Und wieder ist es Spanien

Hinreißende Stimmung, tausende feiernde Fans, Bierdusche, hupende Autos und Jubel bis in die tiefe Nacht. So sollte es sein. Doch das hat Dortmund in der letzten Nacht nicht erleben können, denn Deutschland war nicht im EM-Finale 2012 dabei und die beiden Finalisten konnten die Stadt nicht so richtig in Partystimmung versetzen.

Public Viewing auf dem Friedensplatz

Public Viewing auf dem Friedensplatz. Fotos: Anastasia Mehrens

Noch eine viertel Stunde bis zum Ende des Spiels. Die Atmosphäre auf dem Friedensplatz in Dortmund entspricht kaum der, die bei einem EM-Finale zu erwarten wäre. Italienische Fans in lustigen dreifarbigen Perücken mit den Nationalflaggen sehen schon sehr deprimiert und hoffnungslos aus. Doch auch diejenigen, die für Spanien mitfiebern, wirken nicht viel begeisterter – obwohl der Sieg eigentlich schon sicher scheint. Sogar bei dem weiteren Tor währt der Jubel nur kurz. An dem Abend zeigen die spanischen Fans ihre Leidenschaft für Fußball auf jeden Fall schlechter als ihre Spieler.

Die meisten Zuschauer beim Public Viewing haben keine Schminke, Trikots oder Flaggen. Sie haben auch keinen Favoriten. Denn der einzig wahre Meister – aus deutscher Sicht – ist im Halbfinale rausgeflogen. Auch Martin ist es egal wer heute gewinnt: „Ich bin absolut neutral. Wenn wir schon nicht mehr dabei sind, dann spielt es keine Rolle, wer Meister wird. Das Spiel interessiert mich auch nicht richtig, ich wollte nur frische Luft schnappen.“ Für Dennis ist es schon prinzipieller: „Natürlich wäre Deutschland besser gewesen, aber jetzt bin ich lieber für Spanien. Wichtig ist, dass Italien nicht gewinnt.“

Freude vs. Enttäuschung

Dennis (links) ist froh, dass Italien nicht gewonnen hat.

Dennis (links) ist froh, dass Italien nicht gewonnen hat.

Die letzten Minuten des Spiels vergehen ganz entspannt. Keine Nervosität auf der einen Seite, keine Hoffnung auf der anderen. Die Lage ist schon klar. Der letzte Pfiff erreicht die Italiener, die den Platz so schnell wie möglich verlassen möchten, schon vom Ausgang. Die italienischen Fans können ihren Frust und Enttäuschung nicht verstecken. Die meisten versuchen es auch nicht. Licia kann die Tränen nicht unterdrücken. Sie kann es nicht glauben, dass ihr Team den Titel nicht holen konnte: „Ich war mir so sicher, dass wir Meister werden. Aber es ist nur unsere Schuld. Wir haben so schlecht gespielt. Was für eine Schande!“ Auch Yavuz fällt es schwer über die Niederlage von Italien zu sprechen: „Was kann man hier sagen. Das Spiel war interessant. Aber die Spanier waren schon stärker“.  Fünf Minuten später sind fast gar keine Italiener mehr auf dem Platz. Nur ganz wenige, die mit ihren spanischen Freunden gekommen sind. Die werden aber ordentlich getröstet.

Nach dem Spiel wird es auf der spanischen Seite schon lauter. Jetzt wird gesungen. Jetzt wird getanzt. Ein Feuerwerkskörper fliegt in den Himmel. Ganz stolz werden die Flaggen mit dem spanischen Stier gezeigt.

Auch die Italiener möchten den Pokal in der Hand haben.

Während bei manchen Italienern die Tränen fließen, wollen andere den Pokal wenigstens kurz in der Hand haben.

Der symbolische Pokal geht von Hand zu Hand. Jeder möchte die Trophäe unbedingt einmal anfassen und damit ein Foto machen. Auch die wenigen Italiener nutzen diese Möglichkeit.  Ein Problem sehen die spanischen Fans darin nicht. Dafür ist die Laune viel zu gut. „Wir sind Weltmeister! Wir sind Europameister! Wir sind einfach die Besten!“,  sagt Luis aus Dortmund. Auch Dennis ist ganz froh, dass Italien nicht gewonnen hat: „Die Spanier waren natürlich stärker. Viel stärker. Heute wird bestimmt noch gefeiert und vielleicht werden noch hübsche Spanierinnen klar gemacht!“

Die Spanier müssen alleine feiern

Die Freude können aber nicht nur die Italiener nicht teilen. Auch die deutschen Fans schauen skeptisch und passiv auf die Gruppe der Sieger. Viele von ihnen haben sich das Finale nicht so vorgestellt. Lust mitzufeiern hat fast keiner. Bastian kann der spanischen Mannschaft den Sieg nicht gönnen: „Das dritte Mal den Pokal zu holen, ist einfach unverschämt. Das wird langsam zu Routine-Fußball.  Sie kommen, kicken den Ball ein paar Mal und schon ist Spanien Meister. Die anderen Länder brauchen gar nicht dabei zu sein“.

Die spanischen Fans freuen sich über den Sieg ihrer Mannschaft.

Die spanischen Fans freuen sich über den Sieg ihrer Mannschaft.

Eine halbe Stunde nach dem Spiel sieht der Friedensplatz fast leer aus. Nur eine kleine Gruppe spanischer Fans jubelt vor der Bühne. Die rhythmische Melodie der Gitarre und die schöne Stimme einer Spanierin sorgen für fröhliche Stimmung. Aber nicht mehr lange. Nach Vorschriften des Veranstalters sollen die Fans den Platz bis 23 Uhr verlassen. In der Stadt wird auch nicht richtig weitergefeiert: Dortmund teilt die Freude nicht.

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