Der, die, das – warum nicht nur Feminist*innen gendern

Gender-Star

Gendern ist überflüssig und sieht nicht gut aus. Das sagen die Gegner*innen. Die machen es sich schlicht zu einfach, sagt unsere Autorin. Wir haben die Chance, die Sprache der Zukunft zu prägen. Ein Kommentar.

Gendern. Wenn dieses Wort fällt, bilden sich schnell zwei Lager. Das eine kann nicht nachvollziehen, dass Sprache so ungerecht sein kann und hasst alle, denen aus Versehen eine männliche Form aus dem Mund rutscht. Und das andere Lager sagt, es würden eh nur komische Feministinnen gendern. Die Debatte wird hitzig geführt, wird schnell emotional und ist stark wertebesetzt.

Das ist überzogen. Denn das Thema an sich ist es wert, vernünftig und mit sachlichen Argumenten diskutiert zu werden. Und dann gibt es nur einen logischen Schluss: Lasst uns gendern! Denn die Argumente der Gender-Gegner*innen sind an den Haaren herbeigezogen und lassen sich ganz einfach widerlegen.

Gender-Gegner*innen sagen: „Frauen sind doch auch gemeint.“

Wenn von Studenten die Rede ist, fühlen sich die meisten Studentinnen auch angesprochen. Das stimmt. Aber das reicht nicht aus. Denn Sprache erzeugt Bilder im Kopf. Wenn in der Zeitung steht, dass die Feuerwehrmänner heldenhaft ein Kind aus einem brennenden Haus retten oder die Putzfrauen den Boden schrubben, bis ihnen die Knie weh tun – woran denkt man dann? Und waren bei dem Feuerwehreinsatz nicht vielleicht auch Frauen dabei und in der Putzkolonne Männer? Die Sprache soll möglichst präzise sein und nicht „aus Versehen“ veraltete Klischees bedienen.

Dieses Argument geht auch an die Besserwisser*innen, die sagen, dass Genus und Sexus in der Sprache nicht das Gleiche sind. Für Linguistik-Professor*innen vielleicht nicht. Aber im Alltag entstehen falsche Bilder im Kopf.

Gender-Gegner*innen sagen: „Und was soll dann dieses komische Sternchen?“

„Der, die, das. Wer, wie was. Wieso, weshalb, warum?“, singen Ernie und Bert in der Sesamstraße. Die Komponist*innen und Texter*innen des Liedes werden zwar nicht diese Intention gehabt haben, aber: Wieso, weshalb, warum eigentlich nur der, die, das? Unsere Gesellschaft ist vielfältig, und das wird mittlerweile auch ausgesprochen und gelebt. Nicht jede*r kann sich einem der beiden „klassischen“ Geschlechter männlich – weiblich zuordnen. Wir wollen die Frauen nicht ausschließen. Dann wollen wir aber auch niemand anderen ausschließen. Wenn wir schon einmal dabei sind?

Gender-Gegner*innen sagen: „Die Sprache ist nun mal so, wie sie ist.“

Menschen, die das sagen, haben schlicht und einfach Angst vor Veränderungen. Unsere Sprache wurde auch geprägt durch eine Zeit, in der Männer das dominante Geschlecht waren und die Hosen anhatten. Doch die Gesellschaft ändert sich. Und das ist auch gut so – das werden nicht nur Feminist*innen sagen. Und somit muss sich auch die Sprache ändern. Wir möchten möglichst gut und einfach auf den Punkt bringen, was Sache ist. Die Sprache hat sich auch in der Vergangenheit schon verändert, und niemand ist daran gestorben. Heute haben wir die Gelegenheit, an der nächsten großen Veränderung der Sprache mitzuarbeiten und sie so zu gestalten, wie wir sie haben möchten. Nutzen wir die Chance!

Gender-Gegner*innen sagen: „Das klingt aber alles blöd.“

Zugegeben, das ist hin und wieder der Fall. Wir stehen ganz am Anfang einer Veränderung und müssen testen, was funktioniert und was nicht. Manchmal klingt alles blöd und umständlich. Deswegen müssen wir entdecken, welche Möglichkeiten es gibt und testen, was gut klingt. Was dagegen gar nicht geht: zuzugeben, dass die Sprache nicht mehr zur Gesellschaft passt, aber nichts daran zu ändern. Wenn der erste Lösungsversuch nicht gut ist, ist es vielleicht der zweite oder dritte. Konservendosen wurden auch knapp 50 Jahre lang mit Messern geöffnet, bis jemand auf die geniale Idee kam, einen Dosenöffner zu erfinden. Schön war das noch nicht, aber es hat funktioniert. Eine gute Lösung zu finden, braucht eben Zeit und einige Experimente – auch fehlgeschlagene.

Also: Nicht nur komische Feminist*innen gendern.

Die Debatte zum Gendern ist es wert, sie anzuhören und darüber nachzudenken. Wenn ein Mensch dann durch die Sprache Teile der Gesellschaft ausschließen möchte – okay. Aber alle anderen sollten ihre billigen Ausreden stecken lassen. Sie machen es sich schlicht zu einfach.

Beitragsbild: Bastian Kaiser

1 Comment

  • Sara sagt:

    Ich stimme dem zu, was über Gendering gesagt wird, aber ich bin genervt von dem entschuldigenden Tonfall, was Feminismus betrifft. In einem Artikel, der Leute ansprechen soll, die sich unbedingt nicht als eine*r dieser „komischen Feminist*innen“ begreifen wollen, muss auch mit dem vorurteilsbehaftenen Bild von Feminismus aufgeräumt werden, weil zu viele sich darunter lediglich ‚männerhassende Kampflesben‘ vorstellen, beziehungsweise davon ausgehen, dass viele konservative Feminist*innen das unter dem Deckmantel von Rassismus oder Transphobie betreiben. Zum Glück heißt Feminismus bei den meisten Personen aber ja Inklusion und Gleichberechtigung und um ein solches, positives Verständnis zu stärken, darf man Feminismus nicht mit Adjektiven wie ‚komisch‘ behaften, ohne das zu erklären. Akzeptanz gegenüber Gendersensibilität muss mit einer Feminismus-Aufklärung gleichzeitig passieren.

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