Papa durch Samenspende

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Montage: Falk Steinborn, Foto: sxc.hu, omar-franc, anissat, officina4

Papa kann man auch auf recht unkonventionellem Wege werden: durch künstliche Befruchtung und damit indirekt durch Samenspende. Wer darf Samen spenden, wer darf welche empfangen und ist das eigentlich legal? pflichtlektüre hat eine Samenbank besucht, um diese und andere Fragen zu klären.

Der Spenderraum im Überblick: Ein Fernseher mit Fantasiehilfen, Tücher zum Unterlegen und Aktfotos. Foto: Christina Trelle

Der Spenderraum im Überblick: Ein Fernseher mit Fantasiehilfen, Tücher zum Unterlegen und Aktfotos. Foto: Christina Trelle

Auf den ersten Blick erinnert alles im Kinderwunschzentrum in Düsseldorf an eine normale Arztpraxis: ein Empfang, der Wartebereich und die Sprechzimmer. Ein Stockwerk höher befindet sich die Kryo- und Samenbank mit Büros, einem Labor und einem Zimmer mit gedämpftem Licht, Aktfotos und einem Fernseher. Hier wird für das Glück kinderloser Paare masturbiert.

Tatsächlich geben viele der spendenden Männer als Grund für ihre Tätigkeit an, dass sie anderen helfen wollen. „Manche wollen auch nicht sterben, ohne Kinder gezeugt zu haben“, sagt  Diplombiologin Kathi Teßmann. Sie ist die Leiterin der Kryo- und Samenbank. Außer nach dem Alter, eventuellen genetischen Krankheiten in der Familie und dem Lebensstil, werden die Spender auch nach ihren Beweggründen gefragt. Wer hier ausschließlich finanzielle Interessen angibt, hat kaum eine Chance, als Spender zugelassen zu werden.

Dass die Zahl der Studenten hoch ist, hat aber wohl doch mit den relativ guten Verdienstmöglichkeiten zu tun: Für einen Schuss gibt es 75 Euro. Spenden darf und sollte man alle drei Wochen. Dann ist die Endreifung der Keimzellen, die Spermiogenese, abgeschlossen und es gibt eine frische Spermienpopulation. Damit die Konzentration der Spermien bei der Spende hoch genug ist, empfiehlt Teßmann zwei bis sieben Tage vor der Spende nicht mehr zu ejakulieren.

Edle Beweggründe erwünscht: Nur für den nächsten Urlaub soll niemand spenden

In diesem Labor wird das Sperma auf seine Qualität geprüft. Foto: Christina Trelle

In diesem Labor wird das Sperma auf seine Qualität geprüft. Foto: Christina Trelle

Nach der Samenspende wird das Ejakulat mit einem Kryoprotektivum (Frostschutzmittel) versehen und in Halme aufgezogen, die anschließend versiegelt werden. So luftdicht abgeschlossen wird die Spende bei -193°C in der Gasphase des flüssigen Stickstoffs eingefroren. „Das hat den Vorteil, dass sich keine Mikroben verteilen können, da es kein flüssiges Milieu ist“, so Teßmann. Nach einer 180-tägigen Quarantäne werden die Spermien erneut getestet, bevor sie freigegeben werden.

Die Durchreiche zum Labor. Hier wird das Sperma hineingestellt. Foto: Christina Trelle

Die Durchreiche zum Labor. Hier wird das Sperma hineingestellt. Foto: Christina Trelle

Aus Elternsicht steht vor dem Besuch beim Kinderwunschzentrum eine Empfehlung vom Frauenarzt und, sollten sie sich wirklich für die künstliche Befruchtung entscheiden, die Vorstellung beim Notar an. Dort muss der künftige soziale Vater alle Rechte und Pflichten in einem notariellen Vertrag anerkennen – sonst bliebe rechtlich gesehen der Spender der Vater. Mit diesem Vertrag wird der Spender also freigestellt.
Im Rahmen welcher Behandlung die Befruchtung dann durchgeführt wird, entscheidet der Arzt. Teßmann: „Die häufigste Methode ist die Insemination. Dabei wird der Fremdsamen mit einem Katheter in den weiblichen Trakt eingeführt“, also im Grunde das, was im Schlafzimmer ohne Katheter stattfinden würde. Für diese „günstigste“ Art der künstlichen Befruchtung muss das Paar mit Kosten von circa 5.000 Euro rechnen.

