Politik mit Tiefgang an der TU

Aristoteles und die Eurokrise haben auf den ersten Blick wenig miteinander zu tun. Den zweiten Blick soll der neue „Master Philosophie und Politik“ an der TU Dortmund ermöglichen. Bisher ist er einzigartig in Deutschland und für fast alle Bachelor-Absolventen offen. Zehn Studenten sind derzeit eingeschrieben – obwohl die Bewerbung sehr kurzfristig abgeschickt werden musste.

MAPP

Teaserfoto: Ildiko Holderer, Foto: Institut für Philosophie und Politikwissenschaft

Da war Spontaneität gefragt: Erst sechs Wochen vor Semesterbeginn stand fest, dass der Masterstudiengang „Politik und Philosophie“ im Wintersemester 2012/13 an der TU Dortmund tatsächlich starten würde. „Wir haben eine Studentin dabei, die in den Kieler Nachrichten von unserem Masterstudiengang gelesen hatte und bei uns anrief, um sich zu erkundigen. Direkt am nächsten Tag, dem Tag des Bewerbungsschlusses, hat sie sich ins Auto nach Dortmund gesetzt, um persönlich ihre Bewerbung abzugeben“, erzählt Dozent Matthias Heise, der den neuen Master mit konzipiert hat.

Konflikte und Konfliktlösungen

„Der Master schließt für mich die Lücke, die ich in meinem vorherigen Studium der Politikwissenschaften oft empfunden habe“, sagt Swaantje, die den neuen Studiengang seit zwei Wochen studiert. „Besonders die ethischen Herausforderungen der Politik finde ich interessant.“ Die 27-Jährige möchte nach ihrem Studium im Bereich Naturschutz und Politik arbeiten.

Auch Matthias Heise spricht von dieser Leerstelle zwischen Politik und Philosophie, die der „MAPP“ schließen möchte. „Spätestens die Eurokrise zeigt ja, wie wichtig die Verzahnung von Politik und Philosophie ist“, argumentiert er. Die beiden Kernthemen des Masters: die Legitimität politischer Systeme sowie Konflikte und Konfliktlösungen. Beide Bereiche werden sowohl von politikwissenschaftlicher als auch von philosophischer Seite angegangen.

Praktische Tipps

Für das spätere Berufsleben geben die Dozenten in Kursen wie „Forschungsmanagement“ praktische Tipps zu Aufbau und Umsetzung von (wissenschaftlichen) Projekten. Egal ob in der Wirtschaft oder der Politik – für Projekte müssen immer Geldgeber gefunden, rechtliche Rahmenbedingungen eingehalten und Mittel sparsam verwendet werden.

„Deshalb kann man die Erkenntnisse aus dem Kurs nicht nur in der Wissenschaft später gut gebrauchen“, sagt Matthias Heise. Außerdem sind viele Gastvorträge geplant: „Der Praxisbezug ist uns sehr wichtig, wir wollen nicht auf abstrakter Ebene bleiben.“

Offen für (fast) alle Bachelor-Absolventen

Studieren kann den neuen Master im Prinzip jeder Bachelor-Absolvent – je nach vorherigem Studium jedoch mit unterschiedlichen „Auflagen“. Was zählt, ist die Motivation.

„Grundkenntnisse in der Philosophie und Politik müssen schon da sein, die können aber nachgeholt werden, ohne dass zusätzliche Semester anfallen“, erklärt Matthias Heise. Heißt für die Studenten: Sie belegen Grundlagenveranstaltungen mit vertiefendem Workload.

Breit gestreutes Berufsfeld

Nach dem Master gibt es dann vielfältige berufliche Möglichkeiten, zum Beispiel in der Diplomatie, bei NGOs (Nichtregierungsorganisationen) oder – weniger offensichtlich – bei Unternehmen wie Investmentfirmen.

„In unserem beruflichen Umfeld – auch wenn wir als Fondsgesellschaft Teil der Finanzbranche sind und auf viel ökonomisches Know-how angewiesen sind – benötigen wir dennoch Studierende und Absolventen, die strukturiert und logisch gesellschaftlich brisante Fragestellungen interdisziplinär aufarbeiten“,  erklärt Sebastian Benesch von Union Investment.

„Und vor allem müssen sie diese Fragestellungen für unsere Anleger, aber auch für interne Workshops und für unsere Strategieplanung, greifbar machen“, fügt er hinzu. Dafür komme der neue Masterstudiengang in Philosophie und Politikwissenschaft an der TU Dortmund zur richtigen Zeit, so Benesch.

Keine „Kinderkrankheiten“

Der Masterstudiengang sei „richtig gut angelaufen“, sagt Matthias Heise. Für die kurze Zeit zwischen der Genehmigung für den Studiengang und der Bewerbungsfrist sei die Zahl von zehn derzeit eingeschriebenen Studenten „fulminant“. Zwei Zulassungen sind außerdem noch erteilt, der Prozess läuft. „Die Akkreditierung für diesen Master muss noch formell abgeschlossen werden. Während der Begehung, die schon stattgefunden hat, attestierten die Gutachter dem Studiengangskonzept Bestnoten“, erzählt Heise.

Neue Studiengänge hätten ja manchmal das Problem der „Kinderkrankheiten“, die erst einmal „auskuriert“ werden müssten. „Das empfinde ich aber gar nicht so“, sagt Carolin Schulte, die vorher Wirtschaftswissenschaften studiert hat. „Im Gegenteil: Wir haben viel Gestaltungsspielraum und sind wesentlich flexibler als man das von anderen Studiengängen kennt“, so die 23-Jährige.

Auch für die Lehrenden sei der neue Studiengang eine Möglichkeit, den eigenen Horizont zu erweitern, erzählt Matthias Heise. Und: „Wir haben diesen Studiengang so gebaut, dass wir ihn gern selbst nochmal studieren würden.“

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