Neuer Kalter Krieg? Nein, Danke!

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Mehr Soldaten, neue Waffen, neue Spannungen: Zwischen Nato und Russland läuft es momentan – gelinde gesagt – suboptimal. Man feindet sich an, vertraut sich nicht mehr. Gespräche zwischen den Streithähnen gibt es kaum. Stattdessen redet man lieber mit den eigenen Freunden über den jeweils anderen. Kommt einem irgendwie bekannt vor. Leider.

Ein Kommentar von Philipp Lippert

„Das darf nicht wahr sein!“ Das werden sich wohl einige gedacht haben, die in den vergangenen Tagen die Nachrichten verfolgt haben. Die USA planen anscheinend, etwa 20 neue Atombomben mit der gesamten Sprengkraft von 80 Hiroshima-Bomben im rheinland-pfälzischen Büchel zu lagern. Sagt mal gehts noch? Habt ihr gar nichts aus der Vergangenheit gelernt? Jedenfalls erinnert viel an die Zeit des Kalten Krieges, wenn man sich nur anschaut, wie sich das Verhältnis zwischen Russland und dem Westen zuletzt verändert hat. Militärmanöver hier, Militärmanöver da, neue Langstreckenraketen und jetzt als Krönung die Atombomben.

Auslöser für das Aufleben der Spannungen zwischen Russland und dem Westen ist die längst nicht beendete Ukraine-Krise. Immer wieder flammen die Kämpfe zwischen den Separatisten und den Regierungstruppen in der Ostukraine auf. Als Verursacher gilt Russland, das die Halbinsel Krim annektierte. Seitdem hat sich die Beziehung zwischen der Nato und Russland extrem verschlechtert. Man bringt sich längst nicht mehr nur Misstrauen und verbale Ablehnung gegenüber. Stattdessen hat das von damals bekannte „Säbelrasseln“ wieder angefangen. Man spielt wieder das Spiel des Kalten Krieges: „wie du mir, so ich dir.“

Was du kannst, kann ich schon lange!

Nach der Krim-Annexion erhöhten die EU und die USA durch Sanktionen den Druck auf Moskau. Russland ließ sich nicht beirren und feierte im Mai die größte Militärparade seiner Geschichte. Macht man als Zeichen der eigenen Stärke eben einfach mal so. Klar, dass sich da die Nato nicht zurückhalten kann: In diesen Tagen läuft in Spanien, Italien und Portugal eine riesige Militärübung. 36.000 Soldaten sind im Einsatz. Zuvor hatte die Nato immer wieder auch kleine Übungen durchgeführt – natürlich vor allem in Ländern, die an Russland grenzen.

Aber auf beiden Seiten gibt man sich längst nicht nur mit Übungen oder Paraden zufrieden. Nein – es müssen wieder mehr und vor allem effektivere Waffen sein. Putin kündigte schon im Juni an, sein Nuklearwaffenarsenal mit 40 zusätzlichen Interkontinentalraketen anzureichern. Mit diesen Raketen kann er immerhin ganz sicher gehen, dass die auch wirklich überall hinkommen, wo er sie haben will. Und weil das noch nicht Provokation genug ist, lagern wir sie eben in Kaliningrad – schön nah an den östlichen Nato-Staaten. Die Nato verdoppelt im Gegenzug die Soldatenanzahl in ihrer schnellen Eingreifgruppe auf mindestens 36.000 Mann. Eine neu gegründete Speerspitze von etwa 5000 Soldaten soll innerhalb weniger Tage im Fall einer Krise einsetzbar sein. Und um noch einen drauf zu setzen – die Amis können es ja nicht lassen – stationiert man dann eben neue Atombomben in Deutschland.

Schweigen statt Reden

Leute, merkt ihrs nicht? Der Zug fährt in die falsche Richtung! Das mit dem Kalten Krieg hatten wir doch schon durch und brauchen wir nicht nochmal. Ok – das aktuelle Aufrüsten steht nicht in einem echten Verhältnis zu den damaligen Verhältnissen: 1986 hatte die UdSSR laut der „Die Welt“ noch 40.000 atomare Sprengköpfe, heute besitzt Russland „nur“ noch 4500 – immer noch 4500 zu viel! Gerade weil sich die Beziehung zwischen Nato und Russland in den vergangenen Monaten extrem verschlechtert hat. Die Tendenz ist negativ, man vertraut sich nicht mehr und beschuldigt sich gegenseitig der Lüge. Neustes Beispiel: Russland fliegt jetzt auch Luftangriffe in Syrien. Gegen den IS, sagen die Russen. Auch gegen die Opposition, sagen die USA.

Doof nur, wenn man sich dann auch noch alle Möglichkeiten nimmt, den Streit einmal in einem vernünftigen Gespräch zu klären. Beim G7-Gipfel in Elmau hat man ja lieber auf Putin verzichtet. Der hat dann eben im Gegenzug einen eigenen Gipfel mit seinen Freunden aus den Entwicklungsländern abgehalten. Man redet also nicht mehr mit-, sondern lieber über einander. Erst nach Monaten des Rumprotzens findet jetzt Anfang Oktober wieder ein echtes Gipfeltreffen zur Ukraine-Krise zwischen Deutschland, Frankreich, der Ukraine und – man höre und staune – Russland statt. Wie aber will man den Konflikt wieder aus der Welt schaffen, wenn man nur alle paar Monate Lust hat, miteinander zu reden? Es darf nicht schon wieder losgehen mit dem ewigen Misstrauen und dem gegenseitigen Aufrüsten!

Auf der Welt gibt es gerade doch wesentlich Wichtigeres zu erledigen, als sich erneut anzufeinden: Flüchtlingsproblematik, Syrien-Krieg und Klimaerwärmung zum Beispiel. Um all das zu lösen, braucht es eine vereinte Welt und keinen Zickenkrieg zwischen Nato und Russland. Also reist euch verdammt nochmal zusammen und findet gemeinsam Lösungen und Kompromisse. Verwendet euer Geld nicht wieder für unnötige Rüstungsausgaben und Militär, sondern für die richtigen Probleme dieser Welt. Das würde mal echte Stärke zeigen.

Teaserbild: KrzysztofTe Foto Blog / flickr.com

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