Autokino: Mit dem Wagen direkt vor die Leinwand

Ich parke das Auto nahe der riesigen Kinoleinwand des DRIVE-IN Autokinos, die am Rand des Platzes emporragt. Im Wagen, der neben uns auf dem weiträumigen Gelände in Essen Bergeborbeck steht, sitzt eine Familie. Der Fahrer mit Schnauzer, langer Mähne und Jogginganzug raucht bei geschlossenen Fenstern eine Zigarette. Auf der Rückbank hüpfen zwei Jungs ungeduldig umher. Die Mutter ist gerade aus der Snackbar zurückgekehrt und beginnt, ihre Nachos mit Käsesoße in sich hinein zu stopfen. Bei sechs Euro Eintritt pro Person und meinem eher klammen Studentenbudget wehre ich die Forderungen meiner Freundin nach Verpflegung für den Film mit geübter Gelassenheit stoisch ab.

1100 Autos fasst das Autokino in Essen. (Foto: DWI-GmbH)

1100 Autos fasst das Autokino in Essen. Foto: DWI-GmbH

Beim Anblick der Familie im Nachbarauto zeigt sich mir, welche Vorteile das Autokino bietet: keine klingelnden Handys, niemand stellt lautstark dumme Fragen zur Handlung und kein Sitznachbar, der ununterbrochen in die knisternde und penetrant riechenden Popcorntüte langt. Vielmehr sitzt man in seinem eigenen Kinosaal, kann sich die Sitzlehne gemütlich zurückkippen und intimer als in jedem normalen Kino den Film schauen.

Durch die erhöhten Rillen im Asphalt zeigt die Nase des Autos in Richtung der 15 Meter breiten und 38 Meter hohen Leinwand, auf der aktuelle Kinofilme gezeigt werden. Es ist ziemlich leer auf dem Platz mit 1100 Stellplätzen. Gerade mal rund 25 Autos stehen in den vorderen Reihen. Dabei ist es heute mild und trocken, gerade geht die Sonne rot leuchtend am Horizont unter. Bei Regen ist Autokino wohl eher nicht geeignet- oder wer hat schon Lust, einen Film zu gucken, während ständig die Scheibenwischer durch das Bild hin- und her rasen.

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Heute parken nur in den vorderen Reihen des Autokinos mehrere Autos. Fotos: Matti Hesse

Als wir uns noch fragen, ob der Ton aus den boxenähnlichen Apparaten kommt, die zwischen den Stellplätzen stehen, wird auf der Leinwand eingeblendet, dass man das Autoradio auf eine bestimmte Frequenz einstellen muss, um den Film auch zu hören. Nach einer vergleichsweise kurzen Trailer-, und Werbesequenz beginnt auch schon „Männersache“ mit dem Comedian Mario Barth in der Hauptrolle. Erst ist der Film auf der Leinwand etwas zu düster. Doch je dunkler es draußen wird, umso besser wird das Bild – auch wenn es an „normale“ Kinoqualität dennoch nicht ganz heranreicht.

PS- starke Filme wie „Fast & Furios“ sind im Autokino der Renner

Der Film ist von Beginn an furchtbar und Mario Barth, der in einem 30-Sekunden Fernsehsketch gerade noch amüsieren kann, nervt mich ab der ersten Minute. Zum Glück gibt´s im Autokino nach der Hälfte des Films eine Pause. Wie einige andere zieht es auch mich nun doch in die Snackbar – meine Freundin möchte unbedingt ein Eis. Die freundliche Kassiererin erzählt, dass generell im Sommer das ganzjährig geöffnete Autokino besser besucht wäre. Bei „beliebten Filmen sind so um die 100 Autos da, deutsche Filme gehen nicht so gut“. Bei der Premiere des neuen „Fast & Furios“- Steifens sei das Kino sogar ausverkauft gewesen, was zugegebenermaßen bei 1100 Plätzen selten vorkomme.

Bei Langeweile kann man sich zu zweit auf die Rückbank verziehen

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Im Autokino läuft man nicht Gefahr, sich hinter einer Hochsteckfrisur verbiegen zu müssen: Niemand versperrt einem die Sicht auf den Film. Foto: Matti Hesse

Nach etwa fünf Minuten geht „Männersache“ weiter. In den meisten Autos um uns herum sitzen Pärchen, Autokino scheint ein beliebter Ort für einen Abend zu zweit zu sein. Links von uns hat sich das Paar auf die Rückbank verkrochen, scheint meine Ansicht vom Film zu teilen und beschäftigt sich lieber mit rumknutschen. Im Auto einen Film zu schauen ist eben doch etwas anderes als ein normaler Kinobesuch: Stimmung wie in einem prall gefüllten Kinosaal bei einem spannenden Thriller oder einer schreiend witzigen Komödie kommt nicht auf. Dafür kann man den Film entspannt zu zweit genießen und bei einem angsteinflößenden Horrorstreifen notfalls einfach die Frequenz des Radios umstellen.

In dem Moment, in dem der Abspann mich von Mario Barth erlöst, starten die umstehenden Autos schon ihre Motoren und verschwinden durch das Ausgangstor. Ich schaue ihnen hinterher und denke, dass Autokino irgendwie schon ein besonderes Erlebnis ist, und ganz bestimmt eine gute Wahl für ein Date. Nur das nächste Mal suche ich mir einen besseren Film aus.

„Natürlich wird rumgeknutscht“: Interview mit dem Theaterleiter des DRIVE-IN Autokinos in Essen, Frank Peciak. Weiter geht es auf der nächsten Seite.

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