Im Sessel durch die Galaxie

Das Zeiss-Planetarium in Bochum feiert am Wochenende 50. Geburtstag. Mitten im Vorbereitungsstress für die Feier erklärt Leiterin Prof. Dr. Susanne Hüttemeister, wie die Sterne an den Himmel kommen – und was sich seit 1964 in der Bochumer Kuppel geändert hat.

Quelle: Lutz Leitmann/Stadt Bochum

Quelle: Lutz Leitmann/Stadt Bochum

 

Frau Hüttemeister, das Zeiss-Planetarium wird am Freitag 50 Jahre alt. Wie feiern Sie das?

Wir feiern mit einem ziemlich großen Wochenendprogramm. Los geht’s am Freitag, dem Tag des Jubiläums, mit einem offiziellen Festakt mit 400 bis 500 Leuten. Außerdem feiert eine neue Planetariums-Show Premiere, die wir zum Jubiläum produziert haben. Gerade wird dafür noch der Ton abgemischt. Am Samstag und Sonntag haben wir dann so viel Programm wie nie zuvor. Die Shows zeigen wir zu nostalgischen Preisen: 1964 hat der Eintritt eine Mark gekostet, demnach kostet er jetzt 50 Cent – quasi einen Cent pro Jahr. 

Worum geht es in der neuen Produktion?

Die neue Show heißt „Die Entdeckung des Himmels“ und orientiert sich daran, dass wir sie zum Jubiläum produziert haben. Sie zeigt die Entdeckung des Himmels als eine Sache, an der auch Menschen beteiligt sind und waren. Wir beginnen mit Steinzeitmenschen, die aus ihrer Höhle heraus bestimmt auch schon in den Himmel raufgeschaut hat. Dann erleben wir die Antike, in der sich das geozentrische Weltbild entwickelt hat, dann aber wieder zerbrochen ist. Das Zerbrechen wird übrigens sehr eindrucksvoll auf der Kuppel dargestellt.

Weiter geht es dann mit ganz neuen Aspekten. Sterne werden zu mehr als Lichtpunkten, der Raum wird tief am Anfang des 20. Jahrhunderts. Damals haben 80 Forscherinnen an der amerikanischen Ostküste die Vorstellung davon, was Sterne sind, revolutioniert. Dann gehen wir in spektakulären Szenen in Sterne herein, tauchen ins Zentrum der Sonne ab und lernen unter anderem Edwin Hubble und Albert Einstein kennen. Unsere Milchstraße wird zu einer Galaxie unter Galaxien und wir spekulieren darüber, ob unser Universum nicht doch ein Multiversum ist und darüber, ob wir das je wissen werden. Parallel dazu zeigen wir auch die Entwicklung des Planetariums.

Zur Person
Pro14-11-06_prof.dr.susanne_hüttemeister_portraitf. Dr. Susanne Hüttemeister, geb. 1963,  ist Leiterin des Zeiss-Planetariums in Bochum und Professorin für Astronomie am astronomischen Institut der Ruhr-Universität Bochum. Sie studierte Physik und Astronomie in Bonn. Nach ihrem Diplom erhielt sie ein Promotions-Stipendium der Studienstiftung des deutschen Volkes und promovierte am Max-Planck-Institut durch. Im Anschluss setzte sie ihre Studien am Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics in Cambridge, USA, fort und habilitierte schließlich an der Ruhr-Universität Bochum.

Wie hat sich das Planetarium während der vergangenen 50 Jahr technisch entwickelt?

Planetarium

Der zentrale Sternenprojektor projiziert bis zu 9,.500 Sterne und unzählige Planeten an die Kuppel des Planetariums. Bild: Stadt Bochum

Der Weltraum ist immer noch der Hauptaspekt. Aufgrund des technischen Fortschritts ist aber alles viel dynamischer geworden. Am Anfang war die Idee des Projektionsplanetariums, den Sternenhimmel und seine Bewegung von jedem Punkt der Erde aus darzustellen. Dazu erklärte jemand live die Bewegung und die Sternbilder. Das hat auch heute noch einen Platz im Planetarium. Vielleicht ist es für uns Ruhrgebietsmenschen sogar besonders wichtig. Einen schönen, dunklen Sternenhimmel sehen wir hier kaum noch. Es ist hier so hell, dass man mindestens ins Sauerland fahren muss. Ganz viele Leute haben das Band der Milchstraße noch nie gesehen.

