Locationscout für Film und TV

Für Helge Schneider und Til Schweiger hat er schon Drehorte gesucht, für Unter Uns und den Kölner Tatort hat er als Aufnahmeleiter gearbeitet. Seit mehr als zwanzig Jahren ist Rolf Viehrig Locationscout. Die pflichtlektüre traf ihn in der Duisburger Innenstadt. Bei einem Kaffee und ein paar Zigaretten erzählte Rolf Viehrig über seine Arbeit als Motivsucher, über den Stress mit Drehgenehmigungen und den Ruhrgebiets-Tatort.

Rolf Viehrig

Die Arbeit beim Film und Fernsehen war reizvoller als die Uni: Für den Job als Locationscout brach Rolf Viehrig sein Studium ab. Foto: Marc Miertzschke.

pflichtlektüre: Herr Viehrig, sie haben an der Uni Duisburg Wirtschaftswissenschaften studiert, wenn auch nur ein paar Semester. Da hat man eher wenig mit Film und Fernsehen zu tun. Wie sind Sie Locationscout geworden?

Rolf Viehrig: Da bin ich zufällig reingerutscht. Während des Studiums habe ich als Fahrer für einige Film-Produktionen gearbeitet. Der Schauspieler Günter Lamprecht (bekannt u.a. als Berliner Tatort-Kommissar Franz Markowitz) sagte einmal im Auto zu mir: „Als Schauspieler muss man immer nett sein zu den Fahrern, die werden schnell zu Filmproduzenten.“ Er hatte fast Recht, ich wurde bald Aufnahmeleiter. Mein Chef meinte später, wenn er gewusst hätte, wie alt ich damals war, hätte er mir nie diese Verantwortung gegeben: Ich war gerade Anfang 20. Mein Studium habe ich dann irgendwann an den Nagel gehängt und mich ganz auf die Filmbranche konzentriert. Als Aufnahmeleiter sollte ich auch Drehorte suchen, so bin ich zum Locationscouting gekommen.

pflichtlektüre: Als Locationscout vermitteln sie Plätze und Gebäude als Drehorte – wie kann man sich diese Arbeit genau vorstellen?

Rolf Viehrig: Meist gibt es einen Anruf von einer Agentur oder einer Produktionsgesellschaft, die für eine Produktion die richtigen Drehorte benötigt. Die schicken mir dann die genauen Vorstellungen der Regisseure oder Szenenbildner. Ich recherchiere nach passenden Objekten, mache Fotos von innen und außen und schreibe ein kleines Exposé dazu. Auf einer Produktionssitzung wird dann über meine Vorschläge beraten. Ist das richtige Motiv gefunden, ist meine Arbeit beendet.

pflichtlektüre: Wie finden Sie die passenden Objekte?

Rolf Viehrig: Meistens hab ich schon eine Idee, aber bei individuellen Wünschen muss ich suchen. Dann fahre ich aber nicht den ganzen Tag wild durch die Stadt. 60 Prozent meiner Arbeit sind Recherche per Internet und Telefon. Ich kaufe mir auch immer einen Stadtplan, damit kann man die Lage des Objekts sehr gut einschätzen. Wenn ich dann ein Objekt gefunden habe, brauche ich noch die Drehgenehmigung des Besitzers.

Rolf Viehrig IV

"Für die Drehgenehmigungen darf man nicht lockerlassen. Am Besten direkt hingehen und freundlich fragen." Foto: Marc Miertzschke.

pflichtlektüre: Wie bekommen Sie diese Genehmigung? Klingeln Sie einfach an der Tür?

Rolf Viehrig: Ja, bei Privathäusern läuft das tatsächlich oft so. Ich klingele und frage freundlich, ob man vielleicht in den Räumlichkeiten drehen dürfte. Man kommt schnell ins Gespräch mit den Besitzern, die einen Filmdreh in den eigenen vier Wänden sehr interessant finden – vor allem wenn bekannte Schauspieler dabei sind. Außerdem erhalten die Eigentümer eine Entschädigung: Pro Drehtag eine Monatsmiete.

pflichtlektüre: Das klingt ziemlich einfach. Manchmal gibt es doch sicher auch Probleme eine Drehgenehmigung zu bekommen, oder?

Rolf Viehrig: Viel Genehmigungsstress gibt es für Autobahn-Aufnahmen. Die kann man nicht komplett sperren, deshalb wird meist am Wochenende gedreht und oft an Autobahnendstücken. Wie bei Schwertransporten fährt hinter dem Filmteam ein Sicherungswagen her, der ein Überholen verhindert.

pflichtlektüre: Gab es einen Drehort für den Sie noch keine Genehmigung erhalten haben?

