Ich liebe mein Wrack

Technische Raritäten, Zuverlässigkeit, geringer Spritverbrauch oder einfach das fehlende Geld für einen Neuwagen. Es gibt viele Gründe, warum die Studenten der Ruhr-Unis nicht dem Abwrackwahn verfallen und ganz selbstbewusst zu ihren alten Schätzchen stehen. Auch wenn sie sich neben Referaten und Klausuren auch noch als Mechaniker um die Alterserscheinungen ihres fahrbaren Untersatzes kümmern müssen.

Ein Aufreißer ist in die Jahre gekommen

Tim Müßle mit seinem 19 Jahre alten BMW 325i. Foto: Sarah Müller

Tim Müßle mit seinem 19 Jahre alten BMW 325i. Fotos (2): Sarah Müller

Der 3-er BMW gilt als das Flirt-Auto schlechthin, doch für Tim Müßle ist er einfach ein echter Wertgegenstand. Tim ist 34 Jahre alt und schreibt gerade seine Diplomarbeit an der TU Dortmund. Sein weißer BMW 325i ist jetzt 19 Jahre alt und hat ihn eigentlich noch nie im Stich gelassen. Nur ein einziges Mal – und das ausgerechnet auf der Autobahn. Der Auspuff war schon etwas angerostet und die Geschwindigkeit hat ihm den Rest gegeben. Ein lautes Scheppern und er schliff über die Fahrbahn. Tim war allerdings weder mittel- noch einfallslos. Zufällig hatte er noch einen Kleiderbügel vom letzten Besuch in der Reinigung im Auto. Kurz zurechtgebogen und er erfüllte seinen Zweck als alternative Aufhängung im Unterboden. So schaffte es Tim weiterzufahren. Mittlerweile hat Tim den Auspuff reparieren lassen, doch ein Stück Draht hat er seitdem trotzdem immer im Kofferraum. Man kann ja nie wissen.

„Es widerstrebt mir, Werte zu vernichten.“

Die Motorhauben, die nach vorn öffnen, werden seit Anfang der 90er nicht mehr gebaut. Foto: Sarah Müller

Diese Motorhauben werden seit Anfang der 90er-Jahren nicht mehr gebaut.

Gründe gegen die Abwrackprämie fallen Tim genügend ein. „Es widerstrebt mir, Werte zu vernichten. Das Auto fährt ja noch und es täte mir einfach zu leid.“ Einen Kugelschreiber schmeiße man schließlich auch erst dann weg, wenn er nicht mehr schreibt. Etwas verblasst ist die Tinte des BMW allerdings schon. Seit einiger Zeit tropft es aus dem Motorraum. Der Grund dafür ist eine Reparatur in Eigenregie. Drei Tage haben Tim und sein Bruder an der kaputten Wasserpumpe herum gebastelt. Auch im Fußraum ist es immer etwas nass, wenn es regnet. Doch diese kleinen Makel machen andere Dinge wett. Wie etwa die traditionelle Motorhaube, die noch nach vorn öffnet. Solche Motorhauben wurden ab 1994 mit der Nachfolgeserie des 3-er BMW nicht mehr gebaut, also eine kleine Rarität, auf die Tim sehr stolz ist.

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