Tattoo-Convention in Dortmund

Auf der Straße fällt man mit einem Tattoo auf – in den Westfalenhallen war es am Wochenende genau anders herum: Die Untätowierten auf der Tattoo-Convention waren in der Minderheit. Wir haben mit Tätowierern und Tätowierten darüber gesprochen, was an der Körperkunst so reizvoll ist.

Auf der Tattooconvention finden viele eine Idee für ein neues Motiv. Foto: Laura Millmann

Auf der Tattoo-Convention finden viele eine Idee für ein neues Motiv. Foto: Laura Millmann

Vor ein paar Jahren war es das Arschgeweih, jetzt sind es Ranken und Sterne um den Fußknöchel – die Mainstream-Trends bei Tattoos. Doch am Wochenende konnte man in den Dortmunder Westfalenhallen viel gewagtere Körperbilder bewundern. Über 400 Tätowierer boten ihr Können drei Tage lang dort an. Dabei sind erstaunliche Kunstwerke entstanden.

Jann und seine Frau Brambilla führen zusammen das Tattoogeschäft "Lebenslänglich". Foto: Laura Millmann

Jann und seine Frau Brambilla führen zusammen das Tattoogeschäft "Lebenslänglich". Foto: Laura Millmann

Künstler und Tätowierer

Jann hat mit seiner Frau Brambilla einen gemeinsamen Stand auf der Convention. Die beiden haben sich über das Tätowieren kennen gelernt und leben nun für ihre Leidenschaft. Seit fünf Jahren arbeiten sie zusammen, sie tätowiert, er malt die Motive. „Man kann kreativ arbeiten, hat jeden Tag mit verrückten Leuten zu tun und kann sich in seiner Kunst ausleben. Und ein Bild kann verbrennen, aber ein Tattoo bleibt ein Leben lang und rennt auf der Straße rum“, sagt Jann zu seinem außergewöhnlichen  Job. Er würde für kein Geld der Welt tauschen.

Neben den Mainstream-Motiven gibt es eine ganze Menge unterschiedlicher Stile, mit denen man experimentieren kann. Zu den bekanntesten Trends gehören die „biomechanischen“ Tattoos mit technisch wirkenden Motiven, die „Oldschool-Tattos“ (Anker, flammende Herzen und Pin-Ups) und nicht zuletzt die „Tribals“ als meist komplett schwarz ausgefüllte Muster. Oft sieht man auch Porträt-Tattoos, die lebensgetreu eine Person wiedergeben. Der Fantasie scheinen keine Grenzen gesetzt.

Macht Tätowieren süchtig?

Frank ist seit 10 Jahren im Tattoogeschäft und hat schon viel Verrücktes gesehen. Foto: Laura Millmann

Frank ist seit 10 Jahren im Geschäft und hat schon viel Verrücktes gesehen. Foto: Laura Millmann

Wenn man die Leute nach den Gründen fragt, aus denen sie sich tätowieren lassen, erhält man immer die gleichen Antworten: Lebensgefühl, Körperschmuck, Erinnerung an ein krasses Erlebnis. Die ganz Verrückten stehen auch auf den Schmerz. Wenn man einmal angefangen hat, scheint man nicht mehr aufhören zu können. Bleibt die Frage: Macht Tätowieren wirklich süchtig?

Jann glaubt nicht daran: „Das ist völliger Quatsch. Man sieht nur einfach, dass es gut aussieht. Dagegen wirkt die nichttätowierte Haut eben langweilig. Dann macht man immer weiter, aber das hat nix mit Sucht zu tun.“ Frank, der nur ein paar Stände weiter sitzt, ist anderer Meinung. Auch er ist schon lange im Geschäft, zehn Jahre um genau zu sein, und kann aus eigener Erfahrung sprechen: „Na klar ist das eine Sucht. Wenn du einmal Blut geleckt hast, machst du immer weiter. Das erste Tattoo ist ein großer Schritt. Aber je mehr Tattoos man bekommt, fällt einem der nächste Schritt immer leichter.“

Biomechanisches Tattoo. Foto: Laura Millmann

Biomechanisches Tattoo. Foto: Laura Millmann

Anscheinend baut jedes neue Tattoo die Hemmungen mehr ab. Und so wird für viele das Surren der Tattoonadel zu einer Lebensmelodie. Es geht ja auch so leicht. Desinfizieren, Schablone – ein so genanntes „Stencil“ – auftragen, und schon kann man die Linien stechen. Je nach Geschmack kann man das Tattoo dann komplett ausfüllen lassen, färben oder schattieren. Auf der Convention lassen sich deshalb auch einige Besucher zu ihrem ersten Tattoo hinreißen. Die Sorge, dass man es in ein paar Jahren vielleicht bereut, scheint niemand zu haben.

Ziele der Convention

„Darum geht es ja“, sagt Frank, „man will etwas für immer bei sich tragen. Entweder, weil es gut aussieht oder weil es eine Bedeutung. hat. Auf der Convention können sich die Besucher also über ihre Tattoos austauschen und sich neue Anregungen holen. Für die Tätowierer geht es vor allem um die Kontakte zu anderen Tätowierern und neuen Kunden.

Interessant ist es, dass sich auf der Convention einVerhältnis umzudrehen scheint: Sonst stechen die Leute mit bunter Körperbemalung aus der Masse heraus. In den Westfalenhallen sind es eher die Besucher mit weißer Haut, die auffallen sind. Letzteren bringt die Convention vielleicht eine tolerantere Einstellung. Denn trotz Hype werden Tattoos noch nicht überall anerkannt.

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