Poledance – ein Selbstversuch

Sie räkeln sich elegant und sexy um eine Stange und lassen es dabei noch unglaublich leicht aussehen: Pole-Tänzerinnen treten heute nicht mehr nur in Clubs auf – aus dem Stangentanz ist eine Sportart geworden. Nora Füllenkemper hat sich im Dortmunder Tanzstudio Vi–Dance an die Stange getraut.

Noch ist das Tanzstudio leer. Fotos: Nora Füllenkemper

Noch ist das Tanzstudio leer. Fotos: Nora Füllenkemper

Das erste, was auffällt, ist der Geruch nach Fensterputzmittel. Er zieht sich durch den ganzen Flur bis hin zum Studio. Das Studio selbst ist kleiner als erwartet, mit vielen Tanzstangen. Der Parkettboden ist frisch geputzt, die Stangen reflektieren in der Spiegelwand. In einer Ecke liegen Kleidung und Accessoires für Poledance. Dazu gehören unfassbar hohe Schuhe, Hotpants oder auch knappe Oberteile. Im Hintergrund laufen Remixe bekannter Lieder – von Pitbull bis Alicia Keys.
Eine Freundin und ich wollten immer schon ausprobieren, wie schwer es wirklich ist, sich elegant um eine Polestange zu drehen – schließlich sieht es in Clubs oder Musikvideos so leicht aus.  Zusammen wollen wir uns heute am Poledance versuchen. Wie es aussieht, sind auch die anderen Teilnehmerinnen mit ihren Freundinnen gekommen. Die Stangen werden während des Umziehens schon kritisch beäugt. Und da soll ich gleich wirklich hochklettern?

Erstmal warm machen

Doch bevor es an die Stange geht, machen wir uns mit Trainerin Jenny erst einmal warm. Dazu gehören schnelle Sprünge und Dehnübungen am Boden. Mir fällt auf, wie anstrengend allein die Aufwärmübungen sind. Eine Besonderheit des Warm–Ups sind viele Übungen speziell für Hände und Schultern – die beiden Körperteile, die ich normalerweise gar nicht trainiere. Deshalb wundert es mich nicht, dass ich nach dem kurzen Aufwärmen schon schwitzige Hände und einen hochroten Kopf habe.

Woher kommt Poledance eigentlich?

Poledance (engl. Stangentanz) kommt ursprünglich aus dem chinesischen Zirkus (chinese pole). Hierbei führen Akrobaten ihre Tricks ebenfalls an Stangen vor. Später wurde der Poledance ins Rotlichtmilieu übernommen.

Die Schuhe zum Poletanzen sind schwindelerregend hoch.

Die Schuhe zum Poletanzen sind schwindelerregend hoch.

Mittlerweile ist es für viele auch einfach eine sportliche Betätigung. Bei den Olympischen Spielen 2016 in Rio de Janeiro soll Poledance sogar als Demonstrationssportart an den Start gehen. Poledance ist eine Mischung aus Ausdauer, Kraftsport, akrobatischen Figuren, Eleganz und Erotik.

Schweißnass am Boden

Doch vor den akrobatischen Figuren lernen wir zuerst einmal etwas Einfacheres: laufen. Dafür halten wir uns mit einer Hand an der Stange fest und laufen auf Zehenspitzen um die Stange herum. Aber selbst das habe ich mir einfacher vorgestellt. Denn zu den Zehenspitzen kommen noch gestreckte Beine und eine Hüfte, die ganz weit von der Stange entfernt sein muss. Nach ein paar Runden funktioniert zumindest das Laufen ganz gut.

Noch nie war sitzen so schwierig

Von Eleganz oder gar Erotik sehe ich bei mir noch nichts. Ich komme mir am Anfang vor wie ein Walross. Denn schon die ersten Übungen, die bei Jenny so leicht aussehen, sind eine große Kraftanstrengung für mich.

Das Tanzstudio Vi-Dance in Dortmund

Das Tanzstudio Vi-Dance in Dortmund

Wir fangen an mit dem „chair“. Diese Übung heißt so, weil es so aussieht, als würde man sich auf einen Stuhl setzten. Dazu hält man sich mit dem einen Arm sehr weit oben an der Stange fest. Mit dem anderen Arm umfasst man die Stange auf Bauchnabelhöhe. Dann dreht man sich um die Stange und zieht die Beine an, bis man in einer sitzenden Position um die Stange schweben sollte.  Ich rutsche immer wieder mit meinen schweißnassen Händen ab und lande auf dem Boden.

Der Trick mit dem Fensterputzmittel

Erst jetzt kann ich verstehen, warum es nach Fensterputzmittel riecht: Jenny gibt mir ein Ledertuch mit dem Mittel und ich reibe die Polestange ab, damit der Schweiß verschwindet. Danach lässt es sich etwas leichter tanzen.

Doch leider sind meine nächsten Versuche auch nicht besser als die ersten. Das schwierige beim Poledance ist nicht der Schwung, sondern die Kraft, mit der man sein Körpergewicht an der Stange halten muss. Während Jenny mit kontrollierten Bewegungen sanft die Stange heruntergleitet, schlage ich mir mehrmals die Schienbeine völlig unkontrolliert an der Stange an.

„Voulez-vous coucher avec moi ce soir? “

Am Ende lernen wir eine Choreografie an der Stange

Am Ende lernen wir eine Choreografie an der Stange

Nachdem wir noch zwei weitere Tricks gelernt haben, kommt die eine Choreografie – natürlich zu dem Lied „Lady Marmalade“ aus „Moulin Rouge“. Den Anfang bekomme ich sogar hin. Allerdings müssen wir uns dabei auch nur möglichst sexy um die Stange räkeln. Der schwierige Teil kommt erst danach, wenn die Tricks eingebaut werden. Sich an der Stange halten, an der richtigen Stelle zu Boden gleiten und gleichzeitig möglichst erotisch bewegen, ist nicht gerade einfach. Und dann gibt es noch so etwas wie Takthalten.

Aua, mit tut alles weh

Am Ende bin ich froh, dass ich überhaupt noch meine Sachen zusammen packen kann. Jeder Muskel in meinem Körper meldet sich zu Wort. Vor allem Oberschenkel, Schultern und Arme. Hinzu kommen blaue Flecken und aufgeschürfte Haut am ganzen Körper. Den anderen Teilnehmerinnen geht es nicht besser. Auch sie verziehen bei unbedachten Bewegungen schmerzhaft das Gesicht. Aber trotz all der Schmerzen: Poledance macht nicht nur Spaß, sondern trainiert auch gefühlt jeden Muskel im Körper. Gerade am Anfang gibt es sehr viel zu lachen, weil die Übungen witzig aussehen, wenn man sie noch nicht kann. Man fühlt sich gut danach. Und ein ganz kleines bisschen sexy.

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