Hinzu kamen etwa in den 70er-Jahren Super8-Filme. In den 80ern hatten wir mal 80 Diaprojektoren und drei oder vier getrennte Videobeamer, die zusammen die Kuppel füllten. Durch den großen technischen Fortschritt, der bei uns 2010 kam, hat sich dann vieles verändert. Wir haben jetzt ein Projektionssystem, das ungefähr die doppelte Auflösung von digitalem Kino zeigt, also 4K (Anm. d. Red.: 4000 mal 4000 Pixel). 

Karl Zeiss und das Planetarium
Karl Zeiss war Optiker und Firmengründer in Jena, der sich Mitte des 19. Jahrhundert selbstständig gemacht hat. Der Erfinder des Planetariums war aber nicht Karl Zeiss sondern Herr Bauersfeld. Er stellte im Auftrag des Deutschen Museums München vor gut 90 Jahren einen Projektor in der Mitte eines kuppelförmigen Raumes auf und bildete „mit guter Zeiss-Optik“ Sterne auf der Kuppel ab. In der Firma Zeiss hat Bauersfeld dann die Technik so weiterentwickelt, dass bald auch die Bewegung der Gestirne dargestellt werden konnte. Das erste wurde im Deutschen Museum München aufgebaut und ein weiteres bei Zeiss in Jena. 

Ist das Programm gleich geblieben?

Es spiegelt auch die Entwicklung der letzten 50 Jahre in der Astronomie wieder. Das Universum ist eines geworden, das sich entwickelt. Wir erfahren über Objekte im Universum immer mehr, sind zu Planeten hingeflogen. Dieses dynamische Universum kann aufgrund der technischen Möglichkeiten nun auch dargestellt werden. Und das Medium Kuppel wird durch die neuen dynamischen Möglichkeiten nun auch für Kunst und Kultur geöffnet.  Man kann nun auch in phantasievolle Welten eintauchen – zum Beispiel in Musikshows. In einer Pink Floyd-Show kann man zum Beispiel auch in die phantastischen Welten von Pink Floyd eintauchen und befindet sich plötzlich im Inneren dieser Pink Floydschen „Maschine“. 

Die Kuppel des Planetariums harmoniert mit dem Hügel, auf dem sie steht.

Die Kuppel des Planetariums harmoniert mit dem Hügel, auf dem sie steht. Bild: Wikipedia

Der zentrale Sternenprojektor
Der zentrale Sternenprojektor hat zwei Millionen Euro gekostet, iInsgesamt ist die Planetariums-Technik rund fünf Millionen wert. Der alte zentrale Sternenprojekor von 1964 ist noch im Foyer des Planetariums ausgestellt. Der neue Projektor ist deutlich kleiner als der ältere, gibt jedoch ein besseres Bild wieder. Insgesamt werden bis zu 9.500 Sterne an die Kuppel des Planetariums projiziert. Das sind so viele, wie theoretisch mit bloßen Auge in kompletter Dunkelheit sichtbar sein können. Praktisch ist immer nur die Hälfte der Sterne zu sehen, um die Nord- und Südhalbkugel der Erde darzustellen.

Um die Sterne leuchten zu lassen, brennen zwei Lampen mit je 400 Watt im Inneren des Projektors. Das Licht wird von Glasfasern aufgegriffen und dann über mehr als 30 Linsen, die so genannten Sternfelder, an die Kuppeln geworfen. Sonne und Planeten werden mit ähnlicher Technik in einem Nebenteil des zentralen Sternenprojektors erzeugt. Ein digitales Projektionssystem bespielt dynamisch die ganze Kuppel. Am häufigsten erneuert wird die Rechnertechnik im Planetarium. 

Nach all den Jahren, die Sie sich mit dem Weltall beschäftigt haben: Was macht für Sie die Faszination aus?

Für mich bedeutet es eine Mischung aus einem tollen Naturerlebnis, super schönen Bildern und ganz tiefen Fragen danach. Jeder ist beeindruckt von einem dunklen Sternenhimmel. Einen Stern aus der Nähe zu sehen oder über den Mond zu fliegen, ist sehr beeindruckend. Es sind ästhetisch wunderschöne Bilder und man fragt sich, was der eigene Platz im großen Universum ist und ob das alles irgendwie einen Sinn ergibt. Die Mischung aus Schönheit und Tiefgang – die macht’s.  

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