„Sie heißt Gwen“
Wenn Lena Spiekermann von ihrer Gwen spricht, ist nicht etwa ihre beste Freundin gemeint. So heißt Lenas kleiner Opel Corsa. Lena studiert seit sechs Semestern Germanistik und Anglistik in Bochum. Seitdem hat Gwen sie stets überall hingebracht. Lena denkt auch gerne an die vielen Stunden zurück, die sie auf dem Weg zur Uni mit Gwen im Stau gestanden hat. Der Tausch gegen ein neues Auto komme schon deshalb für sie nicht infrage. Außerdem sei auch noch nie etwas passiert, woran Gwen die Schuld trage. Dennoch erinnert sich Lena wehmütig an ein böses Erwachen. Leichtsinnig ließ sie über Nacht das mobile Navi im Auto. Am nächsten Morgen stand sie dann vor einer eingeschlagenen Seitenscheibe. Einige Wochen musste sich Lena dann während der Fahrt auf ihren Orientierungssinn ohne Navi verlassen. Nur die Scheibe hat sie schnell reparieren lassen.
„Es ist halt ein Geben und Nehmen.“
Um die zahlreichen rostigen Stellen zu überdecken, die Gwen nun nach 12 Jahren angesetzt hat, hatte Lena eine kreative Idee: Einfach Autosticker drüberkleben. Ihr Vater musste sie erst davon überzeugen, dass sie damit den Alterungsprozess ihrer Gwen eher beschleunige. Widerwillig akzeptierte sie seinen Einwand. Über Pickel soll man schließlich auch kein Make-up schmieren. Jetzt dienen die Autosticker als Eyecatcher direkt neben den rostigen Stellen, ein kostengünstiges Ablenkungsmanöver. Wenn jemand außer Lena die Ehre hat, bei Gwen mitzufahren, darf er während der Fahrt nicht schlecht über sie reden. „Es ist halt ein Geben und Nehmen.“ Und nehmen möchte Lena auch eigentlich nur selbst, denn richtig sauer wird sie, wenn ihr Bruder ohne zu fragen am Wochenende eine Spritztour macht. Da verstehe sie keinen Spaß, erst recht nicht, wenn sie sich ausnahmsweise aufraffen kann, zu einem Workout ins Fitnessstudio zu fahren.
Ein Sierra kommt ins Schleudern
Nina-Maria Haupt hat ihr Wrack erst im letzten Winter geschenkt bekommen. Der Ford Sierra ist aber alles andere als neu: Er ist schon 17 Jahre auf der Straße unterwegs. Jede Bezahlung wäre da übertrieben gewesen. Die 24-Jährige kennt nicht einmal den genauen Kilometerstand ihres Autos. Der Zähler hat nur fünf Stellen und zeigt lediglich 53.144 gefahrene Kilometer an. Ob die erste Stelle nun eine eins oder eine zwei ist, lässt sich nur vermuten. Dieser kleine Unterschied von gerade einmal 100.000 Kilometern ist Nina-Maria aber egal. „Wenigstens hat er viel PS!“, erklärt sie. Ansonsten muss sie nämlich einige Abstriche machen. Der Sierra hat weder ABS noch Airbags und nicht einmal einen Heckscheibenwischer.
„Auf der Autobahnauffahrt war plötzlich Blitzeis.“
Nina-Maria studiert Journalistik und Psychologie in Dortmund. Der Sierra bringt sie stets gefahrlos zur Uni und zurück. Ihre Einweihungsfahrt war da sehr viel spannender. Es war der 30. Dezember 2008, Nina-Maria hatte den Sierra gerade beim Straßenverkehrsamt auf sich umgemeldet. Die Frau von der Zulassungsstelle wünschte ihr einen „Guten Rutsch – ins neue Jahr“ und die Studentin nahm sie beim Wort. „Auf der Autobahnauffahrt war plötzlich Blitzeis.“ Und so landeten sie und ihr Ford nach ein paar Umdrehungen um die eigene Achse auf dem Grünstreifen. Letztendlich ging der tatsächliche Rutsch gut aus: Weder Nina-Maria noch dem Auto passierte etwas.
Der Rest des Winters hat allerdings seine Spuren hinterlassen. Ein dicker Eisklumpen war Schuld daran, dass die Stoßstange abgebrochen ist. Nina-Maria hat aber einfach einen Schnürsenkel darum gebunden, der alles zusammenhalten sollte. Mittlerweile hat sie ihn gegen weiße Kabelbinder getauscht, die sind robuster. Der Ford Sierra hat noch den typischen roten Uni-Mischlack, der im Laufe der Jahre gerne durch Sonneneinstrahlung ausbleicht und weiße Flecken bekommt. Bei den modernen Wasserlacken, die heute verwendet werden, kann das nicht mehr passieren. Aber das ist für Nina-Maria kein Grund, ihr Schätzchen gegen eine frisch lackierte Variante einzutauschen.
Der Familienkombi dient auch als Schlafstätte: Weiter auf der nächsten Seite