Duell: Semesterstart vor Ostern?

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Es ist da, das neue Semester. S-Bahnen, Mensa und Kurse sind wieder rappelvoll. Chaos und Hektik greifen um sich – soweit alles normal. Doch gerade in diesem Jahr fallen die ersten Uni-Tage in die Karwoche und der Unmut ist bisweilen groß. Studenten und Professoren fragen sich: Warum ausgerechnet vor den Ostertagen ins Sommersemester starten? Die Pflichtlektüre-Autoren Daniel Moßbrucker und Lena Beneke diskutieren Vor- und Nachteile des frühen Semesterbeginns.

pro contra
Zugegeben: Es ist erstmal komisch, als Student gegen längere Semesterferien zu argumentieren. Diese vier Tage zwischen Aprilstart und Ostern hätten die Uni-Verantwortlichen ihren Studierenden doch ruhig gönnen dürfen. So lautet wohl häufig die erste Reaktion. Nach den zwei Monaten noch einmal alte Freunde besuchen, noch einmal ordentlich entspannen oder noch länger im „Hotel Mama“ leben – die Zeit hätten Deutschlands kommende Akademiker sicherlich sinnvoll nutzen können. Was soll schon gegen eine kleine Ferienverlängerung sprechen?

Aufgeschoben ist nicht aufgehoben

Zuerst einmal sind es die deutschen Studienordnungen. Die schreiben nämlich vor, dass ein Sommersemester am 1. April beginnt. Von einer Oster-Ausnahme steht da (leider) nichts. Das christliche Fest fällt immer auf den ersten Sonntag nach dem Frühjahrsvollmond, also zwischen 22. März und 25. April. Dass die Feiertage 2012 in der Woche nach Semesterbeginn liegen, ist unglücklich – aber es ist halt so.

Zweitens ist vorgeschrieben, dass ein Sommersemester 14 Wochen lang sein soll. Ein späterer Beginn der Vorlesungszeit wäre daher nur auf den ersten Blick ein Gewinn an Freizeit. „Aufgeschoben ist nicht aufgehoben“, sagt der Volksmund. In der Ferienplanung heißt das: Der diesjährige Beginn der Sommerferien fiele dann erst auf den 24. Juli. Es ist aber (glücklicherweise) schon der 17. Juli. Damit bleibt dann mehr Zeit für Prüfungsvorbereitungen, Hausarbeiten und – vor allem – Urlaub! In der ersten Uniwoche blieb das Thermometer durchschnittlich bei 13 Grad Celsius stehen, die Bäume sind noch kahl und die Sommerjacke hängt noch im Schrank. Im Juli locken hingegen Sonne, Badesee und gemütliche Grillabende. Klingt irgendwie mehr nach Ferien, oder?

Gemächlich in den Uni-Alltag starten

Auch der Unialltag liefert einige Argumente. Mal ehrlich, richtiges Ferien-Feeling war das in der letzten Märzwoche doch eh nicht mehr. Einige mussten noch rasch ihre Klausur nachschreiben, noch viel mehr dachten mit Schrecken an den 31. März, als die Hausarbeiten abgegeben werden mussten. Der Unistress hatte einen längst wieder. Die meisten Studenten sind nach der Vorlesungszeit ausgelaugt und wollen erst einmal wieder die Akkus auffüllen. Zum Ende der Ferien wird die Zeit immer knapper und der Druck immer größer. Passend zum April ist die „Betriebstemperatur“ dann erreicht – los geht’s!

Und womit? „Mit etwas Organisatorischem zum Anfang.“ Das sagt in der ersten Woche jeder Professor, so beginnt jedes Seminar. Inhaltlich werden Deutschlands kluge Köpfe doch kaum gefordert. Und für so leichten Stoff ist eine verkürzte Auftaktwoche doch optimal: Ein bisschen was zum Ablauf sagen, die Referate verteilen und ganz nebenbei viel Zeit mit den Studienfreunden verbringen, die einem so lange nicht mehr über den Weg gelaufen sind. Nach der Osterentspannung wird dann durchgestartet.

