Wie der Kohlebergbau Südafrikas Trinkwasser verschmutzt

Saure Abwässer aus Kohlminen

Zugang zu sauberem Trinkwasser ist ein unveräußerliches Recht. Was die Vereinten Nationen (UN) 2010 als weltweit geltendes Menschenrecht festlegten, stellt sich in der Praxis aber häufig etwas schwieriger dar. Vor allem, wenn große Mengen an Geld dabei eine Rolle spielen.

All people have the right to safe drinking water, sanitation, shelter and basic services. – Ban Ki-moon, UN Generalsekretär

Stellt euch vor, ihr müsstet jeden Tag saures Wasser trinken. So sauer wie eine Autobatterie. Es ist nicht glänzend und nicht durchsichtig, eher trüb und hellbraun. Es ist ganz normal für euch, dass da Cadmium oder Arsen drin ist, beides hochgiftige Schwermetalle. Es gibt auch keine staatliche Behörde, die jedes Jahr einen umfassenden Bericht abliefert, wo denn im ganzen Land das sauberste Wasser aus den Leitungen kommt. Und trotzdem habt ihr kaum eine andere Möglichkeit, als jeden Tag das zu trinken, was aus dem Hahn kommt. Weil es einfach nichts anderes gibt.

In Südafrika ist das oft Alltag. Lucky Maisanye kommt aus Witbank, einer Stadt mitten im größten Kohleabbaugebiet Südafrikas. Seit über hundert Jahren wird dort Kohle gefördert und zur Energieerzeugung verbrannt – auf Kosten der Umwelt.

Verseucht von der Quelle bis zum Brunnen

Luckys ganzes Leben ist von den Folgen des Kohleabbaus dort geprägt. Zwar gibt es für die Anwohner in der Gegend viele Jobs, die negativen Folgen des uneingeschränkten Abbaus werden aber immer verheerender. Besonders leidet die Qualität des Trinkwassers darunter.

Verschmutztes Leitungswasser

So sieht das Leitungswasser in Witbank aus.

Durch den Abbau und die Energieerzeugung entstehen sehr saure Abwässer. Die Kohle wird dabei gewaschen, wodurch sehr saure chemische Verbindungen im Wasser entstehen. Die werden dann einfach ungefiltert in die umliegenden Flüsse geleitet. Im Wasser lebende Fische sterben und die Böden rund um die Gewässer sind so verseucht, dass Pflanzen keine Chance auf Leben haben. Auch Lucky hat viele Erfahrungen mit der Verschmutzung gemacht. „Auf dem Weg von den Quellen bis zu unseren Brunnen wird das Trinkwasser von den Kohlefirmen verschmutzt. So ist es wirklich hart, an sauberes Wasser zu kommen, das man dann auch wirklich trinken kann.“

Was für uns hier in Deutschland kaum vorstellbar ist, ist für die Menschen in manchen Regionen Südafrikas alltäglich. Lucky macht hier in Deutschland gemeinsam mit der Organisation Koordination Südliches Afrika (KOSA) e.V. darauf aufmerksam, dass auch Deutschland einen Teil der verheerenden Umweltverschmutzung in seiner Heimat mitverantworten muss. So waren mehrere deutsche Firmen, wie beispielsweise die KfW Bankengruppe, an dem Bau von zwei neuen Kohlekraftwerken in Südafrika beteiligt.

POLLUTED UNDERGROUND WATER

An den Ufern lagert sich der Schmutz an.

Ausschläge, Bauchschmerzen, Nierenversagen

Besonders die Kinder leiden unter der Verschmutzung. An den verseuchten Ufern spielen sie häufig und kommen so mit den Böden und dem dreckigen Wasser in Kontakt. Auch in der Schule gibt es keine Chance auf sauberes Wasser, sagt Lucky. „In der Schule waren wir oft dazu gezwungen, das Wasser direkt aus der Leitung zu trinken, weil wir keine Zeit hatten es vorher abzukochen. Und wir hatten auch kein Geld, uns jeden Tag Wasser zu kaufen.“

Dabei hilft es auch wenig, das Wasser abzukochen. Das tötet zwar im Wasser lebende Krankheitserreger ab, die gefährlichen Schwermetalle bleiben trotzdem darin. Die Folgen für viele Bewohner sind Hautausschläge, Bauchschmerzen und in den schlimmsten Fällen sogar Nierenversagen.

Nicht alle Menschen in Südafrika haben überhaupt Zugang zu Wasser aus der Leitung. Ungefähr die Hälfte von ihnen muss sich auf Brunnen und auf Trucks verlassen, die regelmäßig Wasser bringen. Und laut Lucky gebe es auch für die andere Hälfte nur selten Wasser: „Die Infrastruktur ist oft marode, die Leitungen sind sehr oft korrodiert und manchmal müssen die Leute tagelang ohne Wasser auskommen.“ Deswegen und wegen der Überreste im Wasser, seien die Menschen in seiner Heimatstadt inzwischen auf Wasser aus der Flasche angewiesen, berichtet Lucky.

Nestlé dreht Bewohnern den Hahn zu

Einer der größten Produzenten von Trinkwasser in Südafrika ist Nestlé. Schon seit Jahren wird der Schweizer Konzern kritisiert, weil er Bewohnern in Südafrika den Zugang zu Wasser im eigenen Land zu verwehrt. Dazu hatte der Konzern Wasserrechte vom Staat gekauft und die wenigen sauberen Quellen strikt abriegeln lassen. In einem Bericht der ARD-Sendung Weltspiegel ist zu sehen, wie Arbeiter – die manchmal sogar keine 500 Meter von den so ergiebigen Quellen entfernt lebten – häufig zu Hause auf dem Trockenen saßen, während sie in den Fabriken das saubere Wasser in 12-Stunden-Schichten abfüllen mussten. Das Produkt nannte Nestlé dann Pure Life, und verkaufte es in Flaschen zu einem Vielfachen seines Wertes an die Menschen in den Abbaugebieten.

Eigentlich galt Südafrika nie als eines der Problemländer, das mit den Folgen mangelnden Trinkwassers zu kämpfen hat. Doch der siebtgrößte Kohleproduzent der Welt hat in manchen Gegenden bereits so sehr die Gewässer verseucht, dass eine mögliche Reinigung und Wiederaufbereitung immer teurer wird, je länger der Kohleabbau betrieben wird. Für Lucky und die anderen Bewohner von Witbank ist es noch ein weiter Weg, bis das von der UN geforderte Recht auf freien Zugang zu sauberem Trinkwasser für jeden Menschen Realität ist.

Teaserbild: Jack Pearce/flickr.com/CC BY-SA 2.0
Beitragsbilder: Lucky Maisanye

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