Wissenswert: Reinigt Dreck wirklich den Magen?

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„Aber Oma, an der Erdbeere klebt ja noch Dreck…“, haben wir gemault. „Das macht nix, den kannst du mitessen. Ein bisschen Dreck reinigt den Magen“, sagte die Oma. Und weil die natürlich viel mehr Lebenserfahrung und sowieso immer recht hat, stopften wir uns das noch ein bisschen schmutzige Obst in den Mund. Doch hilft Dreck tatsächlich bei der Magenhygiene – oder ist er am Ende sogar schädlich?

Die Antwort, wie so oft: Es kommt darauf an, denn Dreck ist nicht gleich Dreck. Auf die Zusammensetzung kommt es an. Der typische Dreck aus dem Blumenbeet könnte zum Beispiel aus Erdkrümeln, Sandkörnern und Blütenpollen bestehen. Doch auch Parasiten, Pilze, Bakterien und Viren könnten im Dreck vorhanden sein. Problematisch ist das allerdings nicht. Schon der menschliche Speichel wirkt antibakteriell, den Rest erledigt die stark konzentrierte Salzsäure im Magen, die (fast) alles tötet.

Nur wenn das Immunsystem geschwächt ist oder es sich um besonders aggressive Erreger handelt, kann es passieren, dass diese weiter in den Körper gelangen. Schädlich ist ein bisschen Dreck also nur in den seltensten Fällen, denn der Magen selbst wirkt wie eine Art Desinfektionskammer. Sogar hilfreich kann ein bisschen Schmutz sein: Auch ein Immunsystem braucht Training.

Bauernhofkinder sind die gesünderen Kinder

Heute vermuten Forscher, dass Kinder, die viel draußen spielen und dabei auch mal Dreck zu sich nehmen, ein besseres Immunsystem entwickeln und weniger Allergien bekommen. Nachgewiesen wurde das beispielsweise schon bei Kindern, die auf Bauernhöfen aufgewachsen sind. Forscher aus München entdeckten, dass die Luft in Kuhställen besonders viele Keime enthält. Was klingt, als müsse es sich zwangsläufig negativ auf die Gesundheit auswirken, ist in Wirklichkeit entfernt vergleichbar mit einer Impfung.

Kinder im Kuhstall: Training für die Abwehrkräfte Foto: Marc Tollas  / pixelio.de

Kinder im Kuhstall: Training für die Abwehrkräfte. Foto: Marc Tollas / pixelio.de

Kommen Kinder schon früh mit Keimen in Berührung, lernt der Körper diese effektiv zu bekämpfen. Dieser Lernprozess beginnt schon während der Schwangerschaft und setzt sich besonders in den ersten beiden Lebensjahren fort. Zwar ging es bei der Untersuchung der Forscher aus München vor allem um Asthma und die Atemwege, die Vermutung liegt jedoch nahe, dass es zu ähnlichen Abhärtungseffekten kommt, wenn der Dreck – und damit die Keime – über den Mund aufgenommen werden. Viele Allergologen schieben die immer häufiger auftretenden Allergien deshalb auch auf eine zu strikte Hygiene im Kindesalter. Wer nie mit seiner Umwelt in Berührung kommt, der lernt auch nicht mit ihr umzugehen.

Erde in rauen Massen?

Das bedeutet aber nicht, dass nun jeder Mensch zum Frühstück einen Löffel Erde zu sich nehmen sollte. Auch nicht, wenn diese abgepackt und als Heilerde in der Apotheke angeboten wird – deren heilende Wirkung ist äußerst umstritten. Angeblich sind darin Magnesium- und Aluminiumverbindungen enthalten, die die Magensäure regulieren. In manchen Regionen der Erde, besonders bei Naturvölkern, gilt es auch deshalb als gesund, ab und an Erde zu essen. Besonders bei schwangeren Frauen im Osten Afrikas kommt dies häufig vor. Warum?

Darüber streiten sich die Gelehrten. Während die einen Hunger und Nährstoffmangel verantwortlich machen, der durch die Salze im Boden ausgeglichen werden soll, sehen andere in dem Verhalten einen Schutzmechanismus ähnlich dem Erbrechen in der Schwangerschaft. Beliebt ist nämlich besonders feine, tonhaltige Erde. Und an diese binden sich viele Mineralstoffe. Wird die Erde dem Körper zugeführt entzieht sie ihm diese Mineralstoffe. Schwangere Frauen in Ostafrika zeigen deshalb oft eine Anämie, haben also zu wenig Eisen im Blut. Das ist zwar ungesund, Forscher der Cornell University vermuten jedoch, dass diese ausschwemmende Wirkung bei Vergiftungen durchaus hilfreich sein kann und untersuchen zurzeit weltweit Erden auf ihre Wirkung. 

Sollte sich diese Theorie bestätigen, dann hatte Oma tatsächlich recht: Dreck reinigt den Magen – auch wenn sie vermutlich nicht an schwangere Frauen in Afrika gedacht hat. 

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