Rolf Viehrig: Man bekommt eigentlich alles genehmigt, wenn man nur die richtigen Leute fragt. In Hamburg ist es mir gelungen, für einen Kinofilm die gesamte Köhlbrandbrücke für einen Tag zu mieten und sperren zu lassen. In Köln habe ich die Sperrung der sechsspurigen Straße vor den WDR-Arkaden durchsetzen können.

Rolf Viehrig auf Dach

Heimatverbunden: Am liebsten sucht Viehrig Drehorte für Filme, die im Ruhrgebiet spielen. Dann freut er sich, wenn er "sein" Motiv auf der Leinwand entdeckt. Foto: Marc Miertzschke.

pflichtlektüre: Sie bleiben also hartnäckig, wenn es um die Genehmigungen geht. Haben Sie denn bisher alle gewünschten Drehorte gefunden?

Rolf Viehrig: Einmal bin ich tatsächlich gescheitert. Für den von Til Schweiger produzierten Streifen „Jetzt oder nie – Zeit ist Geld“ sollte ich eine heruntergekommene Außenfassade an einer Autobahn finden, die zum bereits abgedrehten Innenraum passen sollte. Das ist mir nicht gelungen. Eine Kollegin von mir ist dann durch Zufall auf ein passendes Gebäude gestoßen: Sie hatte sich mit dem Auto in Hamburg verfahren.

Nach dem Kaffee will uns Rolf Viehrig Duisburg von oben zeigen – wir begleiten ihn auf das Dach eines Einkaufszentrums und lassen den Blick über die Stadt schweifen.

pflichtlektüre: Sie haben schon für viele Produktionen im Ruhrgebiet die passende Location gesucht und gefunden. Haben Sie denn auch einen Lieblingsdrehort hier?

Rolf Viehrig: Ja, das blaue Hochhaus in Duisburg. Ganz oben gibt es ein paar Büros, die eignen sich wunderbar zum Drehen, weil man einen tollen Blick über Duisburg hat. Das war auch früher die Wohnung von Schimanski in den Duisburg-Tatorten.

Blaues Hochhaus in Duisburg

Viehrigs Lieblingsmotiv im Ruhrgebiet: Das oberste Stockwerk des blauen Hochhauses in Duisburg. Foto: Rolf Viehrig.

pflichtlektüre: Der Tatort kommt ja vielleicht wieder ins Ruhrgebiet – wo sollte er spielen?

Rolf Viehrig: Natürlich in Duisburg! Hier wäre der Hafen eine tolle Kulisse. Nein, ich fände es überhaupt toll, wenn der Tatort wieder im Ruhrgebiet spielen würde. Das würde den Strukturwandel zeigen und die Extreme widerspiegeln, die es hier gibt. Auch die Menschen sind einfach ganz besonders: Wenn ich bei einem Dreh vor einem Stahlwerk ein bisschen mehr Rauch aus den Schornsteinen brauche, dann kann ich da anrufen – und die lassen ordentlich Dampf ab.

pflichtlektüre: Sie haben schon mit vielen bekannten Produzenten zusammengearbeitet. Wenn Sie einen Wunsch frei hätten, für wen würden Sie dann gerne arbeiten?

Rolf Viehrig: Mein großer Traum ist eine Anfrage aus Hollywood. Die suchen ihre Locations meist mit dem Hubschrauber. Und so ein Rundflug über das Ruhrgebiet wäre schon richtig cool.

pflichtlektüre: Vielen Dank für dieses Gespräch.

2 Comments

  • Christine Zimmer sagt:

    Hallo Herr Viehrig, als meine Tochter vor eineinhalb Jahren in ihre Wohnung in der Nähe von Nürnberg zog, hatte ich das Glück, durch das ehemalige Anwesen eines Architekten, das jetzt leer steht, geführt zu werden.
    Dazu gehören ein Wohnturm, ein Schwimmbad, ein Fitnessbereich, ein Kamin, eine Galerie und große Räume mit großen Fenstern. Seitdem ich diese überdemensionierten Räumlichkeiten gesehen habe, denke ich, dass dort ein „Tatort“ gedreht werden sollte.

    In der Nähe dazu befindet sich ein Freizeitreiterhof. Falls Sie Interesse an dieser Location hätten, könnte ich Ihnen den Eigentümer nennen.
    Ich bin gespannt auf Ihre Antwort!

    Mit freundliche Grüßen
    Christine Zimmer

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