Feiern ohne Gott

Fotos/Montage: Marc Patzwald

Fotos/Montage: Marc Patzwald

Nach einem Todesfall kümmert sich meist ein Geistlicher um die Hinterbliebenen und leistet ihnen Beistand. Auch auf der Beerdigung selbst hält der Geistliche noch eine Predigt, erinnert an das Leben des Verstorbenen und die Tatsache, dass er nun bei Gott ist. Doch es gibt Menschen, die aus verschiedenen Gründen keine religiöse Beerdigung wünschen. In diesem Fall können sich die Angehörigen an den Humanistischen Verband Deutschlands (HVD) wenden. Dieser veranstaltet neben Trauerfeiern auch „weltliche Trauungen“ oder Namensgebungsfeiern.

Jens Hebebrand ist Leiter des HVD in Nordrhein-Westfalen, der seinen Sitz in Dortmund hat. Er selber war früher sehr gläubig und habe dann jedoch angefangen, „alles in Frage zu stellen“. Je mehr er sich mit dem Christentum und der Religion generell auseinandergesetzt hatte, desto mehr distanzierte er sich davon. Deshalb ist er auch Mitglied im HVD, der 1993 durch einen Zusammenschluss von freidenkerischen, freireligiösen und humanistischen Vereinigungen gegründet wurde.

Jens Hebebrand, Leiter Foto: HVD

Jens Hebebrand ist Leiter des HVD in Nordrhein-Westfalen und auch einer der wenigen ausgebildeten Redner. Foto: HVD

Humanismus ist eine Weltanschauung

„Beim Humanismus steht der Mensch im Vordergrund, es geht um das friedliche, gerechte und solidarische Zusammenleben der Menschen“, sagt Hebebrand. Dabei wird viel Wert auf die Verantwortung des Einzelnen gelegt. „Ein Unterschied zum Christentum ist, dass der Mensch alles mit sich selber ausmacht, es gibt niemand über ihm, der ihm verzeiht“, betont der 44-Jährige. Der HVD bietet vier sogenannte „Lebensfeiern“ an: Namensfeiern, Jugendfeiern, Hochzeiten und Trauerfeiern. Diese halten Redner, die eine dreimonatige Ausbildung durchlaufen haben. Jens Hebebrand selber ist einer von ca. 20 in NRW.

Bei Trauerfeiern ist die Erinnerung an den Verstorbenen wichtig
Vor einer Trauerfeier trifft sich zum Beispiel der jeweilige Redner dann mit den Angehörigen, um etwas über das Leben des Verstorbenen zu erfahren. Bei der Trauerfeier sei es wichtig, dass der Verstorbene zwar gewürdigt, dass die Feier selbst aber vor allem für die Hinterbliebenen gehalten wird. Sich an jemanden zu erinnern, sei enorm wichtig, so Hebebrand: „Der Mensch hört erst auf zu existieren, wenn niemand mehr an ihn denkt.“ Der Lünener versucht bei seinen Reden immer auch etwas Positives mit hereinzubringen: „Wenn die Angehörigen gelacht haben, war die Feier gut“. Ein Unterschied zu christlichen Beerdigungen sei der Verzicht auf Hinweise zu einem möglichen Jenseits. „Im Diesseits gibt es kein Jenseits“, meint Hebebrand dazu.

Die Jugendfeier des HVD steht in einer über 150-jährigen Tradition. Die Jugendlichen sollen so auf das Leben als Erwachsener vorbereitet werden. Foto: HVD

Die Jugendfeier des HVD steht in einer über 150-jährigen Tradition. Die Jugendlichen sollen so auf das Leben als Erwachsener vorbereitet werden. Foto: HVD

Bei der Jugendfeier, die Jugendliche mit 14 Jahren feiern, geht es vor allem darum, ein Gefühl der Verantwortung zu vermitteln. „Mit 14 ist man religionsmündig, bedingt geschäftsfähig und strafmündig“, erklärt Hebebrand. In einigen vorbereiteten Treffen werden sie dabei auch über das Christentum „aufgeklärt“. Zum Beispiel gehöre dazu, dass Weihnachten mittlerweile kein sonderlich christliches Fest sei. So sei beispielsweise das Datum willkürlich gewählt und der Weihnachtsbaum kein christliches Symbol. „Weihnachten ist so unchristlich, das feier ich auch“, sagt Hebebrand mit einem Augenzwinkern. „Wir Humanisten sind ja lebensfroh und es ist doch einfach schön, mit der Familie ein paar schöne Tage zu verbringen“.

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