Ausstellung: Wie offen ist Deutschland?

"Yes, we're open" - Die Eingangstür. Fotos: Leonie Schwarzer.

"Yes, we're open" - die Eingangstür. Fotos: Leonie Schwarzer.

Willkommen in Deutschland – visualisiert wird das schon durch die Eingangstür. Yes, we’re open, steht oben an der Tür in roten Leuchtbuchstaben, in verschieden Sprachen wird der Besucher begrüßt. Dann tritt man hinein in eine interaktive Wohnung, deren Räume und Möbelstücke die verschiedenen Lebensbereiche der Einwanderung verdeutlichen sollen.

Die Ausstellung tourt durch zehn deutsche Städte und ist noch bis zum 28. Juli in der DASA Arbeitswelt Ausstellung in Dortmund zu sehen. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales will hier mit Kooperationspartnern seine „Fachkräfte-Offensive“ weiter führen und Zuwanderer anwerben – dadurch wirkt die Ausstellung aber auch sehr einseitig. Yes we’re open – Willkommen in Deutschland will zeigen, dass Deutschland ein attraktives Einwanderungsland ist. Und Zuwanderer brauchen wir: Denn laut Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung könnte bis 2050 in Deutschland die Zahl der arbeitenden Menschen um mehr als sechs Millionen sinken.  Die Haare werden grauer, die Pflegeheime überfüllt und die Rentenkassen leer – was tun?

Vielfalt zum Anfassen und Anklicken

Ayran und Bulgur-Salat finden sich heute in vielen deutschen Kühlschränken. Fotos: Leonie Schwarzer.
Ayran und Bulgur-Salat finden sich heute in vielen deutschen Kühlschränken.

Die Ausstellung lädt den Besucher zum Mitmachen ein – es gibt zahlreiche Dinge zum Berühren, Anklicken, Anhören, Raten und Einordnen. In der Küche zeigt der Kühlschrank, aus wie vielen Kulturen unsere Lebensmittel stammen. Auf die italienische und jugoslawische Küche folgte die griechische und spanische, dann später die chinesische, thailändische und vietnamesische. Wer den Kühlschrank öffnet, sieht Ingwer, Sojabohnen Fetakäse, Ayran und Bulgur-Salat: zwar alltäglich, aber nicht aus Deutschland. Ein Quiz lädt zum Raten ein. Woher kommen Nudeln ursprünglich? Ein Tipp: nicht aus Italien.

Besucher können ihre Lieblingsgerichte mitteilen. Fotos: Leonie Schwarzer.

Besucher können ihre Lieblingsgerichte mitteilen.

Die Besucher können auf kleine Zettel schreiben, welches ihre „andere“ Lieblingsküche ist – und es verwundert, wie selten Nudeln und Pizza unter den ausländischen Lieblingsgerichten auftauchen. Auch der Mülleimer hat hier seine Funktion: Er kann sprechen und widerlegt „Sprüche für die Tonne“. „Die Deutschen sind gegen Zuwanderung“ murmelt er. Doch der Besucher erfährt: 70% der Deutschen seien für Zuwanderung.

An der Garderobe zeigen Fußballtrikots Zahlen zur Zu- und Abwanderung aus verschiedenen Ländern. Im Jugendzimmer wird dem Besucher bewusst, dass internationale Einflüsse in Medien, Sport und Musik heute schon völlig selbstverständlich sind – Generation Vielfalt wird die heutige Jugend da genannt. An kleinen Bildschirmen kann man sich Musikvideos von Künstlern wie Patrice, Thomas Godoj und Andreas Bourani anhören, die allesamt ausländische Wurzeln haben. Und im Kinderzimmer liegt statt dem Teppich mit bunten Autos eine nicht-eurozentrische Weltkarte.

Ausstellung bleibt an der Oberfläche

„Generation Vielfalt“ – die Ausstellung möchte bewusst machen, wie sehr unsere Gesellschaft von anderen Kulturen geprägt ist und für Deutschland als Einwanderungsland werben. Die Idee ist gut, allerdings werden wenige neue Aspekte beleuchtet. Fachkräftemangel wegen des demographischen Wandels? Diese Erkenntnis ist nicht unbedingt überraschend. Durch die vielen interaktiven Möglichkeiten ist die Ausstellung sehr informativ und kurzweilig, bleibt aber insgesamt an der Oberfläche. Was haben Menschen ohne Ausbildung für Chancen in Deutschland? Viele Aspekte blendet die Ausstellung einfach aus. Kurze Videos zeigen Einwanderer, die sich gut in Deutschland eingelebt haben. Aber es wirkt fast wie ein Imagefilm der Hauptstadt, wenn die amerikanische Biochemikerin mit ihrem Fahrrad durch das grüne Berlin fährt.

Wie hoch sind die Studiengbühren in anderen Ländern?

Wie hoch sind die Studiengebühren in anderen Ländern?

Die Zuwanderung ist eine Bereicherung

Umrahmt wird die Ausstellungs-Wohnung von 14 lebensgroßen Stelen mit Beispielen von geglückter Einwanderung. Zu den persönlichen Geschichten bekommen die Besucher aber auch immer wieder allgemeine Infos: Wann bekommt man eine Blue Card? Wie hoch sind die Studiengebühren in den USA? Wie ist der Weg zum deutschen Pass? Die Infos sind kreativ verpackt: Wer wissen möchte, was die Arbeitnehmerfreizügigkeit regelt, muss erst eine riesige Karte aus einem Koffer ziehen.

Gregor Isenbort, Leiter der Dasa, sagt: Die Zuwanderung ist eine Bereicherung. Und sie sei auch dringend nötig: Wir können viele Stellen aus Nachwuchsgründen nicht besetzen. Denn wer soll in ein paar Jahrzehnten die alten Menschen pflegen? In den Krankenhäusern als Arzt oder Krankenschwester arbeiten? Wenn man die Standards beispielweise im Bereich Wohlstand, soziale Absicherung und Pflege halten möchte, dann muss man sich darüber Gedanken machen, erklärt Isenbort.

Wie offen ist Deutschland wirklich?

Die Garderobe zeigt Zahlen zur Zu- und Abwanderung. Fotos: Leonie Schwarzer.

Die Garderobe zeigt Zahlen zur Zu- und Abwanderung.

Laut dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung könnte der Zuzug helfen, den Verlust an Arbeitskraft zu bremsen – bis 2050 immerhin von 40 Prozent auf 20 Prozent. Die Ausstellung ist nicht nur informativ gemeint – sie soll Unternehmer und Zuwanderer auch wirklich ansprechen und motivieren. Allerdings wird das Thema Einwanderung insgesamt zu einseitig beleuchtet. „Yes, we’re open“ – doch wie offen ist Deutschland wirklich? Die Ausstellung hebt positive Beispiele hervor, jedoch blendet sie dadurch auch Missstände aus. Deutschland ist offen, aber vor allem für die Eliten. Eine Blue Card klingt natürlich verlockend – allerdings braucht man dafür auch ein jährliches Bruttogehalt von 46.400 Euro.

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