35mm adé, 3D olé

3D-Kinos boomen im Ruhrgebiet. Höchste Zeit, dass sich die pflichtlektüre das einmal genauer anschaut. Redakteur Florian Hückelheim ist im Dortmunder Cinestar in die bunte Filmwelt eintaucht.

Um in den 3D-Genuss zu kommen, trägt pflichtlektüre-Redakteurin Marylen Reschop eine Polfilter-Brille.

Um in den 3D-Genuss zu kommen, trägt pflichtlektüre-Redakteurin Marylen Reschop eine Polfilter-Brille.

Als ich die Reklame „3D-Kino“ vor dem Dortmunder Cinestar lese, sehe ich mich schon mitten im Film und nicht mehr vor der öden Leinwand sitzen. Vor meinem geistigen Auge zeichnen sich nicht die rot-grünen Wackelbilder aus den Yps-Heften, sondern eine lebhafte Bilderflut. Realer als alles, was es bislang im Kino zu bewundern gab. Ob man bei den Yps-Dinosauriern von damals und den ausgestorbenen Eiszeitlebewesen aus Ice Age 3 heute von „real“ sprechen kann – sei es drum. Wenn der Effekt stimmt darf die Renaissance der 3D-Technik auf den Leinwänden gern auch etwas schräger und bunter ausfallen.

Die Praxis wirkt dagegen nüchtern. Wer in die Welt des dreidimensionalen Films abtauchen will, muss sich dafür erstmal einer optischen Stilkorrektur unterziehen. Nur mit einer speziellen Polfilterbrille, eine perfekte Kopie der legendären Blues-Brothers-Sonnenbrille, kommt der Zuschauer in den Genuss von „RealD“, wie das Techniksystem offiziell heißt. In Dortmund gibt es die Technik bislang nur in Kino 4.

Aufwendige Technik

“In der Brille befindet sich auf dem einen Auge ein horizontaler und auf dem anderen ein vertikaler Polarisationsfilter“, erklärt Techniker Lars Krüger vom Cinestar Dortmund. „Ein solcher Filter lässt Licht nur aus einer bestimmten Richtung passieren.“ Solche Polfilter werden auch beim Fotografieren verwand. Sie ermöglichen es beispielsweise, die Reflexionen der Sonne auf einer Wasseroberfläche auszublenden. Der Polfilter blockt das Licht ab und schon kann man den Fischen beim Schwimmen zusehen.

Ohne Brille kommt mir die Trailershow in 3D eher so vor, als würde jemand ständig am Projektor wackeln. Alle Bilder sind extrem unscharf und überschneiden sich teilweise; die Farben wirken blass, dafür aber ziemlich hell. Ich denke mir, dass selbst die Brille die erste optische Enttäuschung nicht ausgleichen kann. Die Erinnerungen an die rot-grünen Yps-Dinosaurier gehen mir einfach nicht aus dem Kopf. Schon damals führte die Pappbrille eher zu mäßigen Erlebnissen.

„Das Prinzip ist dasselbe“, sagt Lars Krüger. Das eine Auge nimmt ein leicht anderes Bild wahr als das andere. Erst unser Gehirn verarbeitet die beiden Bilder zu einem. „Durch einen speziellen 3D-Vorsatz wird das 2D-Bild aus zwei unterschiedlichen Blickwinkeln auf die Leinwand projiziert.“ Der Vorsatz, der eher an einen Schuhkarton erinnert, hat es in sich. Abwechselnd wirft er ein Bild aus der linken und der rechten Linse auf die Leinwand – und das ganze zweiundsiebzigmal pro Sekunde. Genau genommen habe ich also keinen verwaschenen Farben- und Formensalat gesehen – mein Auge war einfach zu langsam. „Damit wir wirklich flimmerfrei projizieren können, schafft unser Digitalprojektor 144 Bilder pro Sekunde. Der Vorsatz halbiert die Bildrate durch die abwechselnde Projektion.“

Nun aber Brille auf und siehe da – die öden Farben strahlen und das Bild wirkt angenehm hell. Und das Wichtigste: Der Film spielt tatsächlich mehr im Kinosaal als auf der Leinwand. Gut, das „mittendrin statt nur dabei“-Gefühl will bei mir trotzdem nicht aufkommen, dennoch überbieten die Dinosaurier aus „Ice Age 3“ ihre Verwandten aus dem antiquierten Yps-Heft um Längen.
„Es ist schon irre, wenn man denkt, dass einem in Final Destination 4 wirklich ein Schraubendreher entgegenfliegt und man nach Regentropfen greifen möchte“, sagt Krüger. Gestorben wird in Hollywood mittlerweile also auch schon in 3D.

Fazit:

Es ist wohl mehr das Gesamtpaket, das einen Besuch im 3D-Kino verlockend macht. Technik-Jünger kommen mit einem digitalen HD-Projektor, einer silberbeschichteten Leinwand und einem kristallklaren Raumklang auf ihre Kosten. Wer eine Abwechslung zum normalen Kino sucht, ist in einem der 3D-Kinos im Ruhrgebiet richtig. Nur darf man sich nicht zuviel von der neuen Technik versprechen. Der Gesamteindruck von einem Film wird besser, das Erlebnis der dritten Dimension hat man aber wohl mehr im Unterbewusstsein. Am Ende bleibt dann doch alles fast beim Alten: ich sitze immer noch nicht im Film. Gefühlt war ich aber ein Stückchen näher dran.

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