„Ihr Server antwortet nicht“ – im Prinzip kann jeder Mensa-Schlangesteher verstehen, warum

Vier von fünf Online-Händlern rechnen für das Weihnachtsgeschäft trotz Wirtschaftskrise mit gutem Umsatz. Denn 2009 wird voraussichtlich für 21,8 Milliarden Euro im Internet eingekauft werden. Soviel Geld wie nie zuvor. Manchmal scheitert das Online-Shopping jedoch: „Fehler Netzwerküberschreitung“ steht dann auf dem Monitor. Was ist passiert?

Studenten stellen "Anfragen" an die Essensausgabe

Studenten stellen "Anfragen" an die Essensausgabe

Das Phänomen nennt sich Serverüberlastung und tritt auf, wenn hundert Tausende User gleichzeitig auf einen Server zugreifen wollen. Prima lässt sich das am Beispiel einer Studenten-Mensa erklären. Solange nicht viel los ist, funktioniert alles reibungslos. Die einzelnen Gäste suchen sich ihr Menü aus, bezahlen und setzen sich zum Essen.

Genauso ist das beim Online-Kauf auch. Der eigene Browser – wie der Internet Explorer oder Mozilla Firefox – stellt eine Netzwerkverbindung zum Server einer Firma her. Der Server, wie in der Grafik auch Applikationsserver genannt, ist nichts anderes als ein Computer, der die Anfragen der User entgegennimmt und bearbeitet. Dazu greift er auf eine Datenbank zurück, von der er sich die gewünschten Informationen holt.

Jeder Mausklick hat seinen „Preis“

Arne von Irmer, Projektleiter der Lernplattform ews, erklärt, dass schon das Aufrufen jeder Öffnungsseite eine Anfrage sei. „Das heißt eigentlich fließen da Daten hin und her. Und die werden dann wieder vom Browser interpretiert als Bilder oder Text.“ Der Browser stehe also in einem ständigen Dialog mit dem Server.

Arne von Irmer

Arne von Irmer vom ITMC der TU Dortmund

„Und je mehr Dialog man hat und je länger die Antworten sind, desto – sagen wir immer – teurer ist die Anfrage“,
sagt von Irmer.
Besonders „teuer“ ist zum Beispiel ein Login oder die Anforderung von aktuellen Preisen. Diese Anfragen erfordern viel Serverleistung, weil die Antworten jedes Mal neu berechnet werden müssen. Startseiten hingegen, wie die vom ews, liegen schon vorbereitet im Speicher.

Nichts geht mehr – weder in der Mensa, noch beim Server

Zurück in die Mensa: Diesmal ist sie voll. Überall steht man in der Schlange: an der Essensausgabe, an der Kasse und sogar an der Geschirrückgabe. Die Mitarbeiter haben viel zu tun, wie manchmal auch ein Server.

Laut von Irmer kann dieser immer nur mit einer gewissen Anzahl von Computern gleichzeitig „sprechen“. Ist diese Anzahl erfüllt, kann er keine weiteren User annehmen. Er lehnt sie ab, indem er eine Fehlermeldung ausgibt. „Und das ist so richtig der Klassiker“, sagt von Irmer, der diese Momente auch nur allzu gut kennt. Das wäre so, wie wenn man um halb eins vor geschlossenen Türen steht, weil die Mensa nur noch die Studenten bedienen kann, die schon drinnen sind. Die Mitarbeiter schließen die Mensa-Türen, um sich selbst vor weiterem Andrang zu schützen. Der Server zeigt die Fehlermeldung an, solange er damit beschäftigt ist sich selbst zu befreien, also die bereits eingegangenen Anfragen abzuarbeiten.

Ein Warnzeichen für eine bevorstehende Überlastung ist es, wenn eine Internetseite nur teilweise angezeigt wird. Also zum Beispiel nur Kästchen zu sehen sind, wo eigentlich Bilder sein sollten. Um ihre Serverleistung zu erhöhen, verbinden Firmen oft mehrere Server miteinander. Sie stellen damit eine sogenannte Serverfarm her. Eine eingehende Anfrage wird nach dem „Plumpsack-Prinzip“, also zufällig, an einen der freien Computer weiter geleitet.

Google als Vorbild

Ein gutes Beispiel dafür, wie Serverüberlastung vermieden werden kann, ist die Suchmaschine Google. Arne von Irmer verrät, dass das US-Unternehmen Google Inc. Serverzentren auf der ganzen Welt habe, die alle miteinander verknüpft seien. Noch nie sei Googles enorme Serverfarm besiegt worden, nicht einmal durch eine sogenannte DDoS-Attacke.

Grafik: Die Kommunikation zwischen

Grafik: Die Kommunikation zwischen User und Server/ Grafik: Sami Skalli

Eine DDoS-Attacke (Distributed Denial of Service oder deutsch: Verteilte Dienstblockade) ist ein koordinierter Angriff auf einen Server. Von einer Vielzahl verschiedener Rechner aus, werden gleichzeitig Anfragen an den Server einer Firma geschickt, um diesen zu überlasten. Solche Angriffe werden meistens nicht von Hand ausgeführt, sondern mithilfe von Backdoor-Programmen, die sich von ihrem ursprünglichen Rechner aus, auf andere verteilen und so ein Netz spinnen. Der Angreifer bedient sich unbefugt dieser Rechner, um seine Attacke von möglichst vielen verschiedenen Computern aus gleichzeitig auszuführen. Eine ganz schön kriminelle Sache, die Firmen mittlerweile sogar schon als „Dienstleistung“ angeboten wird, um der Konkurrenz zu schaden.

Serverüberlastung pünktlich zum Semesterstart

Leere Kästchen und Fehlermeldungen haben auch die Studenten der TU am Anfang des Semesters zur Verzweiflung gebracht. Die Lernplattformen lsf und ews waren nicht mehr aufrufbar, weil alle gleichzeitig ihre Stundenpläne zusammenstellen wollten.

Man sollte dann ins Netz gehen, wenn nicht viele andere da unterwegs sind, rät von Irmer. Oder einfach Geduld haben und an die Kassiererin der Mensa denken, die eine riesige Schlange vor der Nase hat und auch nicht mehr kann, als was zwei Hände tun.

Guten Appetit!

Der Server hat seinen Auftrag ausgeführt