Ich liebe mein Wrack

Ein Kombi für alle Lebenslagen

Die Abwrackprämie kann auch produktiv sein. Manuel Weiß ergatterte so den früheren Familienkombi. Fotos (2): Katharina Bons

Die Abwrackprämie kann auch produktiv sein. Manuel Weiß ergatterte so den früheren Familienkombi. Fotos (2): Katharina Bons

Um eines vorab schon mal klar zustellen: „Das ist kein Wrack. Das ist ein schönes Auto.“ Und tatsächlich sieht man dem VW Passat von Manuel Weiß seine 14 Jahre noch nicht so recht an. Ok, die Lenkung gehe ein bisschen sehr leicht, die Stoßdämpfer sind kaputt, aber „sonst ist alles super“. Das könnte auch daran liegen, dass das Auto im Frühjahr generalüberholt wurde. Auch wenn der Lehramtsstudent von der Abwrackprämie nichts hören will, dass er den früheren Familienkombi fahren darf, verdankt er der Umweltprämie. Eigentlich hatte sein Bruder ihm seinen uralten Mazda überlassen. Doch dann wollten sich die Eltern einen Neuwagen anschaffen und ihren Passat für die Prämie opfern. Der 23-Jährige tauschte seinen Mazda wieder ein „und so habe ich einen schönen Kombi geschenkt bekommen“.

Übernachtung inklusive

Die Folgen einer Partynacht: Während Manuel seine Freunde sicher nach Hause brachte, verlor das Plüschtier seine Kleidung. Der "nackte Löwe" darf trotzdem weiter mitfahren.

Die Folgen einer Partynacht: Während Manuel seine Freunde sicher nach Hause brachte, verlor das Plüschtier seine Kleidung. Der "nackte Löwe" darf trotzdem weiter mitfahren.

Denn das blaue Auto bringt ihn nicht nur zuverlässig zur Uni nach Essen, wo er im siebten Semester Chemie und Informatik studiert. Der Kombi erweist sich in vielen Lebenslagen als praktisch. Als aus einem gemütlichen Abend in Essen doch eine Partynacht in der Disko wurde, diente das Auto spontan als Schlafstätte. „Ich hatte doch mehr getrunken als gedacht und dann habe ich einfach die Rücksitze zurück geklappt und mich hingelegt.“ Im Sommer ist ein Zelttrip mit Freunden geplant und vor ein paar Tagen chauffierte er ein befreundetes Brautpaar nach Hause. „Ich hatte alle Geschenke, Trennwände, Blumengestecke, die Braut und den Bräutigam im Wagen. Das hätte in kein anderes Auto hineingepasst.“

Eine große Kombi-Liebe

Seinen geräumigen Wagen einzutauschen, käme für Manuel nicht infrage. „Ich bin super glücklich, einen Kombi zu haben, weil er so praktisch ist.“ Wenn er als Lehrer ordentliches Geld verdient, will er sich einen Audi A3 anschaffen. „Aber einen Kombi hole ich mir später, wenn ich eine Familie hab.“ Als sich der Student auf den Heimweg machen will, fällt ihm urplötzlich noch ein Mangel seines alten Schätzchens ein. Statt bequem die Fahrertür mit dem Schlüssel zu öffnen, muss er sie umständlich durch die Seitentür per Hand auf machen. Aber Kompromisse gehören zu einer glücklichen Beziehung halt dazu.

„Es sind die inneren Werte, die zählen“

Für Christian zählen bei seinem Polo vor allem die inneren Werte. Foto:Katharina Bons

Äußerlichkeiten interessieren Christian bei seinem Polo nicht, Hauptsache er fährt. Fotos (2): Katharina Bons

Das Rot leuchtet schon lange nicht mehr, den Sitzbezügen sieht man die frühen 90er-Jahre an und wenn Christian Büscher im Winter mit seinem Polo Coupe an einer Ampel halten muss, kann es schon mal passieren, dass der Motor einfach ausgeht. Warum der 20-jährige Informatik-Student das Auto nicht einfach verschrottet und sich die Abwrackprämie sichert? Die Antwort ist knapp und betrifft wohl viele Studenten: „Weil ich kein Geld für einen Neuwagen habe.“

Außerdem, das 18 Jahre alte Auto fährt ja noch. Und das sogar spritarm. „Es verbraucht sechs Liter auf 100 Kilometer.“ Seit zwei Jahren fährt Christian das mittlerweile hellrote Coupe und nutzt es vor allem für die Fahrten von seinem Zuhause in Bottrop an die TU Dortmund, wo er im zweiten Semester studiert.

Günstig Einkaufen auf dem Schrottplatz: Für die neue Ecke zahlte Christian nur 50 Euro.

Günstig Einkaufen auf dem Schrottplatz: Für die neue Ecke zahlte Christian nur 50 Euro.

Einkaufstour auf den Schrottplatz

Dass es letztens auf der Autobahn krachte, lag nicht an dem in die Jahre gekommenen Auto, sondern an dem Überholmanöver eines anderen Fahrers. Christian wich aus, doch ein Lastwagenfahrer reagierte nicht schnell genug. Das linke Rücklicht und die Verkleidung drumherum waren hin. Und so musste er doch noch mit seinem Polo auf den Schrottplatz. Allerdings nur zum Einkaufen. Dort fand er eine neue linke Polo-Ecke, sogar ebenfalls in Rot. Anstatt nun eine komplette Seite neu kaufen zu müssen, zahlt er nur 50 Euro plus die Werkstattkosten. Den Sticker von der Universität Münster, der auch einen kleinen Unfallschaden hat, wird er wohl aber nicht ersetzen. Der stammt noch von seiner großen Schwester, die das Auto vor ihm fuhr. Kitschige Rückspiegelanhänger, Kuscheltiere auf der Ablage oder sonstigen Schnickschnack sucht man in Christians Auto vergebens. Das sind nur die grauen Sitze mit den pinken und türkisen Streifen und etwas Kartenmaterial. „Ich liebe mein Auto so wie es ist“, sagt der angehende Informatiker mit einem Lachen, „und es sind ja die inneren Werte, die zählen.“

Geliebter, unkaputtbarer Autoscooter: Weiter auf der nächsten Seite