Humor ist keine Frage der Kultur

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Montage: Falk Steinborn, Foto: sxc.hu, emospada, BrightyG, mfb1982

Man kann sich dem Thema „Lachen“ in der Wissenschaft auf verschiedene Weise nähern. Aus psychologischer, aus physiologischer und sogar aus sprachwissenschaftlicher Sicht ist unser Lachen ein hoch komplexer Vorgang. Aus kulturwissenschaftlicher Sicht ist das Thema jedoch bisher kaum beleuchtet worden. Eins ist jedoch klar: Unterschiedliche Formen von Humor haben nichts mit der kulturellen Herkunft eines Menschen zu tun.

Im Allgemeinen kann man zwischen den verschiedenen Kulturen und ihrem Humor keine klare Grenzen ziehen. Eine Unterscheidung ergibt sich jedoch im Umfang des Humors, den eine Kultur aufweist. Das weiß auch Dr. Rainer Stollmann. Er lehrt am Institut für Kulturwissenschaften und Ethnlogie an der Universität Bremen. „Die Inder zum Beispiel kann man als die Engländer des vorderen Orients bezeichnen. Die Engländer werden hier in Europa als besonders komisch wahrgenommen.“ Ein gutes Beispiel für den englischen Humor ist die Komikervereinigung Monty Python. In deren Art von Humor sieht der Ethnolge eine Mischung aus Komik und Groteske. „Ähnlich ist es beim indischen Humor“, sagt Stollmann. Den Unterschied zwischen Groteske und Witz sieht Rainer Stollmann in vielen Kulturen. „Das hat etwas mit der Aufgeklärtheit eines Menschen zu tun.“

Humor hat was mit Kitzeln zu tun

Den klassischen Ostfriesenwitz hat fast jeder schon einmal gehört. Der Grund, warum wir über solche Witze lachen, bringt den ein oder anderen wahrscheinlich selbst zum schmunzeln. Die meisten Menschen kennen das Gefühl, lachen zu müssen, wenn sie gekitzelt werden. Hierbei staut sich durch das Kitzeln „nervöse Energie“ im Körper an, die irgenwann in einem Lachen ausbricht. Beim Lachen über einen bestimmten Witz ist es ähnlich. Nur werden beim Kitzeln der Haut die darunter liegenden Nervenzellen stimuliert. In der Komik werden wir aber „an unserer nationalen und kulturellen Haut gekitzelt“, erklärt Rainer Stollman. Dieses Phänomen findet sich aber auch in anderen Kulturen.

Die kleinen feinen Unterschiede

Dang Shijie sieht keine großen Unterschiede der Kulturen

Dang Shijie glaubt, dass sich die Deutschen vor allem über sich selbst lustig machen. Foto: Simon Knop

Wirklich große Unterschiede zwischen den Kulturen und ihrem Humor kann Dang Shijie nicht erkennen. Er kommt aus der Volksrepublik China und studiert derzeit Wirtschaftsingenieurwesen an der Uni Duisburg-Essen. „Bei uns sind es eher die regionalen Unterschiede, über die die Leute lachen“, sagt Shijie. In China gäbe es mehr als 150 verschiedene Dialekte, erklärt er weiter. So seien es gerade die Menschen im Süden, die einen für den Rest der Bevölkerung unverständlichen Dialekt sprechen. „Die Menschen im Norden und in der Mitte Chinas sprechen eine Art Einheitschinesisch. Sie glauben, dass sie viel kultivierter sind, als die Menschen im Süden“, erzählt er. Deshalb würden die Leute aus dem Süden oft mit einem Lächeln bedacht.

Shijie sieht aber auch eine verbindende Wirkung im Humor. „Humor kann helfen die Verständigung zwischen den Kulturen zu verbessern“, so der 26-Jährige. Als Beispiel führt er die zahlreichen Jackie-Chan-Filme an. „Er nimmt zum Beispiel den Kung Fu und macht daraus etwas Lustiges. Wenn die Menschen in Europa oder in Amerika das sehen dann lachen sie darüber. Aber dann fragen sich sich vielleicht irgendwann, wieviel an der Sache wirklich dran ist und fangen an sich mehr für die chinesische Kultur zu interessieren“, sagt er. Doch bei den Deutschen sieht er da ein Problem. „Die sind immer sehr vorsichtig, wenn es darum geht, sich über andere Kulturen lustig zu machen. Also machen sie sich lieber über ihre eigene Kultur lustig.“

Von der Groteske zum Humor

Mit dem Humor ist es in unserem Kulturkreis eigentlich noch gar nicht so lange her, wie man vielleicht denken würde. Bis zum Ende des 17. Jahrhundert herrschte in Europa noch die Groteske als Form der Unterhaltung vor. Ein Beispiel dafür sind die Gaukler, die mit ihren Jahrmärkten von Stadt zu Stadt zogen und die Menschen mit den skurrilsten Attraktionen zum Lachen brachten. „Der Humor kam erst Anfang des 19. Jahrhunderts allmählich auf“, sagt Rainer Stollman. Ein ungezwungenes Lachen über Witze war aber in der europäischen Geschichte auch dann nicht immer möglich. So erzählte man sich im Dritten Reich Flüsterwitze, die wie der Name schon sagt, nur mit vorgehaltener Hand erzählt wurden. In der DDR waren es dann die sogenannten „Häschenwitze“. Bei diesen Witzen ging es um die Politik des Staates. Jedoch wurden sie so erzählt, dass man den Bezug zur Politik nicht mehr direkt erkennen konnte.

Klassische Autos können auch lustig sein

Frank Tagoe kann auch über Klassiker lachen

Frank Tagoe kann auch über Klassiker lachen

Andere Kulturen lachen manchmal über Dinge, bei denen man in unserem Kulturkreis gar nicht erst darauf kommen würde, über sie zu lachen. So sind es in Ghana zum Beispiel klassische Autos, die die Leute auf offener Straße zum Lachen bringen können. Frank Tagoe kennt das. Er kommt aus Ghana und studiert derzeit Maschinenbau an der Universität Duisburg-Essen. „Das sind dann wirklich keine alten Klapperkisten, sondern richtig gute Autos. Aber die Leute finden es halt komisch“, sagt Frank. Aber auch sehr dicke und besonders große Menschen gäben den Leuten in Ghana einen Grund zum Lachen. „Einmal habe ich in einem Geschäft in Deutschland erlebt, dass eine dicke Frau hereinkam und der Mann an der Kasse hat angefangen, ihr Klamotten für ein Baby anzubieten. Die Frau war danach echt sauer. Sowas wäre in Ghana überhaupt gar kein Problem.“

Gelacht wird also auch anderswo und manchmal auch über Dinge, die wir so gar nicht lustig finden. Letzendlich kommt es weniger auf die Kultur aus der ein Mensch stammt an, sondern viel mehr auf seine Persönlichkeit.