Hat diese Methode keinen Erfolg, gibt es noch die IVF (In-vitro-Fertilisation) oder ICSI (Intrazytoplasmatische Spermieninjektion). Diese Abkürzungen stehen für die künstliche Befruchtung außerhalb des Körpers, bei der die Eizellen punktiert werden.
Aber wie finden Samen und Empfänger überhaupt zusammen? Das Ejakulat wird keinesfalls zufällig zugeordnet. Die Eltern in spe müssen einen Fragebogen ausfüllen, in dem sie unter anderem ihre Augenfarbe, Körpergröße, Blutgruppe und Haarfarbe angeben. Mit diesen Angaben wird dann ein möglichst ähnlicher Spender gesucht.

Befruchtung unter dem Mikroskop für’s Kinderglück

Kathi Teßmann holt die in Halmen eingefrorenen Ejakulate aus dem Kryobehälter. Foto: Christina Trelle

Kathi Teßmann holt die in Halmen eingefrorenen Ejakulate aus dem Kryobehälter. Foto: Christina Trelle

Dieser Spender bleibt den Eltern gegenüber anonym, das heißt, dass die Eltern nicht wissen und nicht herausfinden können, von wem das Sperma für ihr künftiges Kind kommt. Der Spender an sich ist jedoch nicht anonym, denn er wird von der Samenbank katalogisiert, also werden seine Daten aufgenommen. Doch auch der Samenspender erfährt nicht, wem er sein Erbgut zur Verfügung stellt oder gar wie viele Kinder er schon gezeugt hat. Vor der Spende wird ein Samenspendervertrag unterschrieben, in dem auch die Einverständniserklärung mit diesen Regeln enthalten ist.

Unter bestimmten Bedingungen können Kinder aber dennoch herausfinden, wer ihr genetischer Vater ist. Die Vaterschaft des sozialen Vaters muss angefochten werden, das heißt, dass vor Gericht geklärt werden muss, ob der rechtliche Vater auch der biologische ist. Dass das Kind  das Recht auf Kenntnis seines biologischen Ursprungs hat, heißt aber noch lange nicht, dass es das Recht auf unbeschränkte Einsicht in die Spenderdokumentation hat. Wie das Auskunftsverfahren abgewickelt wird, darüber wird aktuell in Expertenkreisen diskutiert. Schon jetzt wird aber von Psychologen empfohlen, dass das Kind hierfür rechtlich und psychologisch unterstützt werden sollte. Tatsächlich gab es bis jetzt deutschlandweit keinen Fall, in dem das Kind die Vaterschaft des sozialen Vater hat anfechten lassen, um auf diese Weise den biologischen Vater kennenzulernen.

Homosexuelle Paare bekommen keine Samen

Am Kryobehälter angebrachte Messinstallationen überprüfen, dass die Temperatur konstant bei -193°C bleibt. Foto: Christina Trelle

Am Kryobehälter angebrachte Messinstallationen überprüfen, dass die Temperatur konstant bei -193°C bleibt. Foto: Christina Trelle

Eine weitere rechtlich schwierige Zone ist der Kinderwunsch von homosexuellen Paaren. Zwar ist es gesetzlich nicht untersagt, dass zwei Frauen zusammen ein Kind bekommen: Es gibt keine Stelle im Gesetz, an der das explizit geschrieben steht. Doch das Kind wäre vaterlos, es hätte zwei Mütter. Laut deutschem Recht muss es aber einen Vater geben. Der Arzt, der den Samen einführt und die Frau damit schwängert, oder der Spender wären in diesem Fall also der Vater. „Wir vergeben keine Samen an homosexuelle Paare zum Schutz unserer Spender, sie könnten als Väter rechtlich belangt werden,“ so Teßmann. In anderen Europäischen Ländern ist es Frauen mit Kinderwunsch aber erlaubt, sich künstlich befruchten zu lassen.

Von Christina Trelle

Väter – sie sind unabkömmlich und manchmal trotzdem nicht da. Sie sind streng, arbeiten viel, die Kinder schauen zu ihnen auf. Und manchmal ist doch alles ganz anderes. Was sind Väter und warum brauchen wir sie? Kann ein Kind zwei Väter haben? Was fühlen Väter und ist ein Mann mit Kind sexy? Die pflichtlektüre ist diesen Fragen gemeinsam mit eldoradio* wissenschaftlich auf den Grund gegangen. eldoradio* sendet den Ultraschall im Zeichen der Väter, auf pflichtlektuere.com geht in dieser Woche jeden Tag ein Väter-Beitrag online.