Natürlich sind lange Ferien irgendwie toll. Doch wer ehrlich zu sich selbst ist, der erkennt, dass Forderungen nach einer „Osterpause“ zum einen rechtlich undenkbar und in der Realität wenige Argumente haben. Von der Bequemlichkeit mal abgesehen. Das werden wohl letztlich alle Studenten begreifen, spätestens jedoch am 17. Juli. Dann beginnen endlich die Semesterferien.

Studenten haben ein Zeitproblem. Die vorlesungsfreie Zeit zwischen Winter- und Sommersemester ist kurz und die Länge der Semesterferien vollkommen unsinnig. Nach den Ostertagen in das neue Semester zu starten wäre nicht nur um einiges studentenfreundlicher gewesen, sondern hätte Fachschaften – wie der Germanistik – mehr Zeit gegeben Seminarplätze zu koordinieren. Sieben Tage. Haben oder nicht haben. Das Kurschaos in der Germanistik hätte dadurch zumindest vermindert werden können, denn für eine ordentliche Kursplanung fehlt schlicht die Zeit sagen die Fachschaften.

Außerdem: „Semesterferien“ und ein ausgestorbener Campus? Im Gegenteil: Für viele Studenten beginnt der Stress erst mit dem Ende der Vorlesungszeit, denn dann gilt es für Klausuren zu lernen und Hausarbeiten zu schreiben. Weiter geht’s. Stichwort: Praktikum. Vielleicht sogar im Ausland? Immer gern – aber bitte in der vorlesungsfreien Zeit. Der Druck wächst. Spätestens jetzt erscheint Studierenden das Wort ´Exmatrikulation´ mehr als reizvoll. Denn oft gilt: Kein Praktikum ohne Praktikumsbericht. Sprich: Noch mehr Arbeit.

Weniger Zeit, mehr Druck

Diese Arbeit ist richtig. Sie gehört dazu und ist selbstverständlich, wenn man etwas lernen möchte. Doch mehr Arbeit bedeutet, dass mehr Zeit da sein muss. Die ist gerade zwischen Winter- und Sommersemester viel zu kurz, um all das zu schaffen, was während des Semesters unmöglich zu bewältigen ist. Das gilt nicht nur für Studierende mit einem oder mehreren Nebenjobs, sondern ebenfalls für die Arbeit von Fachschaften und Professoren.
Blockseminare, die Korrektur von Klausuren und Hausarbeiten oder Weiterbildungen sind nur ein kleiner Teil dessen, was Professoren an einer Universität leisten. Um Studierenden, wie Forschung gerecht zu werden, reicht die freie Zeit nicht aus. Und da war doch noch etwas – ach ja, das Privatleben.

Der Mythos des Privatlebens

Nicht einmal fünf Tage Uni, dann winkt ein langes Wochenende. Da stellt sich die Frage: Über die Ostertage zurück in die Heimat? Oder – und da kommt das Geld ins Spiel – vielleicht doch nicht. Ein Bahnticket über längere Strecken ist schließlich kein Pappenstiel. Für die meisten Studenten ist das ständige Pendeln schlicht zu teuer- waren sie doch gerade erst Daheim. Ein Semesterstart nach Ostern käme ebenfalls Familien entgegen, die wegen der Diskrepanzen zwischen Schul- und „Semesterferien“ Probleme haben, einen gemeinsamen Urlaub zu planen. Ferner würden Studierende profitieren, die ein Schulkind in seinen Osterferien nicht betreuen können, da die Uni ruft. Urlaub ade.

Sieben Tage machen unterm Strich viel aus. Im Sommer haben Studenten fast einen Monat länger frei als im Frühjahr, eine Woche im Juli dranzuhängen sollte kein Problem darstellen. Das macht unter anderem die Universität Duisburg-Essen.

Bis Anfang 2015 stehen die Vorlesungszeiten bereits fest – ändern wird sich an der TU Dortmund somit erst einmal nichts. Schade.

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Foto: stockxchng/bizior, Montage: Steinborn/Schweigmann, Teaserfoto: Daniel Moßbrucker