Sicheres Radfahren durch Helmpflicht?

Zweifelhafte Studienlage

Laut ADFC soll jeder Radler selbst entscheiden, ob er einen Fahrradhelm trägt oder nicht. Paul-Georg Meister/pixelio.de

Laut ADFC soll jeder Radfahrer selbst entscheiden, ob er einen Fahrradhelm trägt oder nicht. Foto: Paul-Georg Meister/pixelio.de

Doch wie kann es sein, dass Studien einerseits die Schutzwirkung des Fahrradhelms belegen, andererseits bezogen auf die Folgen der Helmpflicht verblüffende und zum Teil paradoxe Ergebnisse erzielen? Die Ursache für diesen vermeintlichen Widerspruch liegt in der methodischen Schwäche der Studien. „Das Problem ist, dass wir keine verlässliche Dokumentation der Fahrradunfälle haben“, sagt Juhra. Selbst leichte Autounfälle werden in der Regel an Versicherungen oder an die Polizei gemeldet, Radfahrer hingegen suchen bei einem Unfall nur selten die Polizei auf. Insbesondere, wenn sie alleine und ohne Fremdeinwirkung zu Schaden gekommen sind. Wenn sich Radfahrer nach einem Sturz zum Arzt begeben, spielt auch dann der genaue Unfallgrund keine Rolle. Juhra geht daher von einer hohen Dunkelziffer aus. „Nur maximal ein Drittel aller Fahrradunfälle wird tatsächlich polizeilich erfasst“, schätzt der Unfallchirurg aus Münster.

Noch schwieriger ist es, verlässliche Daten zu Unfällen bei Helmträgern zu sammeln. Wer bei einem Fahrradunfall einen Helm trägt und nicht zu Schaden kommt, wird einen Arzt gar nicht aufsuchen und taucht in den Statistiken nicht auf. Zurück bleiben dort dann oftmals die schweren Fahrradunfälle, bei denen Verletzungen auftreten, die auch mit Helm nicht zu verhindern gewesen wären. Eine vollständige Datenlage für die Studien ist somit nicht gegeben. Verfälschte Ergebnisse seien die Folgen, bemängeln Helmskeptiker.

Vorerst doch keine Helmpflicht in Sicht

Die Studien sind dermaßen fraglich und die Resultate derart ungenau, dass keine verlässlichen Aussagen möglich zu sein scheinen – Selbst der genaue Nutzen eines Helmes ist ungewiss. „Das liegt unter anderem daran, dass Helme mit einer Aufprallgeschwindigkeit von etwa 20 Kilometer pro Stunde getestet werden. Bei einem Zusammenstoß mit einem Auto sind aber weitaus höhere Geschwindigkeiten üblich“, erklärt Bettina Cibulski. Die Pressesprecherin des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) sieht für eine Helmpflicht daher keine Grundlage. Sogar das Bundesverkehrsministerium hat sich von einer gesetzlichen Pflicht distanziert und versucht stattdessen, das Ansehen des Helmes durch Werbekampagnen zu verbessern.

Für die Sicherheit der Radfahrer fordern Experten besser ausgebaute Radwege. Foto: Gabi Schoenemann/pixelio.de

Für die Sicherheit der Radfahrer fordern Experten besser ausgebaute Radwege. Foto: Gabi Schoenemann/pixelio.de

Breitere Straßen statt Helmpflicht

Der Sinn einer Helmpflicht für Radfahrer bleibt umstritten. Wie lässt sich dann aber die Sicherheit der Radfahrer auf Deutschlands Straßen gewährleisten? Christian Juhra plädiert für eine Trennung der Debatte. „Der Helm kann die Folgen des Unfalls verhindern, aber nicht den Unfall selber“, betont der Mediziner. Für die Unfallprävention von Radfahrern sei es deshalb wichtig, sich auf die Verkehrsplanung zu konzentrieren. Dazu zählt Juhra unter anderem separate Fahrradwege oder breitere Spuren für Radfahrer, was ihre Sichtbarkeit im von Autos dominierten Straßenverkehr verbessern würde. Um die Sicherheit der Radfahrer zu erhöhen, kommen somit mehrere Maßnahmen in Frage. „Der Helm ist dafür nur der letzte Mosaikstein“, so Cibulski vom ADFC. Aber dennoch kein unbedeutender. Allen Vorbehalten zum Trotz – Der Helm hat schon manchen Radfahrer vor Schlimmerem bewahrt. Selbst Helm-Muffel sollten dies bedenken, bevor sie sich das nächste Mal auf ein Fahrrad schwingen.

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