. Zwischen knurrendem Magen und lernintensiver Klausurphase.
 
Am 18. Juni hat der alljährliche Fastenmonat der Muslime, der Ramadan, begonnen. Seit dem heißt es für viele Studenten: fasten. Ja, auch wenn jetzt bald Klausurphase ist. Ja, auch wenn es jetzt so heiß ist. Elf Monate lang können wir essen und trinken, was wir möchten. Nein, natürlich kein Schweinefleisch. Nein, auch keinen Alkohol.
 
Doch in dem einen Monat, dem Ramadan, verzichten wir auf jegliches Essen und Trinken zwischen Sonnenauf und -untergang. Aber warum fasten wir Muslime eigentlich? Der Grundgedanke in dem Fastenmonat ist der, dass wir das schätzen, was uns normalerweise als selbstverständlich erscheint: genug zu Essen und zu Trinken zu haben und nachvollziehen zu können, wie es den Menschen geht, die nichts haben und gezwungenermaßen hungern müssen.
 
Ablenkung ist Alles
 
Selbst wenn es nur auf der Fahrt nach Hause ist - beim schlafen vergeht die Zeit einfach schneller. Foto: Riem Karsoua

Selbst wenn es nur auf der Fahrt nach Hause ist – beim Schlafen vergeht die Zeit einfach schneller. Foto: Riem Karsoua

Auch wenn 19 Stunden nichts essen hart klingt, es geht! Wenn wir erst einmal drin sind, fällt es uns nicht mehr so schwer. Und an Tagen an denen wir einfach nichts zu tun haben, ist es natürlich schwierig das Knurren des Magens zu ignorieren. Dass man Zuhause aus Langeweile an den Kühlschrank geht, kennen wir wohl alle. Aber solange wir uns ablenken, ist alles machbar.

Auch mit den Fragen, die uns jedes Jahr wieder gestellt werden, kommen wir mittlerweile gut klar. „Wie, ihr dürft nichts essen?“, „Trinken dürft ihr doch aber oder? Das hält doch keiner aus!“ oder „Darf man auch nicht Kaugummi kauen?“, Nein, kein Essen, kein Trinken, kein Kaugummi. Große Augen, wenn wir dankend etwas zu Essen ablehnen und erwähnen, dass wir fasten.

Normalerweise steht man an Ramadan nachts bevor die Sonne aufgeht auf, um noch eine Kleinigkeit zu essen oder zu trinken. Dieses Jahr haben wir dafür bis ungefähr halb vier Zeit. Aber wie soll das gehen, wenn wir um acht wieder aufstehen müssen, um zur Uni zu fahren?

Also lassen wir das, und hauen uns lieber nach dem allabendlichen Fastenbrechen mit allerlei Essen voll, sodass es gar nicht mehr vorstellbar ist, irgendwann wieder Hunger zu verspüren. Denn: Der Körper gewöhnt sich schnell daran, dass er weniger zu essen bekommt. Nach einem Teller Suppe ist man bereits papp satt. Trotzdem sieht an Ramadan der Esstisch jeden Abend nach Weihnachtsfestessen aus. Unsere Mütter kochen meistens so viel, dass zwei Fußballmannschaften von dem Essen satt werden könnten.

Nächtlicher Heißhunger

Der Tisch ist voll mit Speisen, auf die man tagsüber Hunger hatte. Foto: Riem Karsoua

Der Tisch ist voll mit Speisen, auf die man tagsüber Hunger hatte. Foto: Riem Karsoua

Dann gibt es noch solche Tage, an denen wir uns beim Einkaufen den Einkaufswagen mit Zeug füllen, das wir nach dem Fastenbrechen essen möchten, weil wir den ganzen Tag über Lust darauf hatten. Der Heißhunger, den man im Supermarkt verspürt, lässt einen Dinge kaufen, die wir normalerweise nicht einmal besonders mögen. Also: bloß nicht Einkaufen gehen, während man fastet!

Nur manchmal kommt es vor, dass wir uns zwingen, die eine oder andere Süßigkeit oder Schokolade zu essen mit dem Gedanken: „Wenn ich das jetzt nicht esse, werde ich da morgen Lust drauf haben und es bereuen, es nicht gegessen zu haben“. Fasten mit der Hoffnung dadurch abzunehmen, ist also auch nicht das Wahre.

Lernen statt Essen

In den ersten Tagen des Ramadan ist uns die Umstellung natürlich schwer gefallen. Normalerweise ist es nicht vorstellbar in die Uni zu fahren, ohne einen Kaffee oder einen schwarzen Tee am Morgen getrunken zu haben. Mit den Freunden nach den ersten Vorlesungen gemeinsam in der Mensa essen zu gehen, gehört eigentlich auch zu unserem Unialltag.

Trotz Ramadan muss für die bevorstehenden Klausuren gelernt werden - ein vorteilhafter Zeitvertreib... Foto: Feyza Bicakci

Trotz Ramadan muss für die bevorstehenden Klausuren gelernt werden – ein vorteilhafter Zeitvertreib… Foto: Feyza Bicakci

Was machen wir also, wenn wir zwei Stunden frei haben bevor die nächste Vorlesung ansteht und alle anderen Kommilitonen essen gehen wollen? Wir haben für uns eine Lösung gefunden: sich in die Bib zu setzen und für die bevorstehenden Klausuren zu lernen, klappt bisher ganz gut und ist auch für uns von Vorteil, da bald die Klausurphase beginnt.

An Tagen, an denen die Konzentration aber nicht ganz da ist, haben wir auch genug zu tun. „Lernpausen“, in denen wir dort dann Dragonball auf unseren Laptops gucken, lassen uns den Gedanken ans Essen vergessen. Mit diesen Lernpausen hat es sich dann aber auch meistens mit dem Lernen erledigt … Wenn dann aber irgendwann auch die letzte Vorlesung des Tages vorbei ist und wir nach Hause fahren können, ist immerhin auch schon einige Zeit verstrichen: „Juhuuu nur noch sechs Stunden, dann gibt’s Essen!“

 Teaserbild: Riem Karsoua

 

 

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