Bei der Dortmunder Wissenschaftskonferenz ziehen Wissenschaftler und Forschungspolitiker eine Zwischenbilanz zum Dortmunder „Masterplan Wissenschaft“. Während es großes Lob für die Ansätze des Masterplans gibt, besteht bei der Umsetzung scheinbar noch Nachholbedarf.
Es ist windig und kalt, der Himmel grau – der 13. Dortmunder Wissenschaftstag ist ein typisch-trostloser Novembertag. Nur Berge kunterbunter Container färben den Dortmunder Hafen – einen der Spielorte des Wissenschaftstags – in Rot, Blau und Grün. Am Fuße der Metallgiganten steht Rainer Pubanz, kaufmännischer Leiter des Dortmunder Hafens mit rund 30 Bürgern. „Hier greifen die Zahnräder von Wissenschaft und Industrie ineinander“, erklärt er. „Wir fragen uns hier, wie wir in Zusammenarbeit mit der Wissenschaft die moderne Logistik zu Wasser auf der Schiene und mit dem LKW kombinieren können.“
Ziel: Schluss mit Durchschnitt
Trotz sechs Hochschulen, 45.000 Studenten und verschiedenen Forschungseinrichtungen ist der Ruf des Wissenschaftsstandorts Dortmund national und international durchschnittlich. Das soll sich ändern, Dortmund will sich profilieren und der Wissenschaftstag ist Teil dieser Bemühungen – ebenso wie der ambitionierte „Masterplan Wissenschaft“, den die Stadt vor drei Jahren ins Leben rief. „Weg von Kohle, Bier und Stahl, hin zum Zentrum für Forschung und zukunftsweisende Branchen“ will Oberbürgermeister Ullrich Sierau damit kommen. Er sagt: „Dortmund meistert den Strukturwandel und der Masterplan weist uns bis 2020 den Weg“.
Bei einer Wissenschaftskonferenz, die am Mittwoch zum ersten Mal stattfand, analysierten Fachleute nach anderthalb Jahren Projektphase Wissenschaftler und Forschungspolitiker die bisherige Umsetzung – mit, angesichts der bisherigen Ergebnisse, erstaunlich positivem Fazit. Die Stadt Dortmund habe ein „einmaliges“ Konzept mit sehr konkreten Maßnahmen geschaffen, die von den 20 Akteuren gemeinsam gezielt angegangen würden. Dortmund sei auf dem globalen „Wissenschaftsmarkt“ konkurrenzfähig. Insbesondere die Spezialisierung auf Gebieten wie Biomedizin, Wirkstoffforschung oder Logistik helfe, ein Wissenschaftsprofil zu erarbeiten. Im Kompetenzfeld „Logistik“ ist auch das Fraunhofer Institut für Materialfluss und Logistik angesiedelt, das auch Forschung für einen effizienteren Warenfluss im Dortmunder Hafen entwickelt.
Spürbare Ergebnisse für jeden?
Gegenseitige Glückwünsche zur konkreten Umsetzung von mehr als 30 Maßnahmen nach nur anderthalb Jahren gab es gestern en masse. Darüber, welche Maßnahmen für wen schon konkret spürbar sind, wurde hingegen kaum geredet. Während im Bereich „Wissenschaftliche Kompetenzfelder“ beispielsweise mit der Fertigstellung des LogistikCampus und mehreren Projekten im Bereich der Wirkstoffforschung große Ziele erreicht wurden, gibt man sich in anderen Bereichen scheinbar mit kleinteiligen Erfolge zufrieden. QR-Codes für Kommunikations-Maßnahmen zu benutzen, wurde eben so als Erfolg gefeiert wie die erhöhte Taktung der S1 zwischen Hauptbahnhof und Uni – obwohl die für Studierende bisher kaum spürbare Fortschritte gebracht hat.
Das Engagement der Stadt Dortmund ist insbesondere vor dem Hintergrund der Exzellenzinitiative, einer Wissenschafts-Förderinitiative des Bundes, interessant. Die läuft 2017 aus und wird dann wohl durch eine neue Förderung ersetzt, in der Wissenschaftsstandorte gegeneinander in den Wettbewerb um Bundesförderung treten. „Durch den Masterplan, das strukturierte Erarbeiten von Maßnahmen zur Wissenschaftsförderung, hat Dortmund einen Lernvorsprung“, so Dr. Detlef Müller-Böling, ehemaliger TU-Rektor und Leiter des renommierten Centrums für Hochschulentwicklung in Gütersloh. „Ich räume der Stadt deshalb gute Chancen in diesem Rennen ein.“
Masterplan schafft Bedarf für Wissenschaftsnachwuchs
Über diese Einschätzung freute sich insbesondere der Dortmunder Oberbürgermeister Ullrich Sierau, insbesondere auch im Blick auf die rund 45.000 Dortmunder Studenten. „Die Hochschulen sind in unserem Konzept ein zentraler Faktor“, so Sierau. „Heute befinden wir uns endlich an dem Punkt, an dem junge Wissenschaftler nicht mehr das Weite suchen müssen, sondern hier, vor Ort in Dortmund, gebraucht werden.“ Die Stadt, das zeigte die Wissenschaftstag, ist bemüht, diesen Prozess weiter voran zu treiben. Doch der Weg, auch das wurde klar, ist noch ein weiter.
web: Der „Masterplan Wissenschaft“ (